Vom Missbrauch zur Rückbesinnung auf das Erbe der Philosophen. Gastbeitrag von Kevin Eßer.
Es gibt Worte, die wirken wie verbotene Räume. Man betritt sie nicht, man spricht sie nicht aus, man denkt sie nur flüchtig und auch das mit Vorsicht. Völkisch ist ein solches Wort. Es steht da wie ein Schandmal auf dem Boden der Sprache. Verbrannt. Entstellt. Vergiftet. Und doch war es nicht immer so.
Die Herkunft ist so schlicht wie eindeutig. Völkisch stammt direkt vom mittelhochdeutschen volkisch ab und bedeutet zum Volk gehörig, das Volk betreffend. Es ist das sprachliche Gegenstück zum Französischen populaire oder zum Englischen folkish. Es beschreibt eine kulturelle, emotionale, identitätsstiftende Verbindung – keine politische. Es ist ein Wort der Herkunft, nicht der Herrschaft.
Gerade weil Deutschland historisch nicht als einheitlicher Nationalstaat entstand, sondern aus einem Mosaik von Stämmen, Regionen und Kulturvölkern gewachsen ist, wurde der Begriff des „Volkes“ nie bloß staatsrechtlich verstanden. Er war immer mehr geschichtlich, sprachlich, seelisch, kulturell. Bayern, Sachsen, Pommern, Schlesier, Friesen, Siebenbürger – sie alle waren Teil eines größeren Zusammenhangs, der nicht durch Macht, sondern durch Herkunft, Sprache und Erfahrung verbunden war und auch bis heute noch Bestand hat.
Völkisch war damit kein Begriff der Trennung, sondern der Zusammenführung. Es war die kulturelle Antwort auf die Frage, wie man Unterschiedliches als Eigenes begreifen kann. Ein Wort, das die Vielfalt unter einem Dach vereint ohne sie aufzulösen.
Bevor Ideologien das Wort in ihre Gewalt nahmen, bedeutete völkisch nichts anderes als das, was es aus sich selbst heraus ist. Dem Volk zugehörig. Aus dem Volk stammend. Dem Eigenen verpflichtet. Es war eine kulturelle, manchmal spirituelle, in jedem Fall aber identitätsbezogene Beschreibung von Zugehörigkeit. Es war das Gegenteil von abstrakter Konstruktion. Es war organisch, gewachsen, historisch. Es meinte Verwurzelung, nicht Abgrenzung. Gemeinschaft, nicht Kampf. Identität, nicht Ideologie.
Erst der politische Missbrauch im 20. Jahrhundert hat das Wort verzerrt.
Nationalsozialistische Propaganda machte aus dem völkischen Gedanken einen rassistischen, totalitären Wahn. Was ursprünglich Heimat meinte, wurde zur Waffe. Was Gemeinschaft meinte, wurde zur Ausgrenzung. Und damit war das Wort nicht mehr das, was es war, sondern nur noch das, was man aus ihm gemacht hatte.
Doch Sprache ist kein ewiges Gefängnis. Sie ist lebendig. Sie kann missbraucht werden, aber sie kann auch zurückgeholt werden. Und genau das ist nötig.
Denn wer sich weigert, Worte zu verwenden, überlässt sie jenen, die sie pervertieren. Wer aus Angst vor Missverständnissen schweigt, lässt zu, dass andere definieren, was gesagt werden darf. Und wer das Eigene meidet, weil es angegriffen wurde, überlässt seine Identität dem Feind.
Völkisch heißt nicht völkermörderisch. Es heißt auch nicht rassisch. Es heißt nicht rechtsradikal oder totalitär. Es heißt dem Volk verbunden. Der Kultur verpflichtet. Der Geschichte bewusst. Es ist kein Machtwort, sondern ein Herkunftswort.
Auch das heutige Grundgesetz kennt diesen Gedanken. Dabei ist es nicht irgendeine Verfassung. Es ist in seiner Entstehung zutiefst bewusst völkisch, nicht rassistisch, aber klar volkbezogen. Artikel 116 unterscheidet nicht nur zwischen Staatsbürgern und Volkszugehörigen, sondern erkennt ausdrücklich an, dass es ein deutsches Volk gibt, das sich auch jenseits formaler Grenzen in seiner Herkunft, Geschichte und Gemeinschaft definiert. Diese Formulierung war kein Zufall. Sie war das bewusste Bekenntnis zu einem Verständnis von Identität, das über den Pass hinausgeht.
Wer heute so tut, als sei das Völkische eine gefährliche Erfindung radikaler Ränder, verdrängt, dass unsere eigene Verfassungsordnung genau diese Dimension bis heute anerkennt. Nicht als Drohung. Sondern als Wirklichkeit.
Jedes andere Volk dieser Welt darf von sich sagen, es sei stolz auf seine Wurzeln, auf seine Kultur, auf seine Sprache. Die Franzosen dürfen republikanisch sein und gleichzeitig französisch bis in die Tiefe. Die Polen dürfen katholisch, konservativ, patriotisch sein und niemand stellt das infrage. Nur wir Deutsche sollen uns für das, was wir sind, schämen, wenn wir es benennen. Nur bei uns gilt das Wort Volk als Verdacht.
Doch genau das ist politisch gewollt. Sozialistische, kommunistische und globalistische Kräfte in Deutschland haben längst erkannt, dass das Wort völkisch mehr ist als nur ein Begriff. Es ist ein symbolisches Bollwerk gegen ihre Ideologie der Entgrenzung. Deshalb wird es gezielt diffamiert. Wer völkisch sagt, soll automatisch verdächtig sein. Wer von Identität spricht, soll als Rückschritt gelten. So bereitet man ideologisch den Boden für eine Welt ohne Nation, ohne Kultur, ohne Bindung. Für eine Agenda, die sich selbst nicht mehr legitimieren kann und deshalb alles zerstört, was sich selbst genügt.
Die sogenannte Agenda 2030, die unter dem Deckmantel von Nachhaltigkeit, Diversität und globaler Verantwortung operiert, zielt auf genau das. Auf die Auflösung gewachsener Völker in einer technokratisch gesteuerten Einheitsgesellschaft ohne Geschichte und Herkunft. No Border, No Nation ist kein Slogan von Utopisten. Es ist längst politische Realität. Und dafür muss das Völkische zuerst aus der Sprache getilgt werden.
Doch gerade in einer Zeit, in der Identität zersetzt, Tradition diffamiert und Heimat systematisch entwertet wird, braucht es Rückbindung. Es braucht das Völkische. Nicht im Sinne des Missbrauchs, sondern im Sinne des Ursprungs. Es braucht das Wort zurück in seiner Würde, nicht in seiner Entstellung.
Wir brauchen nicht weniger Verbindung zum Eigenen, wir brauchen mehr. Nicht, weil wir besser wären als andere. Sondern weil wir uns verloren haben. Weil wir aufhören, uns zu definieren. Weil wir zulassen, dass Worte wie völkisch nur noch im Munde derer vorkommen, die es entweder hassen oder missbrauchen.
Die Rückgewinnung dieses Wortes ist kein sprachliches Detail. Sie ist ein kultureller Akt. Ein Akt der Selbstbehauptung. Denn Sprache ist Denken. Und wer uns die Worte nimmt, nimmt uns die Kategorien. Wer uns das Völkische nimmt, nimmt uns die Möglichkeit, uns aus der Tiefe zu beschreiben.
Natürlich muss man dieses Wort mit Vorsicht benutzen. Natürlich muss man es erklären. Natürlich darf man nicht zulassen, dass alte Geister zurückkehren. Aber gerade deshalb dürfen wir nicht zulassen, dass neue Ideologen bestimmen, was gesagt werden darf. Der eine Totalitarismus missbraucht das Wort. Der andere verbietet es.
Beides aber hat dasselbe Ziel. Das Volk von sich selbst zu trennen.
Es ist Zeit, sich dieses Wort zurückzuholen. Nicht trotzig. Nicht laut. Sondern bewusst, klar, ruhig. Wer heute sagt, dass er sich als völkisch versteht – im Sinne der kulturellen Zugehörigkeit, der geschichtlichen Verantwortung, der organischen Identität – der darf das tun. Er ist kein Nationalist. Kein Radikaler. Kein Reaktionär. Er ist jemand, der weiß, woher er kommt und wohin er gehört.
Wir dürfen dieses Wort nicht den Gegnern überlassen. Nicht den alten und nicht den neuen. Denn wer das Völkische aus der Sprache vertreibt, vertreibt am Ende das Volk aus sich selbst.
Worte sind Macht. Wer das Völkische verteidigt, verteidigt nicht die Vergangenheit, sondern das Recht, in Zukunft noch jemand zu sein.
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Der Beitrag erschien zuerst auf dem empfehlenswerten X-Account des Autors.
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