Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld
Was für eine Bescherung! Unser „Sturmgeschütz der Demokratie“, so die arrogante Selbsteinschätzung des SPIEGEL in besseren Zeiten, musste eingestehen, dass die Reportagen seiner vielfach preisgekrönten Edelfeder Claas Relotius nicht viel mit der Realität zu tun haben. Sie sind, um es neudeutsch auszudrücken, Fakes.
Freilich war die vielgelobte Offenbarung nicht ganz freiwillig. Wochenlang galt der Kollege Juan Moreno, der versucht hatte, hausintern auf die Fälschungen aufmerksam zu machen, als ein lästiger Störenfried. Erst als klar war, dass es im Ausland eine Enthüllung der Fake-Stories geben würde, entschloss sich das Magazin zur Vorwärtsverteidigung.
Neue Lüge: Relotius war nur ein Einzelfall
Nun wird von den Qualitätsjournalisten eifrig in die Tasten gehauen, um den nächsten Fake, bei Relotius handele es sich um Betrug und einen Einzelfall, in die Köpfe der Medienkonsumenten zu hämmern. Dabei ist das Gegenteil der Fall. In Merkel-Deutschland ist die Lüge ein Machtinstrument.
Relotius hat nur mit viel Phantasie und Schreibtalent die Norm erfüllt, die von unserer Kanzlerin selbst immer wieder vorgegeben wird.
Chemnitz und das Video der Antifa Zeckenbiss
Erinnern wir nur an zwei gravierende Beispiele: Im August dieses Jahres wurde Chemnitz aufgrund eines Wackelvideos der “Antifa Zeckenbiss” von der Kanzlerin und ihrem Regierungssprecher Steffen Seibert weltweit an den Medienpranger gestellt mit der Behauptung, es hätte in der Stadt „Hetzjagden“ auf Ausländer gegeben. An dieser Legende wird eisern festgehalten, obwohl inzwischen alle Tatsachen, die beweisen, dass diese Verleumdung nichts mit der Realität zu tun hat, bekannt geworden sind.
Ein Beispiel: Am 29.08.2018 berichtete der TAGESSPIEGEL online: „Chemnitz wurde zwei Abende in Folge von Gewalt erschüttert. Tausende rechte Demonstranten machten am Montagabend Jagd auf Migranten, Journalisten und Gegendemonstranten”.
Gegen diese Falschbehauptung hat sich ein Dresdner Bürger erfolgreich zur Wehr gesetzt.
Der Beschwerdeausschuss des Presserates kam mit Entscheidung vom 6.12.2018 zu dem Ergebnis, dass TAGESSPIEGEL online mit der streitgegenständlichen Veröffentlichung gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex verstoßen hat.
Allerdings soll der TAGESPIEGEL sich weigern einzugestehen, dass er einen Fehler gemacht hat. Schließlich hält auch die Kanzlerin an ihrer Aussage fest. Mir ist kein demokratisches Staatsoberhaupt bekannt, das, wie Merkel, sein eigenes Volk vor der Welt verächtlich gemacht hat. Im Vergleich damit ist Relotius ein kleines Licht. Alle Mainstream-Medien sind auf die Chemnitz-Story aufgesprungen. Wenn sie eingestehen würden, ohne Prüfung einem Fake aufgesessen zu sein, müßten sie den größten Medienskandal dieses Jahrhunderts eingestehen. Dazu sind sie weder bereit, noch fähig. Also wird weiter so getan, als wäre in Chemnitz tatsächlich geschehen, was fälschlich behauptet wurde.
Berichterstattung über den UN-Migrationspakt
Das zweite Beispiel ist die Berichterstattung über den UNO-Migrationspakt. Nachdem die offenbar bevorzugte Taktik, Stillschweigen darüber zu bewahren, ihn hinter dem Rücken der Öffentlichkeit anzunehmen, gescheitert ist, wurde die Legende in die Welt gesetzt, der Pakt sei rechtlich nicht bindend und gut für Deutschland, weil er alle anderen Länder dazu verpflichte, deutsche Standards in der Versorgung von Migranten einzuhalten.
Man machte sich weder die Mühe zu erklären, warum alle anderen Länder zu etwas verpflichtet sein sollten, wenn der Pakt rechtlich nicht bindend ist, noch wie die ärmeren Länder der EU Migranten nach deutschem Standard versorgen können sollen, wenn Hartz IV über dem Durchschnittslohn liegt, der in diesen Ländern erarbeitet werden kann.
Statt dessen wurde mit einem massiven Propagandafeldzug die Botschaft verbreitet, dass alle berechtigte Kritik am Pakt Hass, Hetze und Falschinformation sei. Trotzdem wurde der Widerstand so stark, dass der Bundestag, was ursprünglich nicht geplant war, sich mit dem Pakt beschäftigen musste. Er war sogar gezwungen, einen Entschließungsantrag zu verabschieden, in dem die rechtliche Unverbindlichkeit des UN-Paktes festgeschrieben wurde. Der Entschließungsantrag soll ins Englische übersetzt worden und UNO-Generalsekretär António Manuel de Oliveira Guterres zugeschickt worden sein. Angeblich soll dieses Verfahren wirkungsvoller sein, als eine Protokollnotiz gleichen Inhalts, die dem Pakt beigefügt worden wäre.
Merkel: Der Pakt ist für alle Mitglieder verbindlich
Allerdings stellte sich am Tag der feierlichen Verabschiedung bereits heraus, dass der Pakt von der EU als rechtlich verbindlich angesehen wird. Kanzlerin Merkel, im Bundestag darauf angesprochen konterte, wenn der Pakt von der UN-Generalversammlung angenommen werde, sei er für alle UN-Mitglieder verbindlich, auch für diejenigen, die den Pakt ablehnen würden.
Die Behauptung, der Pakt sei rechtlich nicht verbindlich war eine regierungsamtliche Falschmeldung. Da man kaum annehmen kann, dass die Kanzlerin erst in Marrakesch von der rechtlichen Verbindlichkeit informiert wurde, war es allem Anschein nach eine bewusste Falschmeldung.
Botswatch liefert die „Fakten“
Am Tag nach der Verabschiedung des Migrationspaktes wurde von den Merkel-Medien eine Meldung breit lanciert, die Ablehnung des Migrationspaktes in den sozialen Medien ginge hauptsächlich auf Bots zurück. Darunter versteht man automatisierte Programme, die sich in den sozialen Netzwerken als Menschen ausgeben und deren Verhalten imitieren. Wenn sie massiv auftreten, können sie das Meinungsklima beeinflussen.
Ein kleines Berliner Unternehmen hat den angeblichen großen Schwindel aufgedeckt. Allerdings wurde von Experten sofort die Seriosität der präsentierten Studie angezweifelt. Das Unternehmen weigerte sich, die Studie insgesamt einsehbar zu machen. Trotzdem wurde die „Analyse“ von zahlreichen Medien aufgegriffen und als Tatsache präsentiert. Das entfaltete beträchtliche politische Wirkung.
Merkel-Fans als Fachgutachter
Das Unternehmen, Botswatch, hat engste Verbindungen zur CDU. Im Mai dieses Jahres war seine Geschäftsführerin zu einem nichtöffentlichen Gespräch über künstliche Intelligenz im Bundeskanzleramt eingeladen. „Sie ist CDU-Mitglied und im C-Netz, einem Netzpolitikverein, der CDU und CSU nahesteht. Zwei der fünf Mitglieder des ‘Advisory-Boards’ von Botswatch sind ebenfalls CDU-Mitglieder.
Zu den Beratern von Botswatch gehört der bestens vernetzte PR-Fachmann Axel Wallrabenstein, der sich selbst als ‘Merkel-Fan’ bezeichnet. Ausserdem wird Botswatch von dem christlichdemokratischen Bundestagsabgeordneten Kai Whittaker beraten, der Merkel-Kritiker mit ‘Säuen’ verglich, die sich im Dreck suhlen“, schrieb die NZZ am 13.12.2018.
Wieder erfolgte die Aufdeckung dieser Zusammenhänge im Ausland.
Suizid-Autounfall in Recklinghausen
Zum Schluss noch Beispiele von inzwischen üblich gewordenen täglichen Desinformationen:
Am 20.12. ist ein Kleinwagen in Recklinghausen (NRW) in eine Menschenmenge an einer Bushaltestelle gerast. Eine Frau (88) starb, neun Menschen (17-67) wurden zum Teil schwer verletzt, sechs kamen ins Krankenhaus. Vom Täter erfährt man, dass er möglicherweise Selbstmordabsichten gehabt habe.
Da der Mann nicht näher bezeichnet wird, weiß man, dass es sich um einen Mann mit Migrationshintergrund handelt, mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Moslem. Wenn es ein Biodeutscher gewesen wäre, hätte man das groß herausgestellt, wie das beim Messerstecher von Nürnberg der Fall gewesen ist. Dieser Täter schaffte es sogar auf die Titelseite der BZ.
Die Erleichterung war so groß, dass Lorenz Maroldt, Chefredakteur des TAGESSPIEGEL, twitterte: „Hier ist zu sehen, warum die AfD das Twittern über Nürnberg eingestellt hat.“ Besser kann man seine geistige Verwahrlosung nicht demonstrieren.
Im Fall Recklinghausen hat die groß herausgestellte bloße Vermutung, der Fahrer könnte Selbstmordabsichten gehabt haben, die Wirkung, dass von Gedanken an ein islamistisches Attentat von vornherein abgelenkt wird. Die Frage, warum der Täter absichtlich in andere Menschen rast, wenn er lediglich Selbstmord begehen wollte, können selbstverständlich nur „Hetzer“ stellen.
Kopftuch-Frau wird stellvertretende Leiterin der Bundeszentrale für politische Bildung
Schließlich noch ein Beispiel für hartnäckiges Leugnen von Politikern. Nach Berichten der BILD-Zeitung soll die umstrittene CDU-Politikerin Cemile Giousouf stellvertretende Leiterin der Bundeszentrale für politische Bildung werden. Giousouf war von 2013 bis 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. Als Abgeordnete fiel sie vor allem durch mehrere Begegnungen mit umstrittenen türkischen Moschee-Gemeinden auf.
So empfing sie im September 2014 eine Delegation der als antisemitisch geltenden und damals noch vom Verfassungsschutz beobachteten Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) in der Hagener CDU-Kreisgeschäftsstelle. Auch zeigte sich Giousouf mit Kopftuch in der Hagener Moschee des der türkischen Religionsbehörde Diyanet unterstehenden Dachverbands DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.).
Vorwürfe wegen ihrer Nähe zu islamistischen Vereinigungen wies die Politikerin stets als „Verschwörungstheorie“zurück. CDU-Landeschef und Ministerpräsident Laschet unterstützt die Nominierung ebenso, wie Innenminister Seehofer.
Wer vermutet, das Beispiel Giousouf zeige, dass die CDU bereits islamistisch unterwandert sei, ist selbstverständlich ein rechter Hetzer oder Verschwörungstheoretiker. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Merkel-Medien Recherchen dazu anstellen würden.
Lobo, Restle & Co: Der nächste Fall Relotius ist vorprogrammiert
Zurück zum SPIEGEL. Eine andere seiner Edelfedern, der durch seinen Hahnenkamm berühmte Blogger, Buchautor, Journalist und Werbetexter Sascha Lobo, plädiert offen dafür „falsche Zweifel“ nicht zuzulassen. Wer die richtige Gesinnung hat, heißt das, kann auf Zweifel verzichten.
Georg Restle, Leiter und Moderator des Politmagazins “Monitor” plädiert offen für einen „werteorientierten“Journalismus. Wörtlich twitterte er:
„Journalismus im Realitätswahn – Warum wir endlich damit aufhören sollten, nur abbilden zu wollen, ‘was ist’.”
So ist der nächste „Betrugs“fall vorprogrammiert. Der Fehler von Claas Relotius war es nicht, politisch-korrekte Märchen zu erfinden, sondern sich erwischen zu lassen.
Der Beitrag erschien zuerst hier: VERA LENGSFELD
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