(David Berger) Harte Kritik an der Migrationspolitik der Kanzlerin und den Kommentaren der ihr beispringenden Bischöfe hat der wichtigste Vertreter der christlich-sozialen Marktwirtschaft in Deutschland, Professor Wolfgang Ockenfels, geübt. In seinem Editorial für die von ihm als Chefredakteur betreute Zeitschrift „Die Neue Ordnung“ kritisiert er, dass sich die „abgeschirmten politisch-klerikalen Eliten inzwischen von den Gefühlen und Gedanken der „einfachen Leute“ verabschiedet haben“.
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Ockenfels gilt als einer bekanntesten deutschen Theologen und als derzeit wichtigster Vertreter der christlich-sozialen Marktwirtschaft. Der dem Dominikanerorden angehörende Geistliche ist Vorsitzender des „Instituts für Gesellschaftswissenschaften Walberberg“ (Bonn) und em. Professor für Christliche Sozialwissenschaft in Trier.
Mit einem kräftig ironischen Unterton beschreibt er, wie ratlos die sich für besonders progressiv haltende „Wir schaffen das“-Fraktion angesichts des islamistischen Terrors sind: „Denn es geht wohl entschieden zu weit, dass muslimische Terroristen und Amokläufer nicht nur weltweit, sondern sogar im friedlichen Reservat Deutschland Panik verbreiten. Das geht nun überhaupt gar nicht, um es in der Sprache der Bundeskanzlerin und unserer deeskalierenden Psychologen und allversöhnenden Theologen zu sagen.“
„Sie suchen krampfhaft nach Erklärungen jenseits der einfachen Erfahrung, dass zwar nicht alle Muslime Terroristen, jedoch die meisten Terroristen heute Muslime sind.“
Die aus einem kirchlich-liberalen Umfeld stammenden „Islamversteher der pastoral-flexiblen Art“ können und wollen es „überhaupt gar nicht“ verstehen, „dass es noch Koran – und Schariagläubige geben kann, die ihren Glauben wörtlich ernstnehmen.“
Sie können aber auch die Menschen, die sie eigentlich pastoral begleiten sollen, nicht mehr verstehen: „Bei den intellektuell verachteten deutschen Ureinwohnern wächst nämlich die Klage über die unkontrollierte Einwanderung muslimisch-orientalisch-afrikanischer Migranten, über ständig misslingende Integration, über wachsende Gewaltbereitschaft in einer „multikulturellen Gesellschaft“, über die Verachtung des schwächlichen Christentums.“
Weil man angesichts dieser Tatsache schlicht hilflos ist, werden Sorge und Angst der Menschen, die in Deutschland leben, zum eigentlichen Problem erklärt. Das klingt nach Strategie, da es ja ins Konzept jener passt, die nach jeder neuen Meldung von islamistischen Terror oder Vergehen von Migranten die Schuld bei denen suchen, die davor gewarnt haben. Für Ockenfels sind solche Sätze, wie wir sie etwa in der ARD im „Wort zum Sonntag“ serviert bekommen, schlicht „einfältig“.
Und er fragt:
„Gibt es nicht auch eine berechtigte Gewalt (die des Rechtsstaates) und einen berechtigten Hass (den gegen das Verbrechen)? Und gehört die Angst nicht zur „Grundbefindlichkeit“ des Menschen (Heidegger, Kierkegaard), die von manchen Philosophen sogar als Motiv jeder Religion angesehen wird? Eine Angst, die sich als Warnsignal in konkreter Furcht notwendig, also notüberwindend äußert?
Auch ob es nicht verständlich sei, dass das Bedürfnis nach Sicherheit in den Vordergrund trete? .– als „Bedingung für die Freiheit des Individuums wie der Gemeinschaften“.
Gerade angesichts dieser Sicherheitserwartungen zeige sich unser Rechtsstaat überfordert. Wie ihm auch ethische Verbindlichkeiten immer mehr abhanden kommen. Eine Kirche, die hier – vor allem auch um ihre finanziellen Sicherheiten zu wahren – mit dem Staat klüngelt, gerät in die Gefahr ihre Korrekturfunktion aufzugeben und selbst mit in den Strudel eines ethischen Relativismus gezogen zu werden. Ockenfels erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass Papst Benedikt XVI. zurecht eine „Entweltlichung“ der Kirche, eine Abkoppelung vom Staat gefordert habe.
Aber auch der Sozialstaat ist dabei in schwerste Turbulenzen zu geraten: „Und was die Spezialitäten der deutschen Sozialpolitik betrifft, so steht diese auf den wackeligen Beinen einer Wirtschaftsentwicklung, die keinerlei Garantie auf Wachstum geben kann.“
„Nach Umfragen von Allensbach können 69 Prozent der Migranten nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden. Sie und ihre Nachzügler werden von sozialstaatlichen Zuwendungen leben müssen und damit unmittelbar in Konkurrenz zu den Millionen Hilfsbedürftigen treten, die wir schon jetzt in Deutschland haben.“
„Hier bahnt sich eine neue soziale Frage an, die sich im Verteilungskampf um soziale und nationale Partizipation zu erkennen gibt. Die Bezieher sozialer Transferleistungen werden begreifen, dass sie ihre Renten nicht von Europa, sondern vom Nationalstaat erhalten. Jedenfalls nicht von jenen Migranten, die weder zum Sozialprodukt noch zum sozialen Frieden beitragen.“
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