Donnerstag, 21. November 2024

Fest der Gnade: Papst Franziskus eröffnet mit Christmette die Weihnachtsfeierlichkeiten

(David Berger) Mit tausenden Gläubigen hat Papst Franziskus die Christmette im  Petersdom gefeiert. In den Mittelpunkt seiner Predigt stellte er die Gnade Gottes, die in der Fleischwerdung des Ewigen Wortes sichtbar geworden ist.

„Lasse ich mich von Gott lieben? Überlasse ich mich ganz seiner Liebe, die kommt, um mich zu retten?“ Das sei die zentrale Frage von Weihnachten, so Papst Franziskus in seiner Predigt zur Christmette, die bereits um 21.30 begonnen hatte.

Im Beisein zahlreicher Kardinäle, weiterer hoher kirchlicher Würdenträgern, den Vertretern der Kurie, des römischen Adels  und des diplomatischen Korps, wurde in der Krippenandacht vom Papst in einer Prozession  eine Christkindfigur zur vor der Confessio platzierten Krippe gebracht. Kinder u.a. aus Italien, Venezuela, Kenia, Uganda und von den Philippinen sowie  dem Irak brachten Blumen zur Krippe.

In Jesus hat sich der Höchste klein gemacht, um von uns geliebt zu werden

Die Gnade sei wie die göttliche Liebe, so der Papst in seiner Ansprache, die Liebe, die das Leben verwandelt, die Geschichte erneuert, vom Bösen befreit, Frieden und Freude einflößt: „Heute Nacht hat sich uns die Liebe Gottes gezeigt: Sie ist Jesus. In Jesus hat sich der Höchste klein gemacht, um von uns geliebt zu werden. In Jesus hat sich Gott zum Kind gemacht, um sich von uns umarmen zu lassen. Aber, so können wir uns fragen, warum nennt der heilige Paulus das Kommen Gottes in die Welt „Gnade“? Um uns zu sagen, dass es vollständig ungeschuldet ist. Während hier auf Erden alles der Logik des Gebens um das Habens willen zu folgen scheint, kommt Gott „gratis“. Seine Liebe ist nicht verhandelbar: Wir haben nichts getan, um sie zu verdienen und werden es ihm nie lohnen können.

Die Gnade Gottes ist erschienen. Heute Nacht werden wir uns bewusst, dass, als wir nicht auf der Höhe waren, er sich für uns klein gemacht hat; als wir unsere Wege gingen, ist er unter uns gekommen. Weihnachten erinnert uns, dass Gott fortfährt, jeden Menschen zu lieben, auch den schlimmsten. Zu dir, zu mir, zu jedem von uns sagt er: „Ich liebe dich und ich werde dich immer lieben, du bist in meinen Augen kostbar“. Gott liebt dich nicht, weil du richtig denkst und dich gut benimmst; er liebt dich und fertig. Seine Liebe ist bedingungslos, sie hängt nicht von dir ab. Du kannst falsche Vorstellungen haben, du kannst alles Mögliche angestellt haben, aber der Herr verzichtet nicht darauf, dich zu lieben.

In unseren Sünden fährt er fort, uns zu lieben

Wie oft denken wir, dass Gott gut ist, wenn wir gut sind, und dass er uns straft, wenn wir böse sind. So ist es nicht. In unseren Sünden fährt er fort, uns zu lieben. Seine Liebe ändert sich nicht, sie ist nicht nachtragend; sie ist treu, sie ist geduldig. Das ist das Geschenk, das wir an Weihnachten finden: Wir entdecken mit Staunen, dass der Herr die größtmögliche Unentgeltlichkeit, die größtmögliche Zärtlichkeit ist. Seine Herrlichkeit blendet uns nicht, seine Gegenwart erschrickt uns nicht. Er wird arm an allem geboren, um uns mit dem Reichtum seiner Liebe zu gewinnen.“

Jesus habe uns heute Nacht gezeigt, dass er  die Geschichte nicht dadurch geändert habe, dass er jemanden gezwungen hat oder durch Worte unter Druck gesetzt hat, sondern mit der Gabe seines Lebens. Er habe nicht abgewartet, dass wir gut würden, um uns zu lieben, sondern er habe sich unentgeltlich für uns hingegeben: „Warten auch wir nicht darauf, dass der Nächste rechtschaffen wird, um ihm Gutes zu tun, dass die Kirche vollkommen sei, um sie zu lieben, dass die anderen dafür, dass wir ihnen dienen, uns achten. Fangen wir an. Dies ist es, die Gabe der Gnade anzunehmen. Und die Heiligkeit ist nichts anderes, als diese Unentgeltlichkeit zu bewahren.“

Und sie legte Jesus in seine Hände

Der Papst schloss seine Predigt mit einer alten Legende, die erzählt dass bei der Geburt Jesu die Hirten mit verschiedenen Gaben zur Grotte eilten:

„Jeder brachte, was er hatte, die einen die Früchte ihrer Arbeit, die anderen etwas Wertvolles. Während sich alle in Großzügigkeit überschlugen, gab es jedoch einen Hirten, der nichts hatte. Er war sehr arm, er hatte nichts, was er geben konnte. Während alle in der Übergabe der Geschenke wetteiferten, blieb er abseits und schämte sich. Doch dann waren der heilige Josef und die Gottesmutter in Schwierigkeiten, alle Gaben anzunehmen, vor allem Maria, die das Kind halten musste. Als sie darauf jenen Hirten mit leeren Händen sah, bat sie ihn, sich zu nähern.

Und sie legte Jesus in seine Hände. Als jener Hirte ihn annahm, erkannte er, dass er etwas empfangen hatte, was er nicht verdiente, dass er in seinen Händen die größte Gabe der Geschichte trug. Er betrachtete seine Hände, jene Hände, die ihm immer leer erschienen: Sie waren zur Wiege Gottes geworden. Er fühlte sich geliebt, überwand die Scham und begann, den anderen Jesus zu zeigen, weil er die Gabe der Gaben nicht für sich behalten konnte.“

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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