Donnerstag, 21. November 2024

Wider die unverantwortliche Selbstaufgabe der Christen

Der russische Philosoph Iwan Iljin (1883-1954) ist im Westen immer noch wenig bekannt, obwohl er im Russland Wladimir Putins eine Renaissance der Rezeption erfahren hat. Er war ein unabhängiger Geist, wurde sechsmal von den Bolschewisten verhaftet, bevor er ausgewiesen wurde, nur um im Berliner Exil in Konflikt mit den Nationalsozialisten zu geraten, vor denen er in die Schweiz fliehen konnte.

Er war ein christlicher Denker, der von der Interpretation Hegels ausgehend besonders zur Rechtsphilosophie und politischen Ethik veröffentlichte. Dazu gehört auch seine berühmte Studie „Über den gewaltsamen Widerstand gegen das Böse“ (1925), mit der er den Kampf gegen die für die „Tragödie eines Volkes“ (Orlando Figes) verantwortliche kommunistische Ideologie unterstützen wollte und die nun endlich erstmals auf Deutsch erscheint.

Iljin argumentiert gegen die westliche Lehre vom gerechten Krieg, dass Gewaltanwendung manchmal „notwendig“, aber nie „gerecht“ ist. Dennoch kann es gelegentlich sein, dass zu kämpfen der einzige Weg ist, mit dem der Mensch seine Pflicht, dem Bösen zu widerstehen, erfüllen kann.

In solchen Fällen muss er es tun. Weil man aber immer wenigstens teilweise verantwortlich ist für die Situation, die Gewalt notwendig machte, muss man verstehen, dass das Handeln zwar notwendig, aber ungerecht ist. Ohne sich vor seiner Verantwortung zu drücken, muss der Kämpfer seiner Schuld ins Auge sehen, weil nur das verhindert, dass der Krieg sein seelisches Gleichgewicht unterminiert.

Iljin liefert mit seiner anspruchsvollen Gewaltethik vor allem Christen, die zu unverantwortlicher Selbstaufgabe neigen und einem sentimentalen Pazifismus frönen, der aber nur Verrat an den Schwachen und Teilnahme am Bösen ist, eine über die bloße Selbstverteidigung hinausgehende Begründung für den gewaltsamen Widerstand gegen das Böse.

buchcoverIljin hilft durch die Exaktheit seiner Untersuchung, auch heute unter den neuen Bedrohungen das Böse zu erkennen, gegen das tatkräftig aufgetreten werden muss.

Prof. Iwan Iljin: Über den gewaltsamen Widerstand gegen das Böse. Herausgegeben und mit einem Vorwort von Prof. Adorján Kovács. Aus dem Russischen übersetzt von Sascha Rudenko. 424 Seiten. Hardcover, Fadenbindung

Das Buch kann hier bestellt werden: Edition Hagia Sophia

David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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