Ein Gastbeitrag von Peter Helmes
Nein, nein, die Medien dieser Welt dachten nach seiner Wahl überhaupt nicht daran, Trump zu schonen – sie gewährten ihm nicht einmal die ersten 100 Tage als übliche Schonfrist. Nein, dieser zum Monster erhobene Mann verdiene keinerlei Rücksicht. Das war der Tenor nahezu aller Medien vor und nach Trumps Wahl zum US-amerikanischen Präsidenten.
Das gibt mir das Stichwort Medien: Es gibt eine alte Überlieferung, eher eine Mär, wonach – verkürzt dargestellt – die Presse in England frech und hart sei, aber das Königshaus respektiere und dessen Privatleben als Tabu betrachte.
In Frankreich seien die Medien charmant frech, würden aber niemals über Affairen der Führenden berichten. (Das Verhältnis von Jacques Chirac mit Claudia Cardinale war ebenso bekannt wie das Verhältnis von Mitterand mit Anne Pingeot. Als er 1981 Präsident wurde, quartierte er Anne Pingeot, mit der er eine gemeinsame Tochter (Mazarine) hatte, in einer Dienstwohnung am Seine-Ufer in Paris ein. (Alle im engsten Kreis von Politikern und Medien wußten es, doch niemand plauderte es aus.) In den USA seien die Medien rücksichtslos, und in Italien sowie in Spanien würden die Medien keinerlei ethische Normen kennen. Und schließlich: Die deutschen Medien seien informativ und sachlich. (Einen solchen Quatsch habe ich ´mal gelernt.)
Nachreden statt Nachrichten
Wie gesagt, eine Mär, nicht einmal ein frommer Wunsch, sondern Gesundbeterei. Heute stehen die Medienmenschen so unter finanziellem und redaktionellem Druck, daß sie sich geradewegs zu Übertreibungen und Überzeichnungen gezwungen sehen, um aufzufallen – also „Auflage zu machen“. Der gemeine Journalist wird zum Paparazzo. Qualität stört da nur.
„Gegrillt“ statt recherchiert
Da bestimmen eher üble Nachreden statt übler Nachrichten die Schlagzeilen. Rücksichtnahme, Respekt, gar intensive Recherche? Für solche Sentimentalitäten gibt´s heute keinen Platz mehr – weder bei den Privaten noch (viel stärker) bei den Öffentlich-Rechtlichen.
Da wird ein Politiker nicht mehr interviewt, sondern „gegrillt“, und da werden die Photos von unliebsamen Zeitgenossen so verzerrt, daß genau das gewünschte Zerrbild entsteht. Auf ein solches Zerrbild stürzen sich dann die Meinungsmanipulateure und rufen unisono: „Ecce homo“ – seht, welch ein Mensch, welch eine erbärmliche Figur!
Wer diese Darstellung für übertrieben hält, möge eine beliebige Talkshow studieren; denn alle gehen nach diesem Muster vor. Catch as catch can! Feste druff, der Markt braucht Opfer.
Dieser Markt, also wir Zuschauer und Leser, nimmt diese „Geschichten“ gierig auf. Wir erfreuen uns an diesem Spektakel und begleiten das Niedermachen eines auch anständigen, aber in mediale Ungnade gefallenen Menschen mit äußerster Häme. („Is er ja selber schuld, wenn er sich in einen solchen Zirkus begibt.“ Oder scheinheiliger: „Der kassiert ja doch genug. Und in seinem Lohn steckt eine Menge Schmerzensgeld. Da muß er das Theater aushalten.“)
Donald Trump, das ideale Opfer
Seit über einem Jahr haben die Medien in den USA – und weltweit – ein überaus „dankbares“ Opfer gefunden: Donald Trump, der Mann, der für jede üble Schlagzeile gut ist.
Präsident Trump ist seit gut einem Jahr im Amt. Wie die deutschen Medien ihn behandeln, kann man an den Schlagzeilen eines einzigen Tages ermessen:
Ein Jahr Donald Trump „Er kann sehr viel Unheil anrichten“
Ein Jahr Donald Trump Die Un-Vereinigten Staaten von Amerika
@mediasres im Dialog Springen Journalisten über jedes Stöckchen, das Trump hinhält?
Einwanderer aus Afrika und Haiti Trump kritisiert Migration aus „Drecksloch-Ländern“
(gesehen am 20.01.18 auf DLF)
Der nämliche Deutschlandfunk (DLF) setzte noch eins drauf und ätzt, stellvertretend für viele andere Medien: „Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump hat die ´New York Times` bereits 420 Beleidigungen gegenüber Personen, Ethnien und Ländern gezählt. Leider folge diese Art der Rhetorik einer sehr perfiden Logik und sei in sich schlüssig“, erklärte der Historiker Uffa Jensen im Dlf. Und weiter:
„…Im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 2008 sagte Barack Obama: „Weiße Amerikaner wählen keinen zornigen Schwarzen“. Inzwischen sind wir belehrt worden. Sie wählen einen zornigen Weißen. Ein Jahr ist seit Amtsantritt von Donald Trump vergangen. Und eine gewisse Verrohung und unpräsidiale Raubeinigkeit ist festzustellen…“
Voilà, ein mediales Monster! Nieder mit ihm!
Doch dieser Trump – im Deutschen hämisch ausschließlich als „Trumpeltier“ interpretiert, im Englischen jedoch eher für z.B. „Trompete“, aber auch „Trumpf“ (wie Trumpfkarte) – tut den medialen Jägern nicht die Bohne den Gefallen zu stürzen oder gar sich zu ergeben, also zurückzutreten. Im Gegenteil, er läßt keine Gelegenheit aus, die „geliebte“ journalistische Meute durchs Dorf zu jagen. Eben Trump!
Wäre die Amtszeit Trumps eine Theater- oder Fernsehserie, käme man mit der französischen „Liberation“ zu einer überraschenden Bilanz: „Die Autoren der ersten Staffel von ‚Präsident Trump‘ haben uns verwöhnt: Es gab eine Menge überraschender Wendungen, übertriebene Gags, originelle Persönlichkeiten und ausgefallene Dialoge, Verrat und Familiendramen, kleine Niederträchtigkeiten und staatliche Lügen…
Aber ein Amtsenthebungsverfahren bleibt eine Wunschvorstellung von Trumps ärgsten Gegnern. Im November stehen Kongresswahlen an. Das ist die Gelegenheit für Progressive aller Richtungen, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, zu überzeugen und zu mobilisieren. Wird im Jahr 2018 der Widerstand erwachen? Die zweite Staffel hat gerade erst begonnen.“
Trump soll´s zufrieden sein, er sitzt immer noch im Weißen Haus, ist weder angeklagt noch abgesetzt. Bei allem Eigensinn regiert Trump wie ein typischer, sehr rechter Republikaner. Seine angebliche Unfähigkeit empfinden seine Feinde als das größte Risiko. Die Tragödien, die ein so „unqualifizierter Präsident“ auslösen könnte, sind der Welt bisher jedoch erspart geblieben.
In gewisser Hinsicht ist seine emotionalisierte Politik rational und nicht nur einfach das emotionale Gebrabbel eines Irren. Es wird zwar oft behauptet, Trump sei ein Irrer, aber er ist ein Machtmensch durch und durch. Er träumt nicht von der Macht, sondern dieser Machtpolitiker weiß genau, was er tut.
Sein Politikstil ist aber gleichzeitig nicht etwas völlig Neues, sondern folgt einer Entwicklung, die es in der republikanischen Partei spätestens seit Nixon gibt. Nur jetzt ist sie eben am Kulminationspunkt. So stark wie Trump hat es sicher noch niemand betrieben.
Seine Wortbeiträge zu ethisch oder politisch kontroversen Ereignissen haben viele Amerikaner als richtig empfunden, auch wenn sie meist polemisch daherkamen. Und, damit hat er den Rechten in den USA zu Rückenwind verholfen. Die jüngsten Bemerkungen beispielsweise, warum wir „all diese Leute aus Dreckslochländern“ hierherkommen lassen, fanden sowohl Ablehnung, aber auch viel Zustimmung. Trump hat natürlich einen Kern der amerikanischen Gesellschaft mobilisiert, darunter viele rassistische und/oder frauenfeindlichen Wähler, die sicher seine wichtigsten Unterstützer sind.
Versprechen gehalten
Bei aller Kritik, die angebracht sein darf: Wenn Trump überrascht hat, dann damit, daß er seine Versprechen eingehalten hat. Auch wenn diese für die Hälfte der Nation als abscheulich bewertet werden. Er hat rein gar nichts gemacht, um seine Zustimmungswerte zu verbessern. Er hat sich einzig darum gekümmert, seine Unterstützer zu halten – den „typischen Amerikaner“, Bürger wie Du und ich. Er hat nämlich den Wunsch vieler Wähler aufgegriffen, ihren Zorn auf das Establishment und auf Washington Ausdruck zu verleihen.
Die Wirtschaft läuft ausgezeichnet, was Trump zugutekommt. Die internationale Isolierung gibt es nur in einigen Teilen der Welt. Man wirft ihm vor, großen Schaden anzurichten, z.B. am Amt des Präsidenten, am Ton der öffentlichen Reden, an der Moral, am Zusammenhalt der Gesellschaft und am gegenseitigen Respekt. Gefördert wird eine solche Stimmung von nahezu allen Mainstreammedien, die übersehen, daß ein bedeutender Teil der amerikanischen Wähler eben diesen Mann nicht nur erträgt, sondern mit Zustimmung trägt. Er setzt um, was er versprochen hat. Überraschen dürfte das niemanden.
Sein bedeutendstes Versprechen war das einer Steuerreform, und dieses Versprechen hat er gehalten. Schätzungen zufolge könnten Trump damit in den kommenden Jahren zusätzliche 340 Milliarden US-Dollar in die amerikanische Staatskasse gespült werden. Man sollte allerdings nicht übersehen, daß ein großer Teil davon nur ein Einmaleffekt ist.
Es bleibt abzuwarten, ob die Senkung des Körperschaftsteuersatzes die Konjunktur in den USA nachhaltig ankurbeln wird und ob dadurch für das US-Finanzministerium genügend zusätzliche Einnahmen generiert werden, um den niedrigeren Steuersatz auszugleichen.
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Sie sehen also, liebe Leser, daß Trump verschiedene Facetten hat. Es bleibt jetzt Ihnen überlassen, ihn zu beurteilen. Uns ging es darum, den einseitigen „Berichten“ der Mainstreammedien über den „Teufel Trump“ entgegenzutreten und sein Bild in der Öffentlichkeit ein wenig zurechtzurücken.
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Der Beitrag erschien zuerst auf CONSERVO