Ein Beitrag zur neuen deutschen Vergessenskultur von Manuel Schmitt
So genannte Kriegerdenkmäler sind vermehrt Verschandelung und Zerstörung ausgesetzt. Diese physische Gewalt setzt eine gewisse Geisteshaltung voraus. Was sind die Ursachen? Woher kommt die Bereitschaft zu Hammer und Spraydose zu greifen? Woher stammt der oft zugrunde liegende Hass? Der Versuch einer Klimaforschung.
Ein Exkurs im Wundern
An einem von der Sonne verwöhnten Tag der Deutschen Einheit, führte mich meine Tour und mein Fahrrad auch auf die Promenade am Aasee. Mit einem prinzipiell offenen Blick – auch für die Umwelt – streifte mein Blick das so genanntes Dreizehnerdenkmal – ein Kriegerdenkmal zu Ehren des Infanterie-Regiment Nr. 13 „Herwarth von Bittenfeld“ (1813-1919) – mit dem allerdings auch Gefallenen des 2. Weltkrieges gedacht wird.
Doch … Was schrie mir da über die Flanken des dort in Sandstein gemeiselten, erhabenen Löwen entgegen? Nazis
Prinzipiell um eine differentielle Denkweise bemüht und als ein sich mit seiner und der deutschen Geschichte auseinandersetzender Geist, drängte sich mir die Verknüpfung „Kriegerdenkmal – Nazis“ nicht unmittelbar auf.
Alleine schon über die Verschandelung einer das Auge erfreuenden, mit handwerklicher Liebe angefertigten, künstlerischen Arbeit und eines Kulturdenkmals verärgert, steigerte sich mein Ungemach darüber, was für einer Motivation diese Tat wohl zugrunde gelegen haben muss.
(Diesem moralischen Grundempfinden und der damit einhergehenden Entrüstung hat der Gesetzgeber mit der Qualifizierung der „Normalen Sachbeschädigung“ [§ 303 Strafgesetzbuch] über den Paragraphen 304 – Gemeinschädliche Sachbeschädigung – Ausdruck verliehen.)
Nachdem ich mich ein Stück weit in den Urheber hineinzuversetzen versuchte, dämmerte es mir langsam: Ah ja … „NAZIS“: irgendwie alles und jeder vor 1945. Dass dieses Denkmal in erster Linie Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg gewidmet ist, erschien dem Urheber nebensächlich.
Wurzel- & wehrlos
Leider scheinen wir vermehrt Mitmenschen unter uns zu haben, die sich nicht mal mehr ansatzweise mit ihrer Geschichte und somit ihren Wurzeln auseinandersetzen können oder wollen.
Dass durch solche Taten, Menschen pauschal diffamiert und ihr Andenken mit Füßen getreten wird, wird billigend in Kauf genommen oder ist im schlimmsten Fall sogar gewollt. Dass auf diesem Stein vielleicht dem eigenen, anständigen Vorfahren gedacht und erinnert wird – daran wird nicht gedacht oder es interessiert nicht.
Der eigene Ahnherr – der das höchstmögliche Opfer für sein Land brachte – wäre wohl entsetzt und entrüstet, als Nazi verunglimpft und beleidigt zu werden.
Die Toten können sich nicht wehren – deshalb unternehme ich diesen Versuch.
Ätiologie – Pathologie – Epidemie
Gerne würde ich glauben, dass wir es hier lediglich mit einem einzelnen, irre geleiteten Geist zu tun haben. Allerdings befürchte ich, dass mittlerweile mehr Menschen dem Narrativ „Gefallener 1./2. Weltkrieg = Nazi“ folgen. Dass sich hierbei Unwissenheit, Ignoranz und kriminelle Energie – Gott sei Dank – nur vereinzelt die Hände reichen und zur Spraydose greifen, ist hierbei der einzige erfreuliche Aspekt.
Leider sehe ich solche Auswüchse als Symptom einer desinformierten und in Teilen fehlgeleiteten Generation. Ein Symptom dafür, dass große Teile unserer Gesellschaft von einer Krankheit befallen zu sein scheinen. Einer Krankheit, die viele Gesichter, aber oft nur einen Kern hat:
Selbsthass. Undifferenziert. Klebrig. Obszön.
Was löst dieses Leid aus? Auf der einen Seite lehnen Befallene, Begriffe wie Volk ja bewusst ab. Ist da vielleicht die nagende Angst, doch „dazu“ zu gehören? Angehöriger eben dieses Stammes zu sein, den es zu hassen und zu bekämpfen gilt?
Ein Blick auf das Publikum einer unserer vielen Hashtag-Veranstaltungen und hinter eines der vielen bunten Transparente scheint diesen Verdacht phänotypisch zu bestätigen. Mein Therapie-Vorschlag: verlagert das Schlachtfeld eurer Katharsis dorthin, wo sie hingehört: in eure eigenen, inneren vier Wände.
Den Heilungsprozess positiv und nachhaltig unterstützen, können Nachhilfestunden im Fach Deutscher Geschichte. Aber Vorsicht! Nach lebenslanger Entwöhnung sollten die Lektionen zu Beginn eher schwach dosiert werden, sich nur allmählich steigern und #nur# unter fachkundiger Aufsicht stattfinden! Ansonsten ist mit akuten Angstzuständen und Schockreaktionen zu rechnen.
Von Opfern und Tätern
Ich bin froh, einer Generation anzugehören, die noch mit der „Tätergeneration“ groß werden durfte. Mir war es somit möglich, einen direkten Blick auf diese „Nazis“ gehabt zu haben. Leider können nicht mehr viele Stellung zu solch infamen Vorwürfen beziehen – den „Angesprochenen“ bleibt es ohnehin verwehrt.
Jede Familiengeschichte kennt sie. Die Geschichte eines geliebten Menschen. Meine Familiengeschichte kennt sie. Die Geschichte eines geliebten Menschen. Eines geliebten Menschen, ohne Wiederkehr. Die kurze Geschichte eines Kindes vom Land, seiner Zeit und somit aus bescheidenen Verhältnissen: 17-jährig einberufen, in die Weiten Russland gesandt, mit 18 in fremder Erde begraben. Die Kurzgeschichte meines Onkels
Ihr bestimmt wer Opfer und Täter sein darf
Wenn ich dann in einem, diesem Denkmal gewidmeten Artikel lesen darf, dass sich „Die antifaschistische Bewegung für die Erinnerung an die Opfer des NS“ einsetzt, erscheint mir das wie der blanke Hohn. Auf eure Form der Erinnerung in schwarzem Sprühlack kann ich gerne verzichten. Aber ihr maßt euch ja die moralische Deutungshoheit an – ihr bestimmt wer Opfer und Täter sein darf.
Ich erinnere mich an die Beschreibung seiner Schwester, die ihn auf dem Bahnsteig unter Tränen verabschiedete und niemals wieder sah. Es gab keine Alternativen.
Und all ihr: ihr, die heutigen Westentaschen-Che-Guevaras, die rote und schwarze Fahnen schwingende Merkel-Jugend:
♦ Ihr wärt die letzten, die „Nein“ gesagt hätten.
♦ Ihr versteckt euch hinter dem Privileg der Nachgeborenen. Sich nie zu schade, moralisch den Zeigefinger zu erheben. Entweder ihr macht uns oder euch was vor. Wahrer Anstand, wahre Haltung, wahrer Mut … beginnt im Kleinen, im Alltag – davon sehe ich wenig.
♦ Ihr seid keine Revoluzzer, ihr seid keine Mahner, ihr seid nicht die Anständigen. Ihr seid die Mitläufer die jedes System braucht, ihr seid die, die Lenin die „nützlichen Idioten“ nannte.
♦ Ihr seid die geifernden, hetzenden, willfährigen Sargträger und Totengräber einer Kultur auf deren Schultern, in deren warmen, kuscheligen Höhlen ihr mit vollen Bäuchen groß werden durftet.
♦ Ihr habt nichts gelernt. Ihr folgt der gleichen Masche unter anderen Vorzeichen. Eines Tages werdet ihr vielleicht – wie viele unserer Ahnen sagen: Wie konnten wir nur?
Keine Opfer. Sondern Täter?
Ihr seid Opfer und Täter. Opfer „Erwachsener“, die ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag vernachlässigt, wenn nicht sogar verraten haben. Ihr habt es versäumt unserer Jugend ein positives Selbstbild und einen differenzierten Blick auf ihr Volk und ihre Geschichte zu vermitteln. Ihr habt genommen, aber nichts gegeben.
Artikel wie „Wozu Kriegerdenkmäler?“ (WN, 17.02.2018) stoßen darüber hinaus einen aus meiner Sicht künstlichen Diskurs an und bilden indirekt den Nährboden, sich mit seiner Geschichte derart kritisch „auseinanderzusetzen“. An einen Artikel gegen die allgemeine, medial oft geduldete, wenn nicht sogar wohlwollend begrüßte Diffamierung Andersdenkender als Nazis kann ich mich nicht erinnern.
Wessen Geistes Kind die neue Tätergeneration ist, wer hetzt, wer Hass schürt, wer zur Gewalt aufruft und anstachelt, kann man Sätzen wie dem folgenden entnehmen:
„Wir rufen dazu auf, bis zu diesem Termin [18. November – Anm. d. Verf.] möglichst viele der Betonklötze, Steinsoldaten, Eisernen Kreuze und Steelen mit Farbe anzugreifen oder gleich ganz zu zerstören, um den Schweinebanden ihre Feiern zu vermiesen!“ (so „Indymedia“ am 05.10.2018).
Mancher eurer Großväter würde über euch weinen
Wie steht es geschrieben? Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen. Dort wo man Figuren zerstört, zerstört man am Ende auch Menschen?
Offensichtlich brauchen Menschen ein Hassobjekt. Der Hass bleibt gleich, nur das Objekt ändert sich. Ihr liefert es: Deutschland, Heimat, die gefallenen Ahnen. Wenn wir das alles zerstört haben, ja dann, dann werden wir glücklich sein!
Eine Weisheit der Tätergeneration sei euch mit auf den Weg gegeben: Man wird nicht besser, indem man andere schlecht macht.
Ein Volk, ein Land, das keine Vergangenheit hat, hat auch keine Zukunft. Die Geschichte wird über euch richten und euch keine Träne nachweinen. Ich bin mir sicher: mancher eurer Großväter würde weinen …
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