Ein Gastbeitrag von Jürgen Fritz
Das Meinungsforschungsinstitut Emnid gilt nicht gerade als AfD-freundlich. Drei Tage vor der Bundestagswahl 2017 sah man die Alternative für Deutschland dort bei 11 Prozent. Tatsächlich landete sie aber bei über 12,6. Ähnlich war es schon bei der Wahl 2013. Auch hier war die AfD tatsächlich stärker als von diesem Institut kurz zuvor berechnet. Vor einer Woche sah Emnid die AfD noch bei 14 Prozent, was angesichts der Werte anderer Institute wenig glaubhaft erschien. Doch das hat sich mit dem heutigen Tage geändert.
Dass der zermürbende Streit innerhalb der Union beiden Partnern schaden würde, davon war auszugehen. Vor ein, zwei Wochen gab es zumindest noch einige Umfrage-Institute, die CDU/CSU bei 32 Prozent sahen, so auch Emnid. Doch in der heute Nacht veröffentlichten Umfrage fällt die Union um zwei Punkte auf jetzt 30. Zu dem gleichen Ergebnis kommen gestern Forsa und vor drei Tagen Infratest dimap. INSA sieht die CDU/CSU sogar nur noch bei 29 Prozent.
Nun würde man eigentlich erwarten, dass vielleicht die SPD ein klein wenig profitieren könnte von dem Hick-Hack in der Union. Dem ist aber nicht so. Ganz im Gegenteil, verliert auch die SPD – und zwar ebenfalls ganze zwei Punkte, fällt von 19 auf 17 Prozent (bei Forsa ebenfalls 17, bei Infratest dimap 18, bei INSA 19 Prozent). Offensichtlich entfernt man sich von den 20 Prozent sogar noch weiter anstatt sich dem Ergebnis bei der letzten Bundestagswahl von 20,5 Prozent wieder anzunähern.
Wozu noch SPD wählen?
Will man verstehen, warum nicht nur CDU/CSU, sondern auch die SPD mit fällt, könnte folgende Überlegung einen Schlüssel zum Verständnis liefern. Sehr viele Bürger finden zwar den Stil, wie Seehofer Merkel kritisierte nicht gut, sehen aber immer mehr ein, dass unsere Grenzen zumindest ein wenig mehr geschützt werden müssen. In der Sache stehen viele also eher hinter der Seehoferposition, welche aber zuerst von Merkel und ihren Getreuen in der CDU ausgebremst wurde, dann aber noch mehr von der SPD, die im Grunde die deutschen Außengrenzen völlig abschaffen, jeden reinlassen und auch so gut wie niemanden abschieben möchte.
Diesen selbstzerstörerischen Kurs goutieren offensichtlich immer weniger Wähler und diejenigen, die das so genau richtig finden und von dieser Deutschenfeindlichkeit und diesen Ressentiments gegen die eigene Kultur gar nicht genug bekommen können, die wählen dann gleich das Original, also die Grünen oder Die Linke (SED, PDS, Linkspartei).
Fast zwei Millionen Wähler rücken vom linken Lager ab
Doch nun passiert diese Woche etwas höchst Interessantes. Normalerweise ist es so, dass, wenn die SPD verliert, Die Grünen steigen oder Die Linke oder beide. Dem ist diesmal aber nicht so. Das heißt, es verlassen tatsächlich Wähler dieses linke bis linksextremistische Lager. Ja, nicht einmal die FDP kann von den doppelten Verlusten von Union und SPD profitieren. Auch hier null Zuwachs, obschon ja die FDP oft steigt, wenn CDU/CSU fallen. Wo gehen denn dann aber die 4 Prozentpunkte (entspricht knapp zwei Millionen Wählern) hin, wenn nicht zu den Grünen, wenn nicht zur Linkspartei und auch nicht zur FDP?
Ein Viertel davon wechseln zu kleinen Parteien (Sonstige) und drei Viertel wandern zur AfD ab, die gleich drei Punkte zulegen kann von 14 auf 17 (beim AfD-phoben Forsa-Institut und bei Infratest dimap auf 16, bei INSA auf 16,5). Damit hat sie die SPD eingeholt. Wohlgemerkt bei Emnid, das nicht gerade als AfD-affin gilt!
Aktuelle Umfrageergebnisse von Emnid
Befragt wurden im Zeitraum (Do.) bis 04.07.2018 (Mi.) 1.894 Personen, die Ergebnisse nach hauseigenen Formeln auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet. Hier das Ergebnis:
- CDU/CSU: 30 %
- AfD: 17 %
- SPD: 17 %
- GRÜNE: 12 %
- LINKE: 9 %
- FDP: 9 %
- Sonstige: 6 %
Gewinne/Verluste gegenüber der Bundestagswahl im Sept. 2017
- AfD: + 4,4 %
- GRÜNE: + 3,1 %
- Sonstige: + 1,0 %
- LINKE: – 0,2 %
- FDP: – 1,7 %
- CDU/CSU: – 2,9 %
- SPD: – 3,5 %
Bei Neuwahlen gäbe es also drei große Verlierer:
- die FDP,
- die Union und
- vor allem die SPD,
und zwei große Gewinner:
- die Grünen,
- noch mehr aber die AfD.
***
Zum Autor: Jürgen Fritz studierte in Heidelberg Philosophie, Erziehungswissenschaft, Mathematik, Physik und Geschichte für das Lehramt. Nach dem zweiten Staatsexamen absolvierte er eine zusätzliche Ausbildung zum Financial Consultant unter anderem an der heutigen MLP Corporate University. Er arbeitete etliche Jahre als unabhängiger Finanzspezialist. Außerdem ist er seit Jahren als freier Autor tätig. 2007 erschien seine preisgekrönte philosophische Abhandlung „Das Kartenhaus der Erkenntnis – Warum wir Gründe brauchen und weshalb wir glauben müssen“ als Buch, 2012 in zweiter Auflage. Seit 2017 betreibt er schwerpunktmäßig seinen Blog JÜRGEN FRITZ. Hier erschien der hier veröffentlichte Beitrag zuerst.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.