Donnerstag, 26. Dezember 2024

Der Judenstern – nur konsumentenorientierte Einkaufshilfe?

Oder: Friedensarbeit nach Art des  (Europäischen) Hauses durch Hände-Weg-Kaufempfehlung auf israelischen Produkten. Ein Gastbeitrag von Josef Hueber

„Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.“ (Mark Twain)

Am 12.November fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil, das ein Schlag ins Gesicht Israels ist. Danach sind in Zukunft alle Lebensmittelprodukte, die  aus den sogenannten „besetzten Gebieten“ Israels, auch als „Westjordanland“ bekannt, in EU-Staaten exportiert werden,  zu kennzeichnen.

Es ist eine fadenscheinige Begründung, wenn man vorgibt, das Urteil wurde gefällt, um den Verbrauchern zu helfen, beim Einkauf „informierte Entscheidungen“ zu treffen. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Neuauflage des „Kauft nicht bei Juden!“ des NS-Regimes.

Die  Zwars und Abers beim Nachdenken über Israel

ZWAR wurde Israel gleich nach seiner Staatsgründung ringsum von arabischen Staaten der Krieg erklärt,  in der Absicht, dieses ( einzige) demokratische „Krebsgeschwür“ im Nahen Osten zu vernichten. Zwar ist der Iran forscher denn je in seinem öffentlichen  Bekenntnis, Israel von der Landkarte per nuklearem Angriff  auszulöschen. Zwar ist Israel der einzige Staat auf der Welt, dem man glaubt  zumuten zu können, sich  n i c h t  gegen ständigen Raketenbeschuss  von erklärten Feinden zu wehren, bei Missachtung dieser Anweisung aber  nach ergriffenen Gegenmaßnahmen sich  als der ursächlich Schuldige an unschuldigen Opfern anklagen zu lassen.

(Nachweis: Die Darstellung militärischer Gegenschläge in den  Nachrichtensendungen der Öffentlich-Rechtlichen).  Zwar  muss man selbstverständlich  Antisemitismus mit allen Mitteln  bekämpfen…

Die Reihe der Zwars kann beliebig fortgesetzt werden.

ABER (spricht der von Selbstzweifeln unberührte,  moralisch argumentierende Israel- Kritiker, der betont, kein Antisemit zu sein): Das alles verpflichtet uns geradezu, schon wegen der aus deutscher – und wohl historisch gesehen   auch aus europäischer-  die Juden verfolgender und Juden mordender Vergangenheit, alles Denkbare für den Frieden dort unten zu tun.

Das alles befreit uns gerade auch deswegen nicht von der Verantwortung für Israel, weil wir aus unserer Geschichte wissen, was es heißt, Menschenrechte mit Füßen zu treten. Also müssen wir Israel darauf hinweisen dürfen, wenn seine Regierung  dabei ist, die von den  Nationalsozialisten an den Juden begangenen Menschenrechtsverletzungen an den „Palästinensern“ zu wiederholen. Wenn diesem Gedanke  kein tatsächliches Problem zugrunde läge, dann würde man nicht gelegentlich die Frage hören: Haben die Juden nichts gelernt aus Auschwitz?

Die Ultima Ration der Sanktionen

Unser historischer Auftrag, so rufen die modernen „Gerechten unter den Völkern“, die bekennenden Aktivisten gegen Antisemitismus,  verlange geradezu nach einer  Ultima Ratio in Form einer  Maßnahme, die der deutschen und europäischen (bei jeder Gelegenheit verbal proklamierten) Verantwortung für den Frieden im Nahen Osten angemessen ist. Weil alles bisher Versuchte offensichtlich nicht wirksam sei, gebe es nur noch ein Mittel, das zur politischen Vernunft führen könne: Sanktionen.

Nein, es geht  n i c h t  um Sanktionen gegen den Iran, um dessen sich abzeichnende, vor allem gegen Israel gerichtete  atomare Aufrüstung zu stoppen. Es geht um wirtschaftliche  Maßnahmen gegen den ewigen Störenfried Israel, der mit  europäischen Friedenslösungen wie dem Zweistaaten-Plan stets gut beraten wurde, der aber – entgegen seinem Eigeninteresse-  nicht einsehen will, dass dies die einzige, alternativlose Friedenslösung ist.

Ein fotographisches Welterbe – der geschändete Judenladen

Gäbe es ein Welterbe an Fotografien, so dürfte dieses in der Sammlung nicht fehlen: Bundesarchiv Bild 102-14468 zeigt den NS-Boykott gegen jüdische Geschäfte. „Deutsche! Wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!“

Zwei Zwei Männer in Uniform, breitbeinig und mit sicherem Stand, sich überlegen dünkend, haben  gerade das Plakat an einem jüdischen Modegeschäft angebracht. Eine dunkel gekleidete Frau blickt offensichtlich teilnahms- und ahnungslos auf das Plakat an der Schaufensterscheibe. Im Hintergrund Desinteressierte.

Die fotographische Verdichtung der darin zum Ausdruck gebrachten Menschenverachtung bedarf keiner weiteren Erklärung.

Die Doppelzüngigkeit europäischer Israelpolitik

Der Zynismus europäischer Israelpolitik erlebt heute einen neuen Höhepunkt. Dies ist der Fall, wenn man einerseits von ständiger Solidarität, von Israels unverbrüchlichem  Existenzrecht, von deutschem/europäischem  Engagement gegen Antisemitismus und für ein  NIE WIEDER  große Töne anschlägt, gleichzeitig aber wirtschaftliche  Sanktionen in Form eines auf israelischen Produkten anzubringenden Herkunftsnachweises, d.h. des Judensterns 2.0, besteht, mit dem Ziel, Israel auf arrogante Weise unsere Vorstellungen davon aufzuzwingen, wie sich der Staat territorial definieren darf und wo in Israel  jüdische Bürger unserer Meinung nach nichts zu suchen haben.

Man gewährt damit insbesondere allen Feinden Israels, ob im Nahen Osten oder weltweit, Bestärkung in der Ablehnung des jüdischen Staates und seiner demokratisch legitimierten Regierungspolitik.

Die Frage nach der Lehre aus Auschwitz an den richtigen Adressaten

Was heißt im Klartext das Urteil des EuGH? Die Antwort ist simpel und deprimierend: Juden, in eurem historisch verbürgten  Samaria und Judäa habt ihr heute nichts mehr  zu suchen. Wie ihr  dort mit den „Palästinensern“ umgeht, wie ihr euch siedlungsmäßig breit macht, zeigt, dass ihr im Hinblick auf Menschenrechte nichts aus Auschwitz gelernt habt. Die Kennzeichnungspflicht israelischer Produkte aus dem „besetzten“ Gebiet ist deswegen eine notwendige Maßnahme aktiver Friedensarbeit Europas.

Die Frage nach der Lehre aus Auschwitz, die sich an das Urteil des EuGH anschließt, muss präziser formuliert werden. Wer eigentlich hat aus Auschwitz nichts gelernt?

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