(David Berger) Die „Unwort“-Jury bleibt ihrer Tradition treu. Auch in diesem Jahr hatte sie ihr Spürnase wieder genau dort, wo das unausgesprochene Denken des „Volkes“ fröhlich Urständ feiert und versucht , die Menschen in Deutschland bedrängende Probleme mit einem häufig derben Wort auf den Punkt zu bringen.
Das ging schon im Jahr 2014 los, als „Lügenpresse“ zum „Unwort des Jahres“ gewählt wurde und setzte sich 2015 fort, als kurz nach der Kölner Silvesternacht und den Reaktionen deutschen Politiker und der Medien auf die Geschehnisse „Gutmensch“ als „Unwort“ fungierte.
Das „Unwort des Jahres 2016“ ist nun „Volksverräter“. Das gab eine Nina Janich, die als Sprecherin der „Unwort“-Jury fungiert, in Darmstadt soeben bekannt.
Damit hat diesmal erneut ein angebliches „Nazi“-Wort Karriere gemacht, das den Glaubwürdigkeitsverlust der Politiker in ähnlich brutaler, undiplomatischer Weise zum Ausdruck bringt, wie „Gutmensch“ und „Lügenpresse“ den Glaubwürdigkeitsverlust der Mainstreammedien.
Anlass dafür dürften die auf Demonstrationen gegen Merkel und ihre Regierung immer häufiger fallenden Rufe „Volksverräter“ gewesen sein.
Es bleibt abzuwarten, ob sich 2017 eine ähnliche Entwicklung abzeichnet, wie bei den beiden anderen Unworten: Kaum war „Lügenpresse“ zum Unwort erkoren bemühten sich die großen Medien verstärkt, dieses Vorurteil zu bestätigen.
Ähnlich beim Wort „Gutmensch“: Vor nicht allzu langer Zeit übernahm eine Sprüher-Aktion das Wort und bekannte sich stolz dazu, auch „Gutmensch“ zu sein. Unter ihnen Kardinal Woelki aus Köln.
Erwarten uns nun im kommenden Jahr Politiker, die mit Spraydosen auf den Bundestag sprühen: „Wir sind gerne Volksverräter“?
Einen Anfang haben ja bereits jene Bundestagsabgeordnete gemacht, die schonmal bei Demos hinter Plakaten herlaufen, auf denen „Deutschland verrecke!“ zu lesen ist.
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