(David Berger) Wer geglaubt hatte, mit seinen eigenwilligen Ansichten über die Meinungsfreiheit und unseren Rechtsstaat steht unser Bundesjustizminister alleine da, der sieht sich nun eines besseren belehrt. Die derzeitige Kluft zwischen der öffentlichen Meinung und der Meinung, die die Regierung gerne als einzige veröffentlicht sehen möchte, ist so groß geworden, dass man sogar bereit scheint, eines der vornehmsten Menschenrechte und einen Grundpfeiler unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung außer Kraft zu setzen.
Über Twitter hat gestern das Bundesinnenministerium die Bürger tatsächlich wissen lassen: „Wir sprechen uns gegen Hatespeech aus, egal ob strafbar oder nicht. Jeder darf seine Meinung äußern, aber sachlich & ohne Angriffe.“
Damit steht das Ministerium in der Gefahr, einen fatalen Weg zu eröffnen, der geeignet ist, eine der Grundfesten unserer freiheitliche-demokratischen Grundordnung zu zerstören. Man scheint allen Ernstes entschlossen, die öffentliche Diskussion möglichst weit einzuschränken, obgleich man eigentlich wissen müsste, dass die Meinungsvielfalt eine der „Grundbedingung eines freiheitlichen Gemeinwesens“ darstellt (BVerfG, 1 BvR 103/77).
Der bekannte Jurist Prof. Diringer sah sich genötigt, das Ministerium über Twitter an eine der Grundfesten unseres Staatswesen zu erinnern: „Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist (…) unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit … Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist (…) eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt, es ist (…) für eine freiheitlich-demokratisch Staatsordnung .. schlechthin konstituierend“ (BVerfG 1BvR400/57).
Deshalb gewährleistet der Artikel 5 unseres Grundgesetzes „das Recht, seine Meinung frei zu äußern: Jeder soll frei sagen können, was er denkt“ (BVerfG, 1 BvR 1376/79). Das heißt konkret auch: „
Jeder soll frei sagen können, was er denkt und meint, auch wenn er keine nachprüfbaren Gründe für sein Urteil angeben kann, es emotional oder rational begründet ist“ (BVerfG 1 BvR 389/90) Insbesondere scheint es nötig, das Ministerium darauf hinzuweisen, dass „jede Meinung, auch die von etwa herrschenden Vorstellungen abweichende, schutzwürdig“ ist (BVerfG 2 BvR 41/71).
Wenn Beatrix von Storch daraufhin feststellte, dass die Bundesregierung dabei ist, die Meinungsfreiheit abzuschaffen, ist das ein harter Vorwurf, der allerdings nicht ganz aus der Luft gegriffen ist. Auf ihrem Facebookprofil bemerkte die Europaparlamentarierin:
„Jetzt ist es amtlich: die Bundesregierung will die Meinungsfreiheit abschaffen, also das für eine freiheitliche Demokratie schlechthin konstituierende Grundrecht überhaupt. Meinung ist nur noch zulässig, wenn „sachlich“ und „ohne Angriffe“. Unglaublich. Passen die sich jetzt ihrem großen Verbündeten an, Diktator Erdogan? Oder sind die alle auf Crack????“
© Martin Rulsch, Wikimedia Commons, CC-by-sa 4.0 [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0) via Wikimedia Commons
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