(David Berger) Mit dem folgenden Beitrag eröffne ich eine neue PP-Rubrik. Sie stellt vergessene Kostbarkeiten aus dem Bereich der Kultur bzw. Kunst, Architektur, Literatur und Musik des Abendlandes vor. Dabei geht es – der Devise von PP getreu, das zu veröffentlichen, worüber andere schweigen – um Kulturschätze, die in den Mainstreammedien nicht vorkommen.
Nicht immer aus Bösartigkeit oder ideologischer Verblendung. Sondern oft einfach weil den Medienmachern der kulturelle Hintergrund oder die Entdeckerfreude des Schatzsuchers abhanden gekommen ist, manchmal sicher auch, dass sie den Lesern die Fähigkeit das Überraschende zu schätzen, nicht zuerkennen wollen.
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Und wir beginnen heute gleich mit etwas ganz Besonderem. Kurz nach Erscheinen meines kleinen Lobliedes auf Papst Pius XII meldete sich einer der PP-Leser, der in Berlin einen Antiquitätenhandel betreibt. Er habe seit Kurzem in seiner Sammlung etwas das mich interessieren könnte, sozusagen eine Reliquie des großen Papstes. Nichts wie hin, dachte ich und fuhr in die Suarezstrasse in Berlin Charlottenburg, die mehr als 60 Antiquitätenläden aufzuweisen hat.
Auf rotem Samt leuchtete in einer Vitrine eine Art christianiesierte Pyramide, mit Elfenbein und Halbedelsteinen besetzt und Goldbordüren beschlagen. Hinter dem eingelassenen Glasgenster so etwas, das ein Unkundiger für eine große weiße Hostie halten könnte.
Aber der Fachmann erkennt sofort an der Aufschrift: es handelt sich um den Pileolus Pius XII. Das ist jene nichtliturgische Kopfbedeckung des Papstes aus weißer Seide, die er – neben seiner weißen Soutane – im Alltag trägt. Bei gottesdienstlichen Feiern darüber die Mitra oder bis in die 60er Jahre die Tiara (Papstkrone).
Es gibt einen einzigen Anlass, bei dem jeder Geistliche den Pileolus abzunehmen hat, nämlich dann, wenn er Gott im Allerheiligsten gegenübertritt. Deshalb wird er auch „Soli Deo“ genannt (allein für Gott).
Einwickelt hat sich der Pileolus im 17. Jahrhundert aus einer wesentlich älteren klerikalen Kopfbedeckung, die auch den Hinterkopf und die Schläfen bedeckte und ursprünglich aus Kamelhaaren bestand. Daher hatte er seinen Namen „Camelaucum“. Weil aber das römische Prinzip keine Traditionsbrüche kennt, blieb neben dem Pileolus die nun Camauro genannte Kopfbedeckung weiter bestehen. Ab dem Spätmittelalter war sie im Sommer aus Seide, im Winter aus rotem Samt, der mit Hermelinpelz besetzt war.
Der Camauro erfuhr unter Papst Benedikt XVI.(Foto links, (c) Screenshot youtube) eine erstaunliche Renaissance. dass die kommentierenden Journalisten dachten, er habe sich als „Santa Claus“ verkleidet, bestätigte dabei alle Vorurteile, die man gegenüber dieser schreibenden Zunft derzeit ganz besonders intensiv pflegt.
Beigelegt findet sich eine eidesstattliche Erklärung eines Msgr. Karl Dambach aus Köln Lindenthal vom 21. August 1963, in der er drei Jahre vor seinem Tod – versichert, dass es sich bei dem Pileolus tatsächlich um die Scheitelkappe des inzwischen verewigten Heiligen Vaters Pius XII handelt, die dieser tatsächlich getragen hat. Er habe den Pileolus direkt von der ehrwürdigen Schwester Pascalina in Rom erhalten.
Tatsächlich war die deutsche Ordensschwester Pascalina die langjährige Haushälterin von Pius, die dieser nebst zwei Kanarienvögeln aus dem von ihm so sehr geschätzten Deutschland mitgebracht hatte. In ihrem Buch „Ich durfte ihm dienen“ beschreibt sie eindrucksvoll den Menschen, der hinter dem erhabenen Hohepriester steckte, als der er in öffentlichen Auftritten erschien.
Und auch Karl Dambach ist in dem Milieu der Freunde von Papstreliquien kein Unbekannter, auch wenn sein Hauptinteresse bei Pius X lag. Wiki AW weiß zu berichten: „Monsignore Karl Dambach (* 1888, †16. November 1966), ein Verehrer von Pius X. und bis 1960 Pfarrer an der St.-Mechtern-Kirche in Köln-Ehrenfeld, trug über Jahrzehnte Gegenstände aus dem Nachlass von Pius X. zusammen … Nach seiner Priesterweihe 1913 war er häufig nach Rom gereist, wo er Angehörige des kurz zuvor verstorbenen Papstes kennen lernte, die ihm später die Sammelstücke übergaben.“ (Foto: Die kath. Sonntagszeitung berichtete vom Zusammentreffen Pius XII mit Prinz Rainier von Monaco und dessen Gattin Grazia Patrizia – Grace Kelly)
Hierher erklärt sich auch die Verbindung zu Pius XII., der ebenfalls ein Verehrer seines Vorgängers Pius X. war, den er heiligsprach und damit den Sammelstücken von Dambach einen unerwarteten religiösen Wertzuwachs bescherte. Denn auf einmal waren sie „Berührunsgreliquien“.
Das ist der Pileolus Pius XII. noch nicht, aber die Preisvorstellungen des Händlers waren dennoch so hoch, dass die Spardose eines kleinen Bloggers und Pius XII-Fans nicht hinreichte, um die vergessene Kostbarkeit auf seinen Schreibtisch zu holen. Dass er nun wenigstens virtuell auf PP existiert, ist aber ein schöner Trost.
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Für die Freunde päpstlicher Bekleidung gibt es hier einen interessanten Zusammenschnitt:
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