Donnerstag, 18. April 2024

Fischers Fritz will nicht im Trüben fischen

Fischers Fritz fischt bald weniger frische Fische, wenn nicht die Gottesgeschöpfe im Wasser von vertikalen Naturfreunden, den Stand-up Paddlern, geschützt werden. Ein Gastbeitrag von Josef Hueber

Wo Ideologien beginnen, endet das Denken. (Markus Rohowsky)

Geht auch die gro(ko)ße Politik in die Hosen – vor Ort funktionieren nachhaltig deutsche Gründlichkeit und Korrektheit. Dabei denke man nicht nur an die nahezu lückenlose Aufklärung und Ahndung von Parkverbrechen, wo täglich mit Straftickets minutenpräzise Korrektheit und unerbittlicher Geldeinzug praktiziert werden. Ein Vorbild für die Bremer Beamten und ihre unlängst ans Licht gezerrten, wertvoll-wertlosen Asylbescheinigungen! Wo und wann immer der deutsche Amtsschimmel einen Anlass riecht, wiehert er stets heftig drauflos.

So geschehen im verträumten, barockgeprägten Städtchen Eichstätt. Das geschwungene Tal, in dem sich die Bio-Eichstätter – fast immer – wohl fühlen,  wird durchzogen von der malerischen, beschaulich dahinfließenden Altmühl, dem langsamsten Fluss Bayerns. Lautlos, gemütlich, elysiumverdächtig.

Das jüngste, nächtliche Grölen der Schutz vor Krieg und Ruhe vor Detonationen  suchenden, noch nicht so lange hier lebenden Randalierer, allesamt auf ihre Abschiebung wartende Nichtaufenthaltsberechtigte in der Abschiebehaftanstalt,  bildet vorläufig die Ausnahme. Mit hohen Kosten hat man die Fenster des Inhumanität verkörpernden Gebäudes so renoviert, dass die Einforderung humaner Behandlung mittels akutischem Terror nicht mehr nach außen dringen kann und die schon länger hier lebenden Anwohner die ihnen zustehende Nachruhe bekommen.

Doch schnell zurück zum eigentlich Wichtigen! Was sich in Eichstätt in dramatischer Weise hochgeschaukelt hat, ist nach Maßstäben der Vernunft nicht mehr zu bewältigen. Natur kämpft gegen Natur. Besser gesagt: Naturliebhaber gegen Naturschützer. Die Vertreter der neuen Start-up Disziplin „Stand-up Paddling“, Paddeln im Stehen, glaubten naiverweise, dass sie mit ihrer neuen, zu 100%  CO2-freien, nur auf dem Kraftwerk des menschlichen Körpers basierenden Trendsportart ohne Widerstand von der Tragkraft des Flüsschens im Altmühltal und den malerischen Anblicken vom Wasser aus Gebrauch machen könnten.

Glücklicherweise gibt es aber Menschen, die dem Menschen Grenzen setzen, wenn er glaubt, einfach ein Brett auf ein öffentliches Gewässer setzen zu können, ein bisschen – im Stehen- zu paddeln und sich daran zu erfreuen. Und das Ganze, ohne auf die Unversehrtheit der Natur bzw. das ungestörte Leben der Tierwelt zu achten. Der Leiter der Fischereifachberater, so lässt das Lokalblatt wissen, sehe darin eine Gefährdung des Lebensraums der Fische. Der Umstand, dass die Paddler – vermutlich bald zu Tausenden zu erwarten- aufrecht auf den Bretter stehen, hat auf die Wiesenbrüter, laut Experten(!), eine „ Silhouetten-Wirkung“, die eine Verunsicherung und Störung der Tiere bedeuten würde. Der Geschäftsführer des „Naturparks Altmühltal“ ist auch deswegen gegen die Paddler, weil – laut Experten(!) – das Stechpaddel Sediment aufgewirbelt und Laich-Habitate in Gefahr geraten. Die Steigerung des die Umwelt zerstörenden Paddler-Verhaltens: Aufrechtes Stehen störe die Tiere mehr als Sitzen in Kanus (Kanus dürfen weiter, aber nicht in größerer Zahl auf dem Flüsslein paddeln – aber NICHT in der Gegenrichtung!).

Die Entscheider über Zulassung bzw. das Verbot von Stehpaddeln haben einen starken Verbündeten, der sich schon in der Krümmung von Gurken einen Namen gemacht hat: die EU.

Die sog. „Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie“ enthält ein „Verschlechterungs-Verbot“ für jede „zusätzliche Nutzung“ der Natur. Deswegen, so der Leiter des Naturparks, „keine weiteren Kanus“, zu denen nach Meinungs der Naturnutzungs-Gegner auch das Paddelbrett gehört. Denn die „Belastungsgrenze ist erreicht.“  Die Landratsämter umliegender Städte und Eichstätt „arbeiten bereits an einer entsprechenden Verordnung“. Auch zwei Wasserwirtschaftsämter sind mit einbezogen. Man muss einfach für Gutachten zu derart die Zukunft der Natur gefährdenden Risiken ausreichend Geld in die Hand nehmen.

Es bleibt zu hoffen, dass endlich ein Verbot für den Gebrauch von elektrischen Spielzeug-Schiffchen auf öffentlichen Gewässern erarbeitet wird. Es wird sich doch wohl mit einem Gutachten nachweisen lassen, dass Fische in ihrem Befruchtungs- und Laichverhalten durch derartiges Spielzeug massiv gestört werden und die ihnen naturseits zugedachte Ruhe gewährleistet sein muss.

Das müssen auch Kinder einsehen. Zumindest unsere.

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Quelle: Eichstätter Kurier, 24. Mai 1018, S. 19

David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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