Freitag, 15. November 2024

Missbrauch: Die Opfer werden erneut missbraucht, um Papst Benedikt XVI. in den Schmutz zu ziehen

(David Berger) Dass Papst Benedikt XVI. die katholische Kirche im Sinne ihrer eigenen Tradition reformieren und als Pol der Freiheit gegen die Vereinnahmung durch säkulare Staatswesen restaurieren wollte, haben ihm die Feinde der Freiheit, die Vertreter der „neuen Normalität“ bis zum heutigen Tag nicht verziehen: Jetzt versuchen sie sein Andenken mit einem angeblichem Missbrauchsskandal zu beschädigen.

„Die kath. Kirche unterliegt aktuell einer massiven Diffamierungskampagne. Sie steht dem Great Reset noch zu einem kleinen Teil im Wege. Daher will man die Institution vernichten. Jetzt schießt man scharf auch gegen Benedikt XI, dessen baldiges Ableben sicher ist, macht sein Lebenswerk wegen einer ungeklärten Sache, die weit zurück liegt, kaputt. Die Übergriffe werden dank der medialen Hetze weiter zunehmen. Einen Patienten von mir, der als Klostermensch erkennbar war, hat man im Hbf. Regensburg bespuckt. Zieht euch warm an, Freunde.“ (F.X. Schmid)

Typisch dafür, was die „Tagesschau“ schreibt: „Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist in einem Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising schwer belastet worden:

Er habe als damaliger Münchner Erzbischof in vier Fällen nichts gegen des Missbrauchs beschuldigte Kleriker unternommen.“

Bei genauerer Betrachtung der Vorgänge wird hier deutlich: Erneut werden die Opfer missbraucht, um einen zugleich heiligmäßigen wie konservativen Kirchenmann wie Papst Benedikt XVI. in den Schmutz zu ziehen.

Ein perfides kirchenpolitisches Agieren, dem die Opfer einerlei zu sein scheinen.

Missbrauch in Kirche ist nicht skandalöser als in anderen Bereichen

Zur Thematik habe ich bereits vor einiger Zeit dem Compact-Magazin ein Interview gegeben, das hier nun – mit Erlaubnis von Jürgen Elsässer – zweitveröffentlicht wird:

Das Magazin schreibt: „Zur Vertiefung des Themas lesen Sie nachfolgend das spannende wie aufschlussreiche Interview mit dem bekannten Blogger und Herausgeber von Philosophia perennis, Dr. David Berger, Theologe und früherer Mitarbeiter des Heiligen Stuhls, aus unserem aktuellen Magazin „Greta nervt“:

Herr Dr. Berger, war sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche schon während Ihrer Zeit im Vatikan ein Thema?

Als Dogmatiker an der Päpstlichen Thomas-Akademie und Mitarbeiter der Glaubenskongregation, der theologische Zeitschriften auf ihre Rechtgläubigkeit geprüft hat, hatte ich mit den Kollegen, die Verfehlungen im geistlichen Amt behandeln, selber nichts zu tun. Es gab aber eine eigene Abteilung dafür, sodass man sich durchaus intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt hat.

Das war vor zehn, fünfzehn Jahren. Der Papst hat aber erst jetzt dazu ein Gipfeltreffen einberufen…

Man hört oft den Vorwurf, dass diese Sache bewusst verschleppt wurde, um etwa sicherzustellen, dass die Priester, die in solche Taten verwickelt waren, schon tot sind. In Rom dauert aber alles etwas länger. Das war übrigens auch so, als ich bei der Thomas-Akademie rausgeworfen wurde. Dafür hat man sieben Monate gebraucht.

Man darf den Vatikan nicht mit einem deutschen Amt vergleichen, wo morgens etwas ausgearbeitet wird und abends die Ergebnisse vorliegen. Ich hatte sogar den Eindruck, dass man bei den Missbrauchsfällen spätestens seit 2011, als die Klagen in den USA anhängig waren, Tempo gemacht hat, um den Bankrott ganzer Diözesen zu verhindern.

Franziskus hat in seiner Erklärung Ende Februar sexuellen Missbrauch in der Kirche als «noch schwerwiegender und skandalöser» als in anderen Teilen der Gesellschaft bezeichnet, weil dieser «im Gegensatz zu ihrer moralischen Autorität und ihrer ethischen Glaubwürdigkeit» stehe.

Für mich stellt sich die Frage, ob es überhaupt angemessen ist, das zu sagen.

Warum?

Ein Schulleiter hat genauso moralische Ansprüche. Ich bin nicht der Meinung, dass Kindesmissbrauch in einem Internat wie der Odenwaldschule oder in einer anderen nichtkirchlichen Institution weniger schlimm ist. Ja, er kann, in familiären Verhältnissen ausgeübt, für das Opfer noch schwerwiegendere Folgen haben. Aber Papst Franziskus neigt dazu, zuerst auf die katholische Kirche und seine eigenen Leute einzuschlagen.

Diese Taten wurden nun mal im kirchlichen Kontext begangen.

Ich bin weit davon entfernt, hier irgendwas verharmlosen zu wollen. Es gibt aber schon die Tendenz, dass das, was katholische Priester gemacht haben, besonders skandalisiert wird. Überlegen Sie doch bitte mal, was in Berlin passiert ist:

Da hatten die Grünen, damals noch Alternative Liste, in den 1980er Jahren in Kreuzberg ihren berüchtigten Falckenstein-Keller, wo über Tausend Jungs missbraucht worden sind. Daraus wird kein jahrelanger Skandal gemacht. Genauso kommt Kindesmissbrauch in Moscheen vor. Doch darüber gibt es kaum Berichte.

Das kann man aber nicht dem Papst anlasten.

Nein, aber durch seine Erklärung verstärkt er ja die Tendenz, Missbrauch in der Kirche als skandalöser als in anderen Institutionen darzustellen. Das ist aber typisch für Franziskus: Er handelt aus einem Schuldkomplex heraus.

Wieso macht er das?

Ich halte ihn zum einen für nicht besonders intelligent, zum anderen ist er inkonsequent. Er sagt an einem Tag dies und am anderen Tag jenes. Im Grunde sagt er immer das, was in den Medien gut ankommt. Merkel hat erklärt, sie habe die Grenzen 2015 geöffnet, um unschöne Bilder zu verhindern. Von einem solchen Zuschnitt ist auch der jetzige Papst.

„Der Abschaffung des Zölibats stehe ich hingegen eher skeptisch gegenüber“

Wenn Kritiker also in der Institution Kirche, ihren Strukturen und ihrer Lehre die Ursachen für den sexuellen Missbrauch suchen, liegen sie falsch?

Teils, teils. Natürlich ist das auch ein strukturelles Problem der Kirche. Es gibt Studien, die besagen, dass die Missbrauchstäter in der katholischen Kirche oft gar nicht wirklich pädophil veranlagt sind, sondern dass es bestimmte interne Ursachen dafür gibt, dass sie dann zu pädophilen Handlungen neigen. Eine dieser Ursachen ist – und da haben die Kritiker durchaus recht –, dass viele Kleriker kein natürliches Verhältnis zur Sexualität entwickeln können. Das betrifft besonders die Generationen, die jetzt in die Missbrauchsfälle verwickelt sind. In den Priesterseminaren hat man dieses Thema immer peinlich vermieden, oder es kam lediglich in Form dummer Gags vor, sodass diese Leute, was das Thema Sexualität betrifft, emotional auf dem Stand eines Grundschülers waren. Dass sie dann ihre Sexualität mit «Gleichaltrigen», also wirklichen Minderjährigen, ausleben, ist leider ebenso nachvollziehbar wie die Tatsache, dass sie kein echtes Schuldbewusstsein für diesen extremen Bruch mit der Moral entwickeln konnten, bei dem man in Kauf nimmt, dass Kinder ihr Leben lang geschädigt sein werden.

Eine weitere strukturelle Ursache liegt in der extremen Machtbetontheit, die aber in vielen Institutionen vorherrscht, nicht nur in der Kirche. Sexueller Missbrauch hat für mich weniger mit Sexualität zu tun, sondern ist gewaltsamer Ausdruck von Machtausübung. Sigmund Freud hat einmal gesagt, dass Sexualität, Gewalt und Religion die drei Grundtriebe des Menschen sind, die erst durch die Zivilisation domestiziert werden. In der katholischen Kirche kommen alle drei Faktoren zusammen. Wer verheiratet ist und drei Kinder hat, der denkt in der Regel nicht den ganzen Tag über Sexualität nach, sondern sie gehört einfach zum normalen Leben dazu. Wenn aber jemand, der sehr viel Umgang mit Menschen hat, ständig darauf achtgeben muss, dass er sich möglichen Sexualpartnern nicht zu sehr nähern darf, dann spielt das – zudem auch noch dämonisierte – Thema Sexualität eine viel größere Rolle als bei anderen Leuten.

Demnach müsste ja der Zölibat als erstes auf den Prüfstand…

In erster Linie muss man genau schauen, wen man zum Priester weiht. Und denen muss deutlich gemacht werden, was dies für ihr Leben bedeutet. Dazu gehört auch, dass man die Themen Sexualität und Sexualverbot ganz offen anspricht. Der Abschaffung des Zölibats stehe ich hingegen eher skeptisch gegenüber. Wer Priester werden möchte, soll sich das gut überlegen und muss sich darüber im Klaren sein, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Die katholische Kirche wird nicht dadurch wieder attraktiver, dass man sie zu einer protestantischen Untergruppe macht.

Aber besteht hier nicht die Gefahr, dass die Probleme fortexistieren?

Laut Freud gibt es die Möglichkeit, seine Triebe zu sublimieren. Genau das steht ja auch hinter der Idee des Zölibats: Der Sexualtrieb soll durch Frömmigkeit sublimiert werden. Wenn Sie einmal das Thema Homosexualität nehmen, so finden Sie im Katechismus die Aussage, dass die Veranlagung von Schwulen und Lesben völlig in Ordnung ist und dass man ihnen mit Takt und Respekt begegnen soll. Aber: Sie dürfen ihre Sexualität nicht ausleben. Sie unterliegen also im Grunde auch einer Art «Zölibat», ohne Priester zu sein. Im einen wie im anderen Fall wird erwartet, dass man dies durch besondere Loyalität zum Glauben ausgleicht.

Glauben Sie, dass die Missbrauchsfälle von bestimmter Seite instrumentalisiert werden, um die Kirche insgesamt zu schädigen?

Natürlich gibt es solche Bestrebungen. Ich habe das selbst erlebt, als ich 2010 mein Buch Der heilige Schein veröffentlicht und darin die Kirche wegen ihrer Haltung zur Homosexualität kritisiert habe. Dieses Buch war noch keine fünf Stunden auf dem Markt, da bin ich zur ersten Talkshow eingeladen worden. Und das ging dann mehrere Wochen so weiter. Wenn ich etwas Kritisches über den Homo-Hass im Islam geschrieben hätte, wäre das ganz anders gewesen.

Das Schlimme aber ist, dass eine solche Instrumentalisierung auch in der Kirche selbst stattfindet – und zwar von beiden Seiten: Die Konservativen instrumentalisieren den Missbrauch, indem sie diesen mit Homosexualität komplett gleichsetzen, um dann zu erreichen, dass die Kirche in ihrer Haltung zu dieser Frage noch extremer wird. Die weitaus größere Gruppe der Liberalen, die Franziskus auf ihrer Seite haben, wollen die Sache auf andere Weise instrumentalisieren, indem sie – vereinfacht – sagen: Wir müssen im Bereich der einvernehmlichen Sexualität alles freigeben. Beide Seiten versuchen also, einfach nur ihre Agenda durchzusetzen. Ich habe leider den Eindruck, dass man an den Opfern des Missbrauchs und an der Verhinderung neuer Opfer kaum interessiert ist.

Sie haben vorhin gesagt, die katholische Kirche dürfe nicht zu einer Untergruppe des Protestantismus werden. Wie kann sie wieder attraktiver werden für die Gläubigen?

Indem sie wieder ihr Label belegt, das sie schon seit 2.000 Jahren hat. Je mehr die Kirche das nach außen präsentiert, was sie gar nicht ist, desto mehr macht sie sich überflüssig. Genau das passiert, wenn man sich der Moderne und dem Zeitgeist anpasst.

Wenn eine Religionsgemeinschaft relevant sein will, muss sie eine Gegenwelt zum Profanen bieten, muss die Welt des Sakralen repräsentieren. Und das bedeutet auch, Gegenentwürfe anzubieten und Stachel im Fleisch zu sein.

Das Interview erschien zuerst hier.

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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