(David Berger) Was im Hintergrund schon seit einigen Tagen bekannt ist, hat nun das ZDF öffentlich gemacht: Die AfD-Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst aus Rheinland Pfalz will am kommenden Bundesparteitag der AfD gegen Jörg Meuthen in der Abstimmung über die Spitze der Partei antreten.
Der für gewöhnlich gut unterrichtete David Gebhard schreibt: „Jörg Meuthen, der vor zwei Jahren mit 72 Prozent ohne Gegenkandidat gewählt wurde, könnte dieses Mal Konkurrenz bekommen. Schon länger war über Gegenkandidaturen spekuliert worden, nun deutet sich nach ZDF-Informationen an, dass die Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst aus Rheinland-Pfalz ins Rennen gehen könnte.“
Behinderung, Inzest und Migration als zentrales Thema von Höchst?
Und weiter zu Höchst: „Die rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst, die nun möglicherweise gegen Meuthen antritt, ist in Bundestag und Fraktion bisher eher unscheinbar geblieben.
Bundesweite Aufmerksamkeit bekam die ehemalige Studienrätin wegen einer Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion, die sie maßgeblich vorangetrieben und unterzeichnet hatte. Unter dem Titel „Schwerbehinderte in Deutschland“ erkundigte sich die AfD-Fraktion nach der Zahl der Schwerbehinderten, die „durch Heirat in der Familie entstanden“ sind, und danach, wie viele von ihnen einen Migrationshintergrund haben.
Sozialverbände zeigten sich entsetzt, schalteten eine Zeitungsanzeige und warfen der AfD vor, Menschen mit Behinderung abzuwerten und einen „abwegigen Zusammenhang“ von Behinderung, Inzest und Migration zu unterstellen. Höchst betonte damals, dass sie selbst ein Kind mit Behinderung großziehe und wies die Vorwürfe zurück.“ (Quelle)
Warum in aller Welt Höchst?
Diese Information wirft ein eher einseitiges Licht auf die vielschichtige Persönlichkeit von Höchst, die ich in einigen privaten wie journalistischen Gesprächen kennen lernen konnte. Höchst steht auf der einen Seite tatsächlich dem Flügel nahe, so dass man die von David Gebhard erwähnte Aktion durchaus zu ihren Lasten interpretieren könnte. Auf der anderen Seite erschien sie mir immer als eine durch und durch liberale Politikerin, die Meuthen – nicht nur von ihrer intellektuellen Kraft – viel näher steht als Höcke oder Kalbitz.
Sie war die einzige AfD-Politikerin, die es wagte sich angesichts der rechtsextremen Gewaltdrohungen gegen PP-Mitarbeiter, öffentlich entsetzt zu zeigen. Was bei einem dem Flügel nahe stehenden Publizisten zu einem telefonischen Wutausbruch geführt haben soll. Dennoch ließ sich Höchst von ihm nicht einschüchtern, ihr diesbezüglicher Facebookpost wurde nicht gelöscht.
Und so lernten viele Höchst als eine Politikerin kennen, zu der die Gegenkandidatur gegen Meuthen – rein inhaltlich gesehen – so gar nicht passt. „Warum in aller Welt Höchst?“, fragen seit Tagen viele in der AfD. Um einen schlimmeren Gegenkandidaten vom rechten Rand der AfD (etwa Paul Hampel oder Chrupalla) zu verhindern? Oder ganz im Gegenteil ein harmlos wirkendes U-Boot derer, die eine ganz andere NPD-nahe AfD wollen? Sieht man einmal von einem Video ab, in dem sie kürzlich neben Martin Sellner und Lutz Bachmann, einem Blog, der schon mal die deutsche Kriegsschuld oder den Holocaust leugnen lässt, „Macht einfach weiter so!“ wünschte, scheint fast alles, was von Höchst bisher kam und auch ihre persönliche Aufrichtigkeit, für die erste Alternative zu sprechen.
Anti-Meuthen-Lager nur bei 20-30 Prozent
Dazu passt, dass die Chancen, dass Höchst den verdienten Meuthen ablösen könnte, auch eher gering scheinen. Gebhard dazu: „Delegierte könnten weniger pro Höchst als gegen Meuthen stimmen“, glaubt ein Bundesvorstandsmitglied. Auf 20 bis 30 Prozent könne das Anti-Meuthen-Lager wohl zählen. Meuthen wiederum dürfte etwa 40 bis 45 Prozent der Stimmen relativ sicher haben. “
Da es in 10 Tagen nicht nur um einen neuen Bundesvorstand, sondern auch darum geht, ob die AfD in wesentlichen Teilen eine im parlamentarischen Spektrum dringend notwendige liberalkonservative Kraft bleibt oder sich mit einem starken Rechtsrutsch sukzessive aus dem demokratischen Spektrum verabschiedet, erschiene eine Kandidatur ausschließlich von Meuthen und Höchst in jedem Fall als ein gutes Zeichen.
Alle PP-Artikel zu Nicole Höchst finden sie hier.