Dienstag, 16. April 2024

Noch ist Polen nicht verloren: EU-kritische PiS gewinnt Kommunalwahlen

Eine Schnelleinschätzung der Kommunalwahlen in Polen 2018 von Dr. Viktor Heese

Anders als 2014, als es zum Desaster bei der Auszählung kam, liegen heute bereits erste Ergebnisse der gestrigen Kommunalwahlen in Polen vor. Die regierende PiS gewinnt damit klar mit 32,3% (+6%) auf Landesebene vor dem Bürgerblock KO (Koalicja Obywatelska, hier federführend die frühere Regierungspartei PO mit Tusk& Co.) mit 24,7% (-2%).

Die PiS kann sich in Großstädten nicht durchsetzen

Die PiS kann sich jedoch in den Großstädten (Warschau, Posen, Lodz, Breslau) erwartungsgemäß nicht durchsetzen. Es zeigt sich dennoch eine klare „Westverschiebung“ der Populisten, die jetzt auch in größtem Teil Schlesiens den Sieg davontrugen. Bei den Koalitionsbildungen werden drei weitere Mitplayer SLD (16,6%, Bauernpartei, „KO-freundlich“) und Kukiz`15 (6,3%, „PIS-freundlich“) sowie die Bezpartyjni Samorzadowcy (6,3%, Parteilose Lokalpolitiker, unentschlossen) mitreden dürfen.

Westliche Medien (Reuters, Bloomberg, New York Times) jubeln und weisen darauf hin, dass PIS trotz Wahlgeschenken (Kindergelderhöhung!) im Vergleich zu den Parlamentswahlen, „unterdurchschnittlich“ abgeschnitten habe. Deutsche Medien bleiben noch sachlich und besorgt.

Polen: weiterhin tief gespalten

Polen wird auch nach den Wahlen tief gespalten bleiben. Die Opposition dürfte als schlechter Verlierer weiter „Hilferufe“ nach Berlin und Brüssel senden. Im September besuchte PO-Chef Schetyna heimlich Angela Merkel in Berlin um „den Platz Polens in Europa zu retten“.

Auch den Vergleich mit „Heuschrecken, die vom gesunden Baum unseres Staates herunter zu holen sind“, scheut er nicht. In den deutschen Medien erfährt man über das Vokabular des Leaders nichts. Versuchen sie hier „nachzugoogeln“!

Die Polen bleiben da ganz gelassen. Sie vergleichen Schetyna und die Aktivitäten der Opposition mit des früheren Bittsteller-Reisen des kommunistischen Partei-Chef Jaruzelski nach Moskau. Einige gehen noch weiter und erinnern an den Verrat von 1792 in Targowica, als sich polnische Magnaten mit Katharina der Großen von Russland gegen die Reformer verbündeten.

Erinnerungen an „Targowica“

Im Endeffekt kam es danach zu zweiten Teilung Polens in 1793, bevor zwei Jahre später das Land seine Eigenstaatlichkeit für 123 Jahre endgültig verloren hatte. „Targowica“ steht heute als Symbol für den größten Landesverrat ihrer Geschichte. In drei Wochen wird das Land dank dem Versailler Vertrag das 100-jährige Jubiläum der Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit in 1918 feiern.

Ungeachtet dessen geht der Streit mit Brüssel um die „Justizreform“ in die Verlängerung. Einer einstweiligen Anordnung des EuGH-Gerichts zufolge „muss“ Polen betroffenen Richtern bis zum endgültigen Urteil eine Fortsetzung ihrer Arbeit ermöglichen. Wer das Land kennt, weiß, dass aus dem „Muss“ nichts wird. Noch ist Polen nicht verloren!

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Dr. Viktor Heese – Osteuropa-Experte bei PP, Finanzanalyst und Fachbuchautor; www.prawda24.com, www.finanzer.eu.

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