Donnerstag, 14. November 2024

Facebook verliert gegen AfD-Politikerin Weidel vor Gericht

Erstmals ging eine deutsche Spitzenpolitikerin direkt gegen den US-Konzern vor. Facebook ließ eine strafbare Beleidigung wissentlich monatelang online. Nun hat das Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen Facebook erlassen. Bei Zuwiderhandlungen droht dem sozialen Netzwerk laut Gesetz ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro. Facebook muss zudem die Kosten des Verfahrens tragen.

Unter einem am 10. September 2017 auf der Facebook-Seite der „Huffington Post“ veröffentlichten Artikel postete der Nutzer Sanda G., ein fanatischer Verfechter der Homo-Ehe, folgenden Kommentar:

„ja und Frau Weidel hat ihre Fotze eingepackt und ist abgehauen so viel zum Thema, dass sie eine Politikerin ist diese Nazi Drecksau Lesbich sein am abends Fotze lecken und morgens bei der AFD gegen lesben sein hahahah das past ja hahahahhaha“.

Dieser Kommentar verstößt als strafbare Beleidigung gegen § 185 StGB.

Facebook kennt den Kommentar seit Mitte September 2017, ließ ihn jedoch online. Eine Nutzerin meldete ihn am 10.09.2017 anonym bei Facebook und wurde drei Tage später mit einem formelhaften Textbaustein beschieden:

„Wir haben uns den Kommentar angesehen und festgestellt, dass er gegen keinen unserer Gemeinschaftsstandards verstößt.“

Viereinhalb Monate später, am 27.01.2018, und nach vollständigem Inkrafttreten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG), meldete dieselbe Nutzerin den Kommentar erneut und erhielt noch am selben Tag die gleiche Erwiderung von Facebook, wonach die strafbare Beleidigung nach erneuter Prüfung nicht gegen die „Gemeinschaftsstandards“ verstoße.

„Nach deutschem Recht haften Dienste-Anbieter wie Facebook für Inhalte ihrer Nutzer, wenn sie Kenntnis von dem Rechtsverstoß erlangen und diesen nicht unverzüglich löschen. Seit dem 13.09.2017 war das Netzwerk also wie der Täter selber für die Straftat verantwortlich“,

…sagt der Weidel vertretende Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel. „Facebook löscht immer wieder rechtswidrig legale Inhalte seiner Nutzer. Andererseits bleiben selbst eindeutig strafbare Inhalte online – dieser mindestens sechs Monate. Ein komplettes Versagen der Kontrollinstanzen des Unternehmens.“

Dr. Weidel selbst erfuhr am 29.01.2018 erstmals von diesem Sachverhalt. Facebook wurde noch am selben Tag abgemahnt und zur Löschung des Kommentars aufgefordert. Das Unternehmen reagierte am 1.2.2018 in einem Schreiben an Rechtsanwälte Steinhöfel wie folgt:

„…vielen Dank, dass Sie uns auf diese Angelegenheit aufmerksam gemacht haben. Auf den von Ihnen gemeldeten Inhalt kann in Germany nicht mehr zugegriffen werden. Dadurch wurde dieses Problem unserer Auffassung nach behoben. Falls Sie weitere Fragen haben, besuchen Sie unseren Hilfebereich.“

Der Dank, auf die „Angelegenheit“ aufmerksam gemacht worden zu sein, erweist sich laut Rechtsanwälte Steinhöfel als unaufrichtig, da Facebook mindestens zweimal und möglicherweise auch durch andere Nutzer zuvor auf die Straftat hingewiesen wurde.

Unwahr ist die Äußerung zudem, weil der streitige Kommentar auch weiterhin in Deutschland mindestens bis zur letzten Überprüfung am 28.3.2018 ohne weiteres zugänglich war. Der Zugriff auf den Kommentar in Deutschland setzt lediglich die legale und weit verbreitete Verwendung eines Virtual Private Network (kurz VPN) voraus.

„Dass Facebook diesen eindeutig strafbaren Inhalt nicht sofort und von sich aus weltweit, ja nicht einmal im deutschsprachigen Ausland gesperrt hat, zeigt eine ungeheuerliche Gleichgültigkeit gegenüber den Persönlichkeitsrechten unserer Mandantin“,

sagt Steinhöfel. „Es ist kaum vorstellbar, dass es sich diesmal nur um reine Inkompetenz handelt. Wer so agiert, der tut dies mit vollem Vorsatz – der will, dass diese Beleidigung online bleibt.

David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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