Die langjährige ehemalige CDU-Politikerin Erika Steinbach kennt Alexander Gauland schon länger als die meisten, die nun über ihn schreiben. Ob gut oder schlecht. Für PP hat sie im Gespräch mit David Berger zu wichtigen Punkten der Debatte Stellung genommen:
David Berger: Frau Steinbach, die Äußerungen „Vogelschiss“-Gaulands haben zu einem regelrechten Shitstorm der Mainstreammedien gegen den AfD-Politiker geführt. da man die von allen zitierte Passage als Relativierung der Verbrechen des Nationalsozialismus verstehen kann. Das ist doch irgendwie auch verständlich oder?
Erika Steinbach: Als ich die Nachrichten und Kommentare zu Alexander Gaulands Formulierung „Vogelschiss“ las, war ich gelinde gesagt irritiert und fand sie nicht nur völlig daneben, sondern habe sie auch als Relativierung der entsetzlichen NS-Zeit verstanden, ja aufgrund der Berichte verstehen müssen.
Seit geraumer Zeit versuche ich aber immer, mir die Originaltexte bei inkriminierenden Überschriften und Berichten zu beschaffen. So auch in diesem Fall.
Erschüttert habe ich festgestellt, dass nichts von dem was Gauland unterstellt wurde, zu belegen ist. Im Gegenteil.
In seiner Rede beschreibt Gauland knapp unsere mehr als tausendjährige deutsche Geschichte. Er macht dabei am Beispiel des jüdischen Chronisten Kantorowicz deutlich, dass von Anbeginn an Juden Teil unserer Geschichte sind.
Dazu sagte er wörtlich:
„….denken wir immer daran, dass ein deutscher Jude, Ernst Kantorowicz, den Ruhm des Stauferkaisers beschrieben hat. Nein, der Islam gehört nicht zu uns. Unsere Vorfahren haben ihn 1683 vor Wien besiegt. Aber das deutsche Judentum von Ballin und Bleichröder über Rathenau und Kantorowicz war Teil einer deutschen Heldengeschichte, die Hitler vernichten wollte.“
Und fügte an
„uns muss man nicht vom Unwert des Nationalsozialismus überzeugen.“
Ich kann mir allerdings vorstellen, dass seine Aussage zum Islam einer der nicht genannten Gründe war, sich so auf den Vorsitzenden der AfD zu stürzen.
David Berger: Aber dennoch bleibt doch die Tatsache, dass Gauland die Bedeutung eines Ereignisses an dessen bloßen Zeitumfang fest macht. Dann wäre der Einzug der AfD in den Bundestag noch weniger als ein „Vogelschiss“ in der Jahrtausende umfassenden Geschichte Deutschlands. Ist das nicht ein völlig verfehlter, weil komplett von Inhalten absehender Zugang zur Geschichte?
Erika Steinbach: Er bekannte sich deutlich mit seinem Satz…
Ja, wir bekennen uns zu unserer Verantwortung für die 12 Jahre“.
Wer aber auch immer den Bogen über einen solch langen Zeitraum spannt, kommt nicht umhin zu sehen, dass diese zwölf Jahre eben nur ein winziger Bruchteil, wenn auch ein schrecklicher, im Verlaufe unserer deutschen Geschichte gewesen sind.
Die Bezeichnung Vogelschiss, etwas ziemlich Ekelhaftes, ist sicher nicht die treffendste Formulierung dafür. An keiner Stelle kann aber aus seiner Rede Antisemitismus, Herausstehlen aus der historischen Verantwortung und Relativierung heraus gelesen werden. Daraus das zu konstruieren, was landauf, landab nahezu unisono getitelt und kommentiert wurde, halte ich schlichtweg für gezielten Rufmord.
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