Samstag, 24. Mai 2025

Ausreisesperren wegen politischer Haltung: Die DDR lässt grüßen

Vor einigen Tagen wurden am Flughafen München acht Mitglieder der Identitären Bewegung gestoppt, als sie versuchten, nach Mailand zu einem europaweiten Treffen von angeblich Rechtsextremen zu reisen. Parallelen zum SED-Unrechtsstaat werden hier offensichtlich, denn derlei Schikanen gehörten zum Standardrepertoire von Staatssicherheit und Volkspolizei. Ein Gastkommentar von Frank W. Haubold.

Gemäß dem 4. Protokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention Artikel 2, Satz 2 hat jeder Bürger das Recht, „jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen“. Ausnahmen sind in Satz 3 geregelt, wobei der Schwerpunkt auf Sicherheitsaspekten liegt. Was dort allerdings nicht zu finden ist, ist eine Einschränkung der Freizügigkeit auf Grund der politischen Haltung der betreffenden Personen. Dergleichen ist nur in totalitären Staaten üblich.

In der ehemaligen DDR war das Misstrauen gegenüber den eigenen Bürgern sogar so groß, dass man die überwiegende Mehrheit gleich generell von Reisen ins „kapitalistische Ausland“ ausschloss und Ausnahmen nur bei erwiesener Loyalität gegenüber der Partei- und Staatsführung genehmigte (z. B. dem vorgeblichen Ex-Bürgerrechtler Joachim Gauck).

Ich bin in der DDR aufgewachsen, einem Staat, der seine Bürger wie Gefängnisinsassen behandelte, denen man nur bei guter Führung (aber auch dann keineswegs verbindlich) Ausgang gewährte. Orte wie New York, Hawaii, Sidney, Singapur oder auch nur London oder Paris waren für uns so unerreichbar, als lägen sie auf dem Mars. Wer zudem als politisch unzuverlässig auffiel, dem wurde sogar die Ausreise in die „sozialistischen Bruderländer“ verwehrt, entweder, indem er kein Visum (offiziell „Reiseanlage für den visafreien Verkehr“) z. B. für Ungarn bekam oder ihm gleich der Personalausweis entzogen wurde.

Die generelle Ausreisebeschränkung ist seit dem Mauerfall Geschichte, doch, was 1990 noch undenkbar war, ist in der Bundesrepublik des Jahres 2025 wieder Realität: Bürgern wird von Staats wegen die Ausreise verwehrt, weil sie die „falsche“, also politisch unerwünschte Gesinnung haben“!

Die Pressemeldung: „Am Donnerstagabend wurden am Flughafen München acht Mitglieder der Identitären Bewegung gestoppt, als sie versuchten, nach Mailand zu einem europaweiten Treffen von Rechtsextremen zu reisen. Die Bundespolizei befragte die Gruppe, bestehend aus sechs Männern und zwei Frauen, und untersagte ihnen die Ausreise nach Italien sowie die Einreise nach Österreich und die Schweiz. Der Grund: Es bestehe die Sorge, dass sie das internationale Ansehen Deutschlands schaden könnten.“

Über letzteres könnte man angesichts so mancher Auftritte bundesdeutscher Politiker im Ausland herzlich lachen, wenn der Anlass nicht so ernst wäre. Denn damit war es der Bundespolizei, die ansonsten jeden Islamisten oder potentiellen Kriminellen unbehelligt ein- und ausreisen lässt, noch lange nicht genug. Denn die Delinquenten wurden auch noch strafbewehrt beauflagt, sich jeden Tag zwischen 17 und 20 Uhr bei der Polizei zu melden!

Spätestens hier werden die Parallelen zum SED-Unrechtsstaat offensichtlich, denn derlei Schikanen gehörten zum Standardrepertoire von Staatssicherheit und Volkspolizei. Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel wird gar nicht mehr gestellt.

„Aber dagegen kann man sich doch juristisch wehren“, wird jetzt der demokratiegläubige Leser einwenden, der bei der „Schwachkopf“-Posse nicht aufgepasst hat. Theoretisch ja, lautet die Antwort und die Betroffenen haben das auch versucht. Und natürlich kam es so wie in den meisten Fällen, wenn die Staatsräson berührt ist: Das Verwaltungsgericht München wies den Eilantrag unter der Begründung ab, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Ausreiseverbot für den Zweck geeignet ist, das Ansehen Deutschlands zu schützen, und verwies auf das Verfahren in der Hauptsache, dessen Ausgang dann natürlich völlig folgenlos ist.

Wie dem auch sei, da die Grenzen der Bundesrepublik ja offen sind wie Scheunentore, gelang es den Sanktionierten dennoch, nach Italien einzureisen und an der Veranstaltung teilzunehmen. Zweifellos waren sie sich über die Konsequenzen im Klaren, denn natürlich wurden sie nach ihrer Rückkehr von der Bundespolizei, deren Erfolge sich ja ansonsten in Grenzen halten, festgenommen und über Stunden verhört. Jetzt drohen ihnen wegen „unerlaubter Ausreise und Verstoß gegen die Meldeauflagen“ sowohl ein Ordnungswidrigkeits- als auch ein Strafverfahren mit einer Strafandrohung bis zu einem Jahr Haft.

„Selbst schuld“, wird jetzt der eine oder andere denken, „Was provozieren sie denn die Behörden auch noch (z. B. durch das Tragen von DDR-T-Shirts bei der Einreise). Sie müssten doch wissen, dass sie am kürzeren Hebel sitzen.“

Diese Haltung ist durchaus rational und pragmatisch, aber sie ist auch der Grund dafür, weshalb totalitäre Systeme so gut funktionieren. Der „normale Bürger“ will keinen Ärger mit der Staatsmacht, selbst, wenn er mit vielem nicht einverstanden ist, was im Lande passiert. Vermutlich gefielen ihm weder die Corona-Maßnahmen noch die Grenzöffnung für jedermann 2015 und ihre Folgen. Und natürlich findet er es lächerlich, wenn Regierungskritiker wegen sarkastischer Anmerkungen Polizeibesuch bekommen. Dennoch glaubt er im Herzen, dass letztlich alles nicht so schlimm ist, denn bis jetzt ist es auch irgendwie gutgegangen.

Und genau das ist sein Fehler, der auf direktem Wege in die Tyrannei führt. Denn der Parteienstaat wird nicht aufhören, wenn seine Übergriffe toleriert werden. Gestern waren es die „Querdenker“, die schikaniert und entrechtet wurden, heute sind es die Identitären, morgen die AfD-Mitglieder und Wähler (die Instrumente stehen längst bereit) und übermorgen jeder, der in „unserer Demokratie“ (die mit Demokratie im Wortsinn längst nichts mehr zu tun hat) nicht mit den Schafen blökt.

Jenseits des Atlantiks sieht man das klarer als hierzulande. So bezeichnete Außenminister Rubio die umstrittene Höherstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ als ein Zeichen „verkappter Tyrannei“. Und sein Stellvertreter Christopher Landau wurde auf X sogar noch deutlicher: Und nein, Deutschland, du kannst dich nicht hinter selbstgefälligen Verweisen auf die Lehren aus „deiner“ Geschichte verstecken. Wie du dich vielleicht erinnerst, ist es auch „unsere“ Geschichte, denn wir haben maßgeblich dazu beigetragen, dieses Kapitel deiner Geschichte zu beenden.“

Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht eines Tages wieder notwendig sein wird…

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