Am 4. April 2019 publizierte der Deutsche Hochschulverband (DHV, Motto: „Köpfe, die Wissen schaffen“) eine Pressemitteilung mit einem Zitat von Präsident Prof. Bernhard Kempen: „Freie Debattenkultur muss verteidigt werden“. Daraufhin veröffentlichte der Verleger Dr. Wilhelm Hopf ein Sachbuch mit dem Titel „Die Freiheit der Wissenschaft und ihre ‚Feinde‘“. Dieser Lit-Text sollte an allen Bildungseinrichtungen Deutschlands (Schulen, Universitäten) zur Basislektüre zählen. Kommentar von Prof. Ulrich Kutschera.
Vor einigen Tagen (9. Sept. 2019) erschien in der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) ein Artikel mit der Schlagzeile „Forscher sehen Meinungsfreiheit in Gefahr – darf man an deutschen Unis nicht mehr sagen, was man denkt?“. Exakt diese Problematik wird in dem von Dr. W. Hopf herausgegebenen Sammelband mit dem Titel „Die Freiheit der Wissenschaft und ihre ‚Feinde‘“ aufgegriffen und umfassend vorgestellt. Nach einem informativen Vorwort des eingangs zitierten DHV-Präsidenten Prof. B. Kempen, in welchem er die um sich greifende strikte Einhaltung der „Political Correctness“ an deutschen Universitäten anmahnt, folgen klar formulierte Thesen zur Wissenschaftsfreiheit (Prof. Friedhelm Hufen). In der nachfolgenden Einleitung des Herausgebers Dr. W. Hopf („Meinungsfreiheit verteidigen“) wird ein Überblick über die aktuellen Verhältnisse in Deutschland geliefert, wobei die Position des US-Linken Noam Chomsky besonders gewürdigt wird. Darlegungen zum „Ann Coulter-Ausladungs-Skandals“ an der University of California (UC Berkeley), wo ich selbst seit vielen Jahren als Gastwissenschaftler tätig bin, illustriert die Problematik in Nordamerika.
In den folgenden Buchkapiteln stellen bekannte und hoch kompetente Autoren bemerkenswerte Thesen auf. So erfahren wir, dass die akademische Forschungs- und Redefreiheit leider auch in den USA in Gefahr ist.
Fallstudien: Unser Professor, der Rassist
Schwerpunkt des Bandes sind aber die Verhältnisse an deutschen Hochschulen und in Teilen der Medienlandschaft (TV, Rundfunk, Zeitschriften). So werden z. B. die Skandale an den Universitäten Bremen, Berlin (HU und FU), Siegen, Vechta, Trier und Mainz vorgestellt. Besonders lesenswert ist das Kapitel von Dr. Stefan Luft „Der Gewalt weichen – der Umgang mit den Feinden der offenen Gesellschaft“ über eine 2012 geplante Ringvorlesung „20 Jahre Asylkompromiss“, die aber von anonymen Uni-Gewalttätern verhindert worden ist. Von herausragender Relevanz und Aktualität ist der „Fall Prof. Jörg Baberowski“ und dessen Schlagabtausch mit dem AStA der Uni Bremen. Daran schließt sich ein Beitrag aus der HU Berlin an, welcher den treffenden Titel „Unser Professor, der Rassist“ trägt. Auch dort kommt Prof. Baberowski zu Wort, der in einem späteren Buchkapitel als Autor in Erscheinung tritt („Die Linke macht den Menschen wieder zu Gefangenen seines Stands“).
Das Kapitel „Trier: Kampf der Geschlechter – Wegen dieser Vorlesung entließ die Trierer Universität den israelischen Militärhistoriker Martin van Creveld“ ist ein weiteres Highlight des Bandes. Ein renommierter, international tätiger Gastprofessor erlaubte sich im Rahmen einer Vorlesung, die biologischen Unterschiede zwischen Männern und der Damenwelt im historischen Kontext zu referieren (Thema: „Krieg und Frauen“). Nach heftigen Protesten wurde die „Fellowship-Abmachung“ (Vertrag) zwischen dem „Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrum“ der Universität Trier und dem „Gastdozenten“ vorzeitig aufgelöst. Herr Prof. Martin van Creveld legte diesen Präzedenzfall der Unterdrückung der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit an einer deutschen Hochschule in einem Buch-Beitrag „Back to Trier“ in englischer Sprache offen. Damit wird international bekannt, was an deutschen Universitäten derzeit für Zustände herrschen (Studenten schreiben den Professoren vor, was sie lehren dürfen).
Mainzer Narreteien und der universitäre Intrigantenstadl
Der Sammelband wird von dem renommierten Politikwissenschaftler Prof. Werner J. Patzelt abgeschlossen. Unter der treffenden Schlagzeile „Mainzer Narreteien“ legt der Gelehrte dar, welche Aktivitäten zur Unterbindung eines „deutschen Owens-Prof. West-Dialogs“ an der Universität Dresden eingefädelt worden sind, um eine geplante Vortragsreihe zum Thema „Heimatliebe, deutscher Patriotismus und neue rechte Bewegungen“ im Keim zu ersticken. Der Politikwissenschaftler Prof. Patzelt beendet seinen Beitrag mit den Sätzen: „Unterm Strich bleibt von alledem ein gewisses Bedauern darüber, dass zumal jene, die sich als fortschrittlich empfinden, die Universität nicht als eine Stätte von vernunftgeleitetem Streit über Grundlegendes nutzen wollen, obwohl das gerade die große Stärke einer Universität sein könnte. Dass freilich eine Universität obendrein ein opportunistischer Intrigantenstadl ist, wo das Persönliche politisch und das Politische persönlich wird, war schon immer so und wird wohl auch so bleiben. Schade!“
Köpfe, die Wissenschaft verhindern
Als Mitglied der US-Professorenvereinigung Heterodox Academy.org setze ich mich mit meinen amerikanischen Kollegen für die Wiederherstellung der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit an Hochschulen sowie im öffentlichen Raum ein – mit Blick auf die Verhältnisse hierzulande. Der Lit-Sammelband zur „Freiheit der Wissenschaft“ liefert eine solide Faktenbasis, um die verkrustet-konservativen Links-Grünen (AStA)-Strukturen in den Bildungs- und Medienbereichen Deutschlands aufzubrechen, mit dem Ziel, eine „offene Diskussionskultur“ zu etablieren (diese hat es in der Nachkriegszeit einmal gegeben).
Das eingangs zierte Motto des DHV muss dringend wiederbelebt werden: Hochschulen sollten „Nachwuchs, der Wissen schafft“ hervorbringen, und nicht als dogmatisch-bornierte Behinderer des offenen Dialogs und Erkenntnisgewinns agieren. Um an den oben erwähnten NOZ-Artikel anzuknüpfen: An deutschen Unis müssen wieder alle (d. h. Studenten, Professoren, Mitarbeiter usw.) sagen dürfen, was sie denken. Um dieses Ziel – die Wiederherstellung der universitären Wissenschafts- und Meinungsfreiheit – zu erreichen, sei der Sammelband von Dr. W. Hopf nachdrücklich als Basislektüre und Inspirationsquelle empfohlen.
Hopf, W. (Hg.) (2019) Die Freiheit der Wissenschaft und ihre ‚Feinde‘. Vorwort: Bernhard Kempen. 13 Thesen zur Wissenschaftsfreiheit: Friedhelm Hufen. LIT Verlag, Berlin, 310 S., 24,80 €, ISBN 978-3-643-13939-9. Hier bestellen.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.