Donnerstag, 25. April 2024

Mit Grünen redet man nicht

Deutschland und denen, die schon länger hier leben, stehen harte Jahre bevor. Da braucht es keine sinn- und fruchtlosen Debatten mit „psychopathologisch gestörten grün-linken Gutmenschen“. Ein Gastbeitrag von Parviz Amoghli

Vor ziemlich genau sechseinhalb Jahren, Anfang Januar 2017, veröffentlichte der Philosoph Jürgen Fritz bei „Tichys Einblick“ einen Essay, der für erhebliches Aufsehen im Lager der Opposition sorgte. Bis dahin hatte sich der Autor bereits einen Namen als einer der schärfsten und versiertesten Kritiker des stetig mächtiger werdenden, bunten Zeitgeistes gemacht. Allerdings bestand er dabei stets auf seiner ganz persönlichen, nicht zu schubladisierenden Sicht der Dinge, was nicht zuletzt auch bei den Gegnern des Merkel-Staates regelmäßig so manchen Unmut und Widerspruch hervorrief.

Tichys Rückzug

Doch diesmal, im Januar 2017, schien er endgültig den Bogen überspannt zu haben. Warum, das zeigt bereits der Titel seines damaligen Textes: „Warum Sie mit psychopathologisch gestörten grün-linken Gutmenschen nicht diskutieren sollten“. Gleich nach Erscheinen des Essays schlugen die Wellen der Empörung hoch. So könne man, bei aller Härte der Auseinandersetzung, nicht mit dem politischen Gegner umgehen. Erst recht nicht eine Opposition, die sich gegen ideologisch betriebenen und staatlich forcierten Entdemokratisierung der bundesdeutschen Zustände engagiert. Für eine solche verbiete sich der Gesprächsabbruch genauso wie die Pathologisierung Andersdenkender. Am Ende sah sich die Redaktion von „Tichys Einblick“ zu einem Rückzug des Artikels inklusive Distanzierung veranlasst.

Aber wie das immer so ist: geht ein bisschen Zeit ins Land, sieht die Sache anders aus. So auch bei dem damals heiß diskutierten Text von Jürgen Fritz. Nimmt man sich diesen heute, sechseinhalb Jahre nach Erscheinen und Rücknahme, noch einmal vor, ist man angesichts der heftigen Ablehnung, auf die der Essay stieß, erstaunt. Vielmehr erscheint er harmlos, wie eine nüchterne Zustandsbeschreibung bunt-deutscher Polit-Eliten ein gutes Jahrfünft später. Wenn er zum Beispiel schreibt: „Sie haben sich partiell von der Realität abgekoppelt und schweben in einer Welt des Wunschdenkens, genauer: der Illusionen, der Negation jeglicher Negationen, was natürlich ein Widerspruch in sich ist, dessen sie aber wiederum nicht gewahr werden, weil sie nicht kritisch denken, vor allem sich selbst nicht reflektieren können.“

Um die Realität und das Denken schlecht bestellt

Oder, an anderer Stelle: „Grün-linke Gutmenschen meinen, wenn sie die Vorstellung unterschiedlicher Bewertungen, damit auch der Wertigkeit, mithin das Negieren von etwas zulassen, dass dann das Negative in sie hinein käme und da dies ihr Harmoniebedürfnis und ihr Bedürfnis mit allem verbunden, mit allem eins zu sein (Verschmelzungssehnsucht) und ihr Bedürfnis, das eigene Ich aufzulösen, konterkariert, lehnen sie dies ab, was natürlich wiederum eine Negation darstellt, die ihnen aber nicht bewusst wird, da sie nicht denken, sondern primär fühlen.“

Wer will dem widersprechen? Im Zeitalter der regierungsamtlichen, jede Negation negierenden Narrative ist es um die Realität einerseits und das Denken andererseits schlecht bestellt. Letzteres ist mitunter sogar unter Strafe gestellt. Oder will etwa jemand behaupten, dass es nur zwei Geschlechter gibt und Männer, die Frauenkleider anziehen, damit nicht zu Frauen werden? Und schon gar nicht zur schönsten Frau der Welt? Wenn ja, dann dürften solche Gedanken in Bälde nicht nur die Sittenwächter von der Antifa, sondern auch Polizei und Staatsanwaltschaft interessieren.

Das bringt uns zum zweiten Kritikpunkt an dem Essay von Jürgen Fritz: die Aufforderung zum Gesprächsabbruch. Anfang 2017 mag eine solche Empfehlung noch unerhört geklungen haben. Zwar gab es damals schon reichlich Anlass zur Besorgnis. Merkels Willkommenskultur hatte der Meinungsfreiheit bereits schweren Schaden zugefügt. Doch noch war es vorhanden, das Vertrauen in das bessere Argument.

Fehlen der Basis einer gemeinsamen Realität

Dabei hat man, wie wir heute wissen, allerdings außer Acht gelassen, dass Argumente nur dann ihre Wirkkraft entwickeln können, wenn Diskutanten sich auf Basis einer gemeinsamen Realität austauschen. Eine solche herzustellen ist inzwischen, eine Pandemie und eine halbe Ampel Legislatur später, schier unmöglich geworden. Zu weit ist die Entkopplung der bunten Eliten von der Wirklichkeit bereits vorangeschritten. Sie leben in ihrer Traumwelt, in der sich alles in ihrem Tagesgefühl entsprechend ineinander fügt, solange bis es nur noch zwei Ursachen für die Übel dieser Welt gibt: vom weißen Menschen verursachter Klimawandel und Rassismus der Weißen.

Am deutlichsten sichtbar wird die Entkopplung von der Wirklichkeit in der Sprache. Die bunte Elite hat sich einen Code geschaffen, der die Realitäten in ihrer Traumwelt abbilden soll. Vom Gendersternchen bis zum Denglisch. Die Sprachverstümmelungen machen bereits eine ernsthafte Diskussion zur Tortur, wenn nicht gar unmöglich. Dem Inhalt des Gesagten kommt keine Bedeutung mehr zu, sondern nur noch der Form. Entspricht sie nicht den Vorgaben des Codes, ist jedes, noch so stringente und durchdachte Argument hinfällig.

Zum anderen gibt es gute juristische Gründe für einen Gesprächsabbruch mit „grün-linken Gutmenschen“. Denken wir nur ans so genannte Selbstbestimmungsgesetz, das Strafen dafür vorsieht einen biologischen Mann, Mann zu nennen, wenn sich dieser Frau „fühlt“. Es wird sicherlich nicht die letzte bunte Initiative bleiben, der Lüge Gesetzeskraft zu verleihen. In Kombination mit den vielen Meldestellen, bei denen man einen unvorsichtigen Sprecher jederzeit und anonym anschwärzen kann, scheint es daher durchaus angesagt, erst gar nicht in die Verlegenheit zu kommen.

Vorbereitet sein auf harte Jahre

Der dritte und wichtigste Grund der fritzschen Empfehlung zu folgen, ist zweifellos das eigene Wohlbefinden. Die überwältigende Mehrzahl der Leser dieses Blogs werden Diskussionen mit Zeitgenossen kennen, die keine Ahnung von Geschichte haben, aber darüber urteilen, die glauben, eine Aluminiumhütte mit einer Windmühle betreiben zu können, oder dass Männer Kinder gebären können.

Solche Gespräche sind ermüdend, ärgerlich und frustrierend. Es ist also würde der Gegenüber den Tag verleugnen, weil das Blau des Himmels gar nicht wirklich existiere, sondern nur ein Konstrukt sei. Schließlich sei es ja nur das Ergebnis von Streulicht.

Die Geduld, Mühe und Kraft, die man in solche Gespräche investiert, kann man besser investieren. Zum Beispiel in die Vorbereitung auf das Kommende. Deutschland und denen, die schon länger hier leben, stehen harte Jahre bevor. Da braucht es keine sinn- und fruchtlosen Debatten mit „psychopathologisch gestörten grün-linken Gutmenschen“.

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Parviz Amoghli wurde 1971 in Teheran/Iran geboren. 1974 Übersiedelung der Familie in die Bundesrepublik. Abitur, Wehrdienst, Studium der Geschichte und Germanistik in Köln, Tübingen und Wien. 2009 Preisträger beim Literaturwettbewerb „Schreiben zwischen den Kulturen“ der Edition Exil, Wien; 2010 Dramatikerstipendium des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) der Republik Österreich; Veröffentlichungen in diversen Anthologien und Zeitschriften, Autorenstamm „TUMULT – Vierteljahreszeitschrift für Konsensstörung“. 2016 erschien von ihm das Langessay „Schaum der Zeit – Ernst Jüngers Waldgang heute“ in der Schriftenreihe ERTRÄGE der Bibliothek des Konservatismus. 2017 verfasste er mit gemeinsam mit Markus Gertken zur Bundestagswahl 2017 das Drehbuch für das Filmprojekt des „Bundes der katholischen Jugend (BDKJ)“ in der Region München „Mut zum Kreuz – Ergreif Partei“. Letzte Buchveröffentlichung gemeinsam mit Alexander Meschnig: „SIEGEN – oder vom Verlust der Selbstbehauptung“, Band 5 der Werkreihe TUMULT, 2018.

David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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