Ein Gastbeitrag von Jürgen Fritz
A. Der ethische Subjektivist sagt: „Ich persönlich finde, Frauen vor den Augen ihrer festgebundenen Männer vergewaltigen, den Männern dann die Genitalien abschneiden und in den Mund stecken, beiden anschließend die Augen auszustechen, sie dann zu erschießen oder gar den Kopf abzuschneiden (Bataclan im 1. OG, Saint-Étienne-du-Rouvray …), nicht gut. Aber das ist nur meine individuelle persönliche Meinung. Mehr nicht.
Ich bin ein sehr kluger, toleranter und freiheitsliebender Mensch und sehr stolz darauf, erkannt zu haben, dass es keine verbindlichen Normen und Regeln gibt, keinerlei Objektivität, schon gar nicht im moralischen Bereich, dass all dies rein subjektive Einschätzungen sind, ohne jeden Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Ich bin nämlich viel weiter als andere, die an solches noch glauben, und möchte meinen Mitmenschen keine Vorschriften machen. Ich maße mir nicht an, über andere moralisch zu urteilen und möchte von anderen auch nicht beurteilt werden.“
Der ethische Relativist sagt: „In unserer Gesellschaft vergewaltigen wir keine Frauen vor den Augen ihrer Männer, schneiden diesen nicht die Genitalien ab und stecken sie ihnen in den Mund usw. Das hängt aber nur damit zusammen, weil dies nicht unseren aktuellen kollektiven Gepflogenheiten entspricht. Andere Kulturen haben (bzw. hatten) eben ihre eigenen Moralvorstellungen, die vollkommen differieren, ja, sogar den unseren diametral entgegengesetzt sein können. Das geht uns a) nichts an und b) gibt es hier kein besser und kein schlechter, weil es keinen objektiven Maßstab gibt. Wenn andere Kulturen solche aus unserer Sicht zutiefst grausame und unmenschliche Handlungen mehrheitlich legitim finden, dann ist das völlig in Ordnung und genau so richtig wie unsere Moralvorstellung.
Demokratie heißt im übrigen, die Mehrheit bestimmt. Und was immer sie festlegt, ist dann auch moralisch richtig, ganz egal, was dabei herauskommt, wobei das Gutfinden der Demokratie natürlich auch wieder relativ ist. Andere Kulturen finden sie vielleicht gerade schlecht und das ist dann genauso richtig. Denn es gibt ja keine objektive moralische Wahrheit. Wenn also im Dritten Reich nach entsprechender jahrelanger Indoktrination die Menschen demokratisch mehrheitlich dafür gestimmt hätten, alle Juden, Behinderten, Zigeuner, Schwule etc. auf brutale Weise umzubringen, dann wäre das moralisch nicht verwerflich gewesen, weil es ja keine moralische Wahrheit gibt. Wir dürfen hier nicht den Fehler begehen, unsere Vorstellungen anderen aufoktroyieren zu wollen oder sie auch nur als allgemeinverbindlich anzusehen. Alles ist immer nur von relativer Gültigkeit, was man im übrigen ja daran erkennt, dass die Wert- und Moralvorstellungen sich im Laufe der Zeit immer wieder ändern.“
Der ethische Objektivist sagt: „Es gibt objektive moralische Wahrheiten und diese kann der Mensch grundsätzlich auch erkennen (Kognitivismus). Das heißt, es gibt so etwas wie moralische Erkenntnis, sei es, 1. dass diese a) mittels der Ratio oder b) über einen inneren moralischen Sinn intuitiv als objektive Entitäten der Wirklichkeit entdeckt und erkannt werden (ethischer Realismus) oder aber 2. nach objektiven Regeln entwickelt (Konstruktivismus). Frauen vor den Augen ihrer Männer zu vergewaltigen, Letzteren dann die Genitalien abschneiden und in den Mund zu stecken usw., ist objektiv verwerflich und das kann ein Mensch, wenn er nicht völlig verblendet ist und einen Zugang zu seinem inneren moralischen Sinn hat respektive zu den objektiven ethischen Entitäten, auch erkennen.
Dabei hat die Verwerflichkeit nichts mit rein subjektiven oder rein gesellschaftlichen und historischen Bedingtheiten zu tun. Solche Handlungen sind in Gesellschaft A, B, C … Z verwerflich. Das waren sie immer und werden sie auch immer sein, unabhängig davon, ob die Menschen dies immer auch alle oder mehrheitlich tatsächlich erkennen. Ja, solche Handlungen wären sogar dann objektiv verwerflich, wenn dies zu einer bestimmten Zeit weltweit kein einziger Mensch erkennen würde, so wie die Erde auch damals schon eine Kugelform hatte, als dies noch kein einziger Mensch entdeckt hatte.“
Der Islamist (radikaler Muslim) sagt: „Weil du ein Ungläubiger, weil du kein Muslim bist und nicht an Allah und seinen Propheten Mohammed glaubst, werde ich jetzt deine Frau vor deinen Augen vergewaltigen und dir anschließend deine Genitalien …“
B. Moral – Ethik – Metaethik
Subjektivisten, Relativsten und Objektivisten vertreten unterschiedliche metaethische Positionen. Was ist damit gemeint und was ist der Unterschied zwischen Moral, Ethik und Metaethik?
Unter Moral versteht man a) ein Normensystem (Werturteilssystem), welches sich b) auf menschliches Handeln bezieht und welches c) im Gegensatz zu rein subjektiven Geschmacksurteilen, Konventionen (z.B. Tischsitten) und Bräuchen (Konventionen mit längerer Tradition) einen kategorischen Anspruch auf unbedingte Gültigkeit erhebt.
Beispiele für moralische Normen: 1. Du sollst nicht morden. 2. Gib keine Versprechen, in der Absicht, sie nicht zu halten. 3. Quäle nicht unnötig fühlende Wesen. Auch Tiere nicht. 4. Versuche deine Sichtweise nicht mit Gewalt oder Einschüchterung durchzusetzen. 5. Verhindere nicht die Erforschung der Wahrheit nur aus Angst, sie könnte deine Weltanschauung in Frage stellen oder zerstören. 6. Du sollst Menschen nicht auf Grund ihres Geschlechts, ohne jeden sachlichen Grund systematisch benachteiligen. 7. Verbiete anderen nicht bei Androhung von Gewalt oder durch Einschüchterung, deine Weltsicht zu kritisieren. 8. Diskriminiere nicht Menschen auf Grund anderer spekulativer metaphysischer Vorstellungen und bedrohe sie nicht mit dem Tode, wenn sie sich von den von dir präferierten Vorstellungen abwenden. 9. Foltere niemanden und peitsche niemanden öffentlich aus. Verstümmle niemanden. Hacke niemandem die Gliedmaßen ab und steche niemandem die Augen aus. 10. Du sollst kleine Kinder nicht an ihren Genitalien verstümmeln und Kinder nicht sexuell missbrauchen, auch nicht wenn du sie anschließend oder vorher heiratest.
All dies sind Normen, die nicht nur für bestimmte Personen gelten sollen, sondern für alle. Und zwar immer und überall und unabhängig von persönlichen Zielen, die man gerade verfolgt. Dies ist ein gravierender Unterschied zu rein persönlichen Geschmacksurteilen oder zu bloßen Konventionen, Sitten und Bräuchen, die keine unbedingte Gültigkeit beanspruchen. Wenn jemand sagt, er findet, man solle nicht morden und Versprechen wenn möglich nicht brechen, dann meint er normalerweise nicht, dass nur er sich aus persönlichen Vorlieben dafür entschieden hat, dies nicht zu tun, und es ihm egal ist, was andere diesbezüglich machen, sondern er meint, dass er es gut fände, wenn alle sich an diese Normen hielten, dass er dies geradezu erwartet. Genau das macht die Moralität der Norm aus.
Dabei haben verschiedene Gesellschaften und Kulturen unterschiedliche solche Norm- und Werturteilssysteme, also differierende Moralen. Und die Moralvorstellungen innerhalb einer Gesellschaft, die zum Teil in Gesetzen kodifiziert werden, insbesondere im Strafrecht, verändern sich im Laufe der Zeit, meist aber nicht in ihrer Essenz. Was ist nun aber der Unterschied zur Ethik? Sind das nicht nur verschiedene Worte für dasselbe?
Ethik ist die (wissenschaftliche) Reflexion von Moral. Die Ethik, begründet vor allem von Sokrates, Platon und Aristoteles, ist unter anderem eine Teildisziplin der Philosophie, wird auch Moralphilosophie genannt. Normative Ethik überprüft moralische Urteile und fragt nach der Legitimität dieser, nach ihrer argumentativen Haltbarkeit und Schlüssigkeit. Sie kann eine Moral rechtfertigen, sie aber auch als unhaltbar verwerfen.
Während also der Gegenstandsbereich der Moral menschliches Handeln ist, ist der Gegenstandsbereich der Ethik das moralische Urteilen über menschliches Handeln. Man kann an wissenschaftlichen Hochschulen nicht eine Moral studieren, so wie man dort nicht die Psyche eines Menschen oder Gesellschaft studieren kann, aber man kann Moralphilosophie, Psychologie und Soziologie studieren, Fächer also, die allgemein Moralen, die die Psyche von Menschen und gesellschaftliche Mechanismen untersuchen. Man wird dann aber hoffentlich kein Psychopath, der psychische Probleme hat (soll es auch geben ;-)), sondern ein Psychologe, der sich mit psychologischen Problemen beschäftigt, z.B. der Frage, wie Versagensängste entstehen.
Eine typisch ethische Frage wäre: Warum soll man kein Versprechen geben, in der Absicht, es zu brechen? Oder: Warum soll man kleine Kinder sexuell nicht missbrauchen? Warum ist das verwerflich? Wie kann das rational begründet werden? Der Ethik-Begriff wird, da die meisten nicht wissen, was Moralphilosophie ist, fast durch die Bank falsch verwendet und meist mit Moral vermengt, so dass der Unterschied kaum noch einem auffällt.
Metaethik wiederum untersucht nicht Handlungen von Menschen und auch nicht einzelne Moralen, sondern reflektiert nochmals eine Ebene höher die Ethik.
Sie fragt zum Beispiel: Was bedeutet das Wort „gut“ überhaupt (Sprachanalyse)? Welche unterschiedliche Wortbedeutungen von „gut“ gibt es (ein gutes Messer, eine gute Idee, eine gute Ausstellung, ein guter Tag, ein gutes Leben, ein guter Mensch/Charakter – rein instrumentelle Nützlichkeitswerte, eigenständige Werte, moralische Werte)?
Oder sie fragt: Handelt es sich bei moralischen Urteilen (Werturteile) a) um rein subjektive Geschmacksurteile, um Gefühlskundgebungen oder können sie b) einen gültigen Wahrheitsanspruch erheben? Die oben dargestellten Positionen – Subjektivismus, Relativismus und Objektivismus – sind sogenannte metaethische Positionen.
Es sind übrigens nahezu alle modernen Moralphilosophen keine Subjektivisten und keine Relativisten, sondern Objektivisten. Fast alle glauben also, dass es moralische Wahrheiten gibt, die man auch erkennen kann (Kognitivismus). Und sie führen dafür sehr überzeugende Argumente ins Feld. Seltsamerweise kommt dies seit Jahrzehnten in der Öffentlichkeit nicht an, soll vielleicht auch nicht ankommen.
Genau dieser Umstand spielt wiederum einer anderen Moral in die Hände, weil somit nichts vorhanden ist, was ihr entgegengesetzt werden kann, da für Subjektivisten und Relativisten ja alles irgendwie okay und alles gleichwertig ist, oftmals sogar eine starke Tendenz vorhanden zu sein scheint, das Fremde a priori höher zu bewerten als das Eigene, nur weil es fremd ist, was natürlich ein völlig unsinniges, ja, geradezu gefährliches, selbstzerstörerisches Prinzip darstellt.
C. Welche Moral leitet sich direkt aus dem Koran ab?
Der Koran gilt Muslimen als „heiliges Buch“, welches nach islamischer Lehre im Gegensatz zur Bibel durch Verbalinspiration zustande gekommen sein soll, indem Allah über einen Engel Mohammed, dem (vorgeblichen) Religionsstifter, genau diese Worte zugekommen haben lassen soll, die dann später schriftlich fixiert worden seien, wobei diese Schrift im Gegensatz zur Bibel für sich selbst beansprucht, Wort für Wort dem Originalkoran zu entsprechen, welcher im Himmel bei Allah liegen soll. So die Behauptungen der islamischen Lehre, die nicht angezweifelt werden dürfen, da man sich ansonsten der Blasphemie schuldig macht.
Hier nur einige von unzähligen zur Gewalt gegen Nichtmuslime aufrufenden Verse, die eine höchst fragwürdige Moral begründen, um es sehr vorsichtig zu formulieren:
Sure 2, 191: “Und erschlagt sie (die Ungläubigen), wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben; denn Verführung (zum Unglauben) ist schlimmer als Totschlag …” – Aufruf zum Morden
Sure 4, 74: “Und so soll kämpfen in Allahs Weg, wer das irdische Leben verkauft für das Jenseits. Und wer da kämpft in Allahs Weg, falle er oder siege er, wahrlich dem geben wir gewaltigen Lohn.” – Versprechen von Belohnung für das Morden
Sure 4, 89: “Sie wünschen, dass ihr ungläubig werdet, wie sie ungläubig sind, und dass ihr ihnen gleich seid. Nehmet aber keinen von ihnen zum Freund, ehe sie nicht auswanderten in Allahs Weg. Und so sie den Rücken kehren, so ergreifet sie und schlagt sie tot, wo immer ihr sie findet; und nehmet keinen von ihnen zum Freund oder Helfer.” – Immunisierungsstrategie gegen Kritik und Verteufelung von Andersdenkenden sowie Aufruf zum Mord
Sure 8, 39: “Und kämpfet wider sie (die Ungläubigen), bis kein Bürgerkrieg mehr ist und bis alles an Allah glaubt …” – Benennung des Endziels
Sure 47, 4: „Und wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann herunter mit dem Haupt, bis ihr ein Gemetzel unter ihnen angerichtet habt …“ – Aufruf zum Massaker
Fazit: Wer weder auf die Ratio noch auf seinen inneren moralischen Sinn, nicht auf seine Intuition vertraut, sondern tatsächlich bereit ist, diese Schrift als moralische Autorität zu akzeptieren, der fühlt sich leicht nicht nur legitimiert, solch unfassbar grausame, unmenschliche, verwerfliche Taten zu begehen, sondern geradezu moralisch verpflichtet, weil es ja die in seiner Vorstellung höchste Autorität persönlich angeordnet hat und er hierfür sogar die höchstmögliche Belohnung in Aussicht gestellt, ja, sogar versprochen bekommt.
Der ethische Objektivist dürfte hier wohl nicht wenig geneigt sein, von einer geradezu perfiden Moral zu sprechen. Der Relativist und der Subjektivist sind dazu freilich nicht fähig.
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Literaturempfehlungen
Jürgen Fritz: „Wir werden immer mehr und beanspruchen Deutschland für uns“ in JÜDISCHE RUNDSCHAU
Abitur-Wissen Ethik – Philosophische Ethik von Gebauer, Kreis, Moisel
Dietmar Hübner: Einführung in die philosophische Ethik
William K. Frankena: Ethik – Eine analytische Einführung
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Zum Autor: Jürgen Fritz studierte Philosophie (Schwerpunkte: Erkenntnistheorie und Ethik), Erziehungswissenschaft, Mathematik, Physik und Geschichte (Lehramt). Für seine philosophische Abschlussarbeit wurde er mit dem Michael-Raubal-Preis für hervorragende wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet. Inzwischen ist er als freier Autor tätig.
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Wer die metaethischen Fragen ein wenig vertiefen möchte, besonders ab Minute 20:18 sehr hörenswert: Prof. Dr. Dietmar Hübner, Vorlesung „Einführung in die praktische Philosophie“
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