Ein Gastbeitrag von Josef Hueber
Seit dem Auftreten der AfD verbreitet sich eine Krankheit unter Politikern der Altparteien, ob aus Ost oder West, aber auch unter allen anderen, politisch korrekten, öffentlichen Repräsentanten, die mit dem Einzug der blauen Partei in alle Parlamente an Dramatik zugenommen hat und unheilbar zu sein scheint. Die Betroffenen spüren keine schmerzhaften Symptome. Im Gegenteil, ihr Auftreten nach pawlowschen, zwanghaften Regeln verursacht sogar euphorische Gefühle, weswegen die Träger des Leidens auch möglichst viele Gelegenheiten suchen, um sie auslösen zu können.
Die Krankheit wurde benannt nach einem französischen Arzt und Psychiater und wird (verkürzt nach Wikipedia) folgendermaßen beschrieben. Es handelt sich um eine „ Erkrankung des Nervensystems, deren besondere Merkmale in unwillkürlichen sprachlichen Äußerungen bestehen.“
Der Leser hat vielleicht erraten, wie der Psychiater hieß. Es handelt sich um Georges Gilles-de-la-Tourette. Ihm zu Ehren spricht man deswegen von dem Tourette-Syndrom.
Der besagte Reflex tritt immer dann auf, vor allem in den Medien, wenn der Sprachbaustein „Antisemitismus“ oder seine Spielgefährten “Rassismus” und „Fremdenfeindlichkeit” (oder was noch alles in der intellektuellen Spielzeugkiste bereit liegt) zum Einsatz kommt. Alle diese Bausteine lassen sich mit dem Universalbaustein AfD in beliebiger Kombination zusammensetzen.
Was dabei herauskommt, ist immer ein großes, hässlich anzusehendes Gedankengebäude, auf das man, sich davon distanzierend, mit dem Finger zeigen kann. Und vor allem kann man sich drauf verlassen: Alle anwesenden Spielkameraden machen mit. Zum Beispiel im Bundestag. Dasselbe Spiel spielt man aber auch gerne in den öffentlich-rechtlichen Medien.
Einer, der in der Spielgruppe immer dabei sein möchte, ist der Vorsitzende der Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Im „Rundschau Magazin“ des Bayerischen Rundfunks vom 8.11., einem Tag vor dem Gedenken an die sog. Kristallnacht, zeigt er in einem zugeschalteten Interview, dass er nicht der Spielverderber sein möchte.
Einer vom Moderator erwähnten „Studie“ der Uni Leipzig gemäß gibt es, so der wissend dreinblickende Fernsehmann, in Deutschland keine zunehmende Zahl von Antisemiten, lediglich eine zunehmende Bereitschaft, sich antisemitisch zu betätigen. Nur dies, so muss man als andächtiger Zuschauer schließen, erkläre dann also eine Zunahme an antisemitischen Straftaten. Sehe Herr Schuster das auch so? Aber ja doch, dies entspreche auch seiner Wahrnehmung!
Nachtigall, ick hör dir trapsen. Ganz klar. Es braucht nicht ausgesprochen zu werden. Immigration hat nichts mit zunehmendem Antisemitismus und Antisemiten zu tun. Denn die jetzt zunehmend aktiv tätigen Antisemiten waren ja schon vorher da. Antisemitismus hat also nichts mit Immigration zu tun.
Gab es da nicht schon mal eine Diskussion, bei der man immer wieder belehrt wurde: „Gewalt hat nichts mit- helfen Sie mir! – dem… – jetzt ab ich es vergessen – mit dem … zu tun?
Beim Gedenken an die Kristallnacht muss man freilich auch an die Zukunft denken. Also her mit dem Universal-Baustein AfD. Denn die AfD, so Schuster, habe eine „Verschiebung von roten Linien“ verursacht. So erkläre er die Zunahme an Straftaten gegen Juden. Und schon steht das Gebäude: Wehret den Anfängen. Wehret der AfD!
Vielleicht sind es ja wirklich nur Fake News, dass Juden eine eigene Gruppe in der AfD gegründet haben – JAfD?
Haben diese Juden noch nicht erkannt, dass dort ihre wahren Feinde lauern? Es wird schließlich immer häufiger davon berichtet, dass Mitglieder der AfD Juden auf offener Straße angreifen und lynchen. Und dass diese Fälle keine Einzelfälle darstellen, die man nicht verallgemeinern darf.
Aber vielleicht sind das wieder Fake News. Da soll sich einer noch auskennen!
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Schon vor einigen Jahren hat David Berger vor der Verharmlosung des Holocaust durch den Missbrauch des Nazivergleichs gewarnt. Leider vergeblich, das Wort Nazi (und damit auch all die Untaten der nationalen Sozialisten) verliert immer mehr an seiner negativen Konnotation.