Sonntag, 28. April 2024

David Leukert: Die Kunst, das Klima, der Papst und der ganze Rest

Was war sonst noch los? Klima-Paniker drangen in die Uffizien ein und entehrten »Die Geburt der Venus« von Sandro Botticelli. Die Aktivisten stehen damit in der reichen Tradition eifernder Kulturtrottel, denen nichts heilig ist, da Harmonie die Unfähigen immer außerordentlich provoziert: „Es liebt die Welt das Strahlende zu schwärzen und das Erhabne in den Staub zu ziehen“ (Schiller).

Auf dem Gemälde erscheint das Erhabene in Gestalt der antiken Liebesgöttin, die ein Schicksalsgesetz verkündet. Wie die Perle aus der gepeinigten Muschel hervorgeht, entsteht die Schönheit verkörpernde Aphrodite auf der Grundlage von Schmerz und Hingabe. Bereits das drei Jahre vor der Venus gemalte Bild Primavera zeigt die Olympierin als Allegorie des Frühlings schwanger und mit gütiger Geste, die Landschaft im Rhythmus der Jahreszeiten verjüngend. Juli 2022 vergingen sich die Hysteriker von „Ultima Generazione“ auch an diesem Kunstwerk.

Der Florentiner Botticelli (zu deutsch: das Fläschchen) verfolgte einen Plan, der über das Künstlerische hinausging. Er wollte das Dogmen-erstarrte römische Christentum mit dem vollmundigen Rebensaft griechischer Mythen päppeln. Das gelang ihm und anderen Künstlern dieser Epoche dank der Promotion des Bankiers und Staatsmannes Lorenzo di Medici.

Der bürgerliche Mäzen musste die Renaissance allerdings gegen große Widerstände durchsetzen. Sowohl der Adel der Stadt, als auch der Vatikan trachteten dem anmaßenden Angehörigen des dritten Standes nach dem Leben. Einem Mordanschlag, mindestens gebilligt vom Papst, entkam er nur knapp.

Sein ärgster Feind war ein krummnasiger Bußprediger namens Savonarola, der alles Weltliche verachtete. Der fromme Exzentriker schwang auf den Gassen der toskanischen Stadt große Reden und erzählte, der Weltuntergang stünde zwingend bevor, wenn die Bürger nicht auf silberne Schuhschnallen und bunte Haarklammern verzichteten. Auch die genialen Gemälde  und Statuen der Renaissance-Künstler waren zu viel des Guten, die abgebildeten Nackedeis Sünde pur.

Ähnlich wie die Untergangspropheten unserer Zeit, die Reemtsmas und Roger Hallams, hielt sich der Mönch eine Armee von bildungsfernen Fanatikern, darunter viele Waisenkinder, die dafür sorgten, dass seine Predigten keine graue Theorie blieben. Die »Fanciulli« genannten Aktivisten durchkämmten die Häuser der Stadt, nahmen den Bürgern ihren Besitz ab, warfen Brandsätze und überfielen die Ateliers, wobei sie nicht nur Statuen zerschlugen und Bilder zerrissen, sondern robust gegen Leute vorgingen. Tätlich angegriffen wurde unter anderen Michelangelo.

Savonarola, der Erfinder der Cancel Culture, stieg nach dem Tod Lorenzos zum Prior der Stadt auf und errichtete in dieser Funktion eine Diktatur der Hypermoral. Am 7. Februar 1497 und am 17. Februar 1498 veranstaltete er auf der Piazza della Signoria Zensur-Events mit Wehklagen, Fürbitten und einem stattlichen Scheiterhaufen, auf dem man gottlose Bücher und Bilder fromme Gesänge anstimmend entsorgte.

Geschichte wiederholt sich. Auch die Verzichtsethiker unserer Zeit -wer SUV fährt, ist des Teufels- begründen ihre Vergehen mit religiöser Inbrunst. Die Klimaschutzaktivistin Carla H. verteidigte sich entsprechend und Artikel 4 des Grundgesetzes musste für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr herhalten: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich“ sowie „Die ungestörte Religionsfreiheit wird gewährleistet“. Der Zwang, sich auf asphaltierte Ausfahrtsstraßen zu kleben, sei keine neurotische Störung, sondern ein Handeln im Glauben des Klima-Armageddon. Das irdische Frankfurter Landgericht gab jedoch nicht nach und blieb bei einer zweimonatigen Haftstrafe auf Bewährung.

Deutlicher fiel die Strafe aus, die der intrigante und mörderische Borgia-Papst Alexander VI. gegen den Dominikaner-Demagogen verhängte. Er ließ Girolamo S. genau an der Stelle exekutieren, wo drei Monate zuvor das Freudenfeuer der Eitelkeiten stattgefunden hatte (siehe Bild: Hinrichtung Savonarolas, Galleria Corsini, Florence) Ein Phänomen, das in der Geschichte häufiger auftritt:

Der Böse wird nicht durch einen Guten, sondern von einem anderen Bösewicht beseitigt.

 

David Leukert ist Autor und Kabarettist. Er spielt u.a. im Quatsch Comedy Club Berlin.

Hier geht es zu seiner Internetpräsenz: http://www.davidleukert.de/

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