Donnerstag, 25. April 2024

Warum die Gedenkminute Laschets und Rekers in Karnevals-Uniformen nicht pietätlos war

(David Berger) Die Wut in den sozialen Netzwerken ist groß. Und zwar auf NRWs Ministerpräsidenten Armin Laschet und die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Den Anlass des Ärgers beschreibt der Kölner „Express“:

„Für einen Moment spielte der Zoch und Rosenmontag keine Rolle: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) verließen das jecke Treiben und besuchten in der Uniform der Ehrengarde der Stadt die KVB-Haltestelle Chlodwigplatz.“

Dort war der Polizist Veit R. auf die Gleise gestoßen und von der Straßenbahn überrollt worden. Er starb. Der Tatverdächtige, ein Rechtsanwalt, sitzt in Untersuchungshaft.

Nicht dass Laschet und Reker des Toten gedachten, sorgt für Ärger. Auch nicht, dass beide generell die Uniform der Ehrengarde tragen dürfen. Nein, dass sie in diesem „Aufzug“ die Gedenkminute absolvierten, verärgert viele Menschen enorm.

So liest man auf Twitter:

„Im Karnevalskostüm eines Toten gedenken, dass muss man erstmal bringen. Dass ist schon mehr, als nur ins Fettnäpfchen treten, das beweist, dass man null Anstand besitzt.“

Oder:

„Pietätloses Gebaren: Ministerpräsident und Oberbürgermeisterin gedenken im Faschingskostüm des getöteten Polizisten. Wer sein Beileid ernst meint, der wahrt aus Respekt vor den Hinterbliebenen die Formen des Anstands!“

Und:

„Armin Laschet und Kölns OB Henriette Reker verhöhnen getöteten #Polizisten indem beide im Karnevalskostüm „trauern“ Haben diese Leute überhaupt keinen Anstand mehr?! Jetzt reichts! Die #AfD ist eine Partei die Respekt vor der Polizei hat!“

Wer mich etwas kennt, weiß, dass mir nichts daran liegt Herrn Laschet irgendwie in Schutz zu nehmen, das gilt a fortiori für Frau Reker. Aber all diese Kommentare zeigen mir, der selbst 20 Jahre in Köln gelebt hat, dass man mit der rheinischen Mentalität wenig vertraut ist.

Karneval ist in Köln nicht irgendeine Jux- und Tollerei-Veranstaltung, sondern das Hochamt der Traditionspflege. Die Kleidung gerade der Garden, zumal der Ehrengarde, ist nicht mit den Kostümen vergleichbar, mit denen bei uns Kinder als Cowboy oder Prinzessin herumlaufen.

Deshalb spricht der Kundige hier auch nicht von Kostümen, sondern von Uniformen.

Nicht nur bei Hochzeiten, sondern auch bei Beerdigungen von Mitgliedern der Ehrengarde oder Prominenten, die in Köln bestattet werden, bedeutet es eine besondere Ehrerzeigung, wenn dort die Gardisten in Uniformen erscheinen.

So konnte man das sehr beeindruckend bei der Beerdigung (des nicht aus Köln stammenden) Kardinal Meisner beobachten:

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Wo war da die Aufregung jener, die sich nun echauffieren?

Konservative treten zurecht für ein Europa der Vaterländer, für eine Pflege lokaler Traditionen gegen den EU-Einheits-Wahn und die Globalisierung an. Dann sollten sie diese Traditionen auch respektieren, wenn sie politische Gegnern pflegen – selbst dann wenn diese Pflege diesen Gegnern schaden könnte. 

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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