Heimlich, still und leise ist in Sachsen etwas passiert, das eigentlich auf allen Nachrichtentickern hätte aufleuchten müssen – doch statt Eilmeldungen, Brennpunkten und Kommentarfluten herrscht Schweigen im Blätterwald; kein Aufschrei, keine Schlagzeile, keine eilig herbeitelefonierte Empörung. Vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat anscheinend beschlossen, dass dieser Vorgang schlicht nicht existiert. Gastbeitrag
Worum es geht?
Um nichts weniger als den Moment, in dem CDU, SPD, BSW, Freie Wähler und AfD im sächsischen Landtag gemeinsam gegen den Antrag von Linken und Grünen stimmten, die AfD zu verbieten. Das ist, politisch betrachtet, eine kleine Revolution. Die berühmte Brandmauer, über die Friedrich Merz so gerne redet, hat plötzlich ein Loch. Das ist kein Haarriss, kein Spalt – sondern ein ordentlicher Durchbruch.
Wäre es umgekehrt gewesen, hätten also AfD und Linke zufällig einmal gleich abgestimmt, stünde das auf jeder Titelseite; „Rechts-links-Pakt der Schande“ würde man dann lesen, oder „Sachsen kippt in den Extremismus“. Talkshows, Experten, Alarmstufe Demokratie. Aber hier: Nichts. Keine ARD-Sondersendung, keine ZDF-Analyse, kein Kommentar von Hayali oder Slomka, obwohl hier das von eben diesen Medien beschworene eherne Konstrukt der Merz’schen “Brandmauer” auf dem Spiel steht. Stattdessen das große Schweigen – im Namen der “Haltung”. Man will wohl alles vermeiden, um eine Wiederholung dieses Ereignisses zu verhindern.
Ab in den Giftschrank
Fast könnte man meinen, die Wirklichkeit habe keinen Presseausweis mehr. Denn was nicht sein darf, darf auch nicht berichtet werden. Die Einheitsmeinung muss Vorrang vor der Meinungsvielfalt haben – und das Nachrichtenprinzip lautet: Wir melden nur, was in die Dramaturgie passt. Ein parteiübergreifendes Nein in einem Bundesland zu einem Verbot der größten Oppositionspartei? Das passt nicht in den Plan – also ab damit den Giftschrank. Dabei ist der Vorgang eine Lehrstunde in Demokratie.
Denn selbst SPD- und CDU-Abgeordnete haben erkannt, dass man politische Gegner inhaltlich schlagen und nicht juristisch beseitigen. Sicher, in Sachsen wäre die Forderung nach einem Verbot der mit Abstand stärksten politischen Partei im Land ein direkter Weg in Volksaufstände und Bürgerkriege – und vielleicht haben die etablierten Parteien deshalb dem Vorstoß der linksradikalen Flügenparteien nicht zugestimmt, obwohl sie es innerlich nur allzu gerne getan hätte.
Doch hier geht es auch um die Symbolik – und die hat es in sich. Immer mehr Menschen wird sogar in “unserer Demokratie” klar: Wer Parteien verbieten will, weil sie Wähler überzeugen, stellt die Demokratie auf den Kopf. In der DDR hieß das damals „antifaschistischer Schutzwall“, heute nennt man es Brandmauer, doch die autoritäre Logik und Mechanik dahinter sind dieselben.
Weiter sinkendes Vertrauen
Und dass ausgerechnet die Nachfolgepartei der SED ein Parteiverbot fordert, ist wohl die Ironie des Jahres. Wer selbst aus einem System kommt, das Andersdenkende einsperrte, und Rechtsnachfolger der damals herrschenden Einheitspartei ist,, sollte mit Verboten besser vorsichtig sein. Aber offenbar gilt: Ein bisschen (viel) Sozialismus steckt noch immer im politischen Betrieb. Bloß der Gegner, das Feindbild hat gewechselt.
Während also in Dresden gerade Geschichte geschrieben wurde, blättert sich der Zuschauer ahnungslos durch Kochshows und Ratespiele oder zappt sich von “Heute Journal” zum nächsten Tatort. Der Zwangsgebührenrotfunk schweigt – und Publikum und Wähler danken es mit weiter sinkendem Vertrauen. Vielleicht sollte man beim nächsten Mal, wenn wieder mal die Kartellparteien mit der AfD-Stimmen, ein Selfie vom Abstimmungsergebnis machen und es unter „Breaking News“ hochladen. Dann erfährt man es wenigstens über TikTok.
Der Beitrag erschien zuerst bei ANSAGE.ORG.
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