Ein Gastkommentar von Peter Helmes
Die Koalitionssondierungsgespräche sind im Eimer – wo sie von Anfang an hingehörten! Wer glaubte denn ernsthaft, dass es zwischen neu erwachten Liberalen, bockigen Grünen und verunsicherter Union ein „einigendes Band“ geben könnte?
Nein, jeder, der das verwirklichen wollte, für das er angetreten war, und dann auf dem Altar der Kompromisse geopfert hätte, hätte sein Gesicht verloren. Nur politische Amateure können etwas anderes glauben.
Nicht zu vergessen: Unabhängig von dem politisch Gewollten spielt das persönlich Gewollte eine viel größere Rolle. Für viele grüne und schwarze „Führungskräfte“ wäre „Jamaika“ die letzte Chance gewesen, einen Ministerposten zu ergattern. Und dafür darf man doch ruhig seine Überzeugungen über Bord werfen! Oder?
Und wie sie geworfen haben! Ob CO2, ob „Klima“, ob Flüchtlinge, Einwanderer, Asylanten oder Scheinasylanten – was zählen die Forderungen von gestern? Was war der eigene Standpunkt noch wert? Nichts! Zertreten von der Hoffnung auf ein wohlbestalltes Amt – mit Fahrer, Sekretärin und Luxus-Dienstwagen.
Und all diese schönen Träume hat die FDP mit einem einzigen Satz zunichte gemacht:„Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“.
Das sagte FDP-Chef Christian Lindner am späten Abend (19.11.17) nach stundenlangen Verhandlungen in Berlin. Er begründete den Abbruch der Sondierungen nach gut vier Wochen mit fehlendem Vertrauen. Es sei den vier Gesprächspartnern nicht gelungen, eine Vertrauensbasis oder eine gemeinsame Idee für die Modernisierung des Landes zu finden, sagte Lindner.
Und er legte nach: Nach Wochen liege ein Verhandlungspapier „mit zahllosen Widersprüchen, offenen Fragen und Zielkonflikten vor. „Dort, wo es Übereinkünfte gibt, sind diese Übereinkünfte erkauft mit viel Geld der Bürger oder mit Formelkompromissen.“ Der FDP-Chef stellte klar: „Den Geist des Sondierungspapiers können und wollen wir nicht verantworten.“
„…Und wir haben heute, an diesem entscheidenden Tag, nicht den Eindruck gewonnen, obwohl allen die Dramatik der Situation bewußt war, daß dieser Geist grundlegend veränderbar gewesen wäre“, so Lindner weiter. Die von der FDP geforderten „Trendwenden“ seien in den Gesprächen nicht erreichbar gewesen.
Recht hat er! „Trendwende“? Welche? Wäre es bei den Übereinkünften zwischen Union und Grünen geblieben, hätten wir keine „Trendwende“ bekommen, sondern eine Fortsetzung des unseligen linksgrünen Kurses – von der Frühsexualisierung der Kinder bis zu weiter offenen Toren für „Asylsuchende“, die in Wirklichkeit ein bequemeres Aus- und Einkommen suchen. Der Schwanz (Grüne) hätte dauernd mit dem Hund (Union) wedeln können – zur Gaudi des Publikums.
Und vermutlich dürfte ich das eben Gesagte in Zukunft gar nicht mehr so schreiben; denn die Zensurschere sollte noch weiter geöffnet werden.
Eine Schmierenkomödie
Das Ergebnis der gestrigen Verhandlungen mag als Kapitulation der Politik vor ihren Herausforderungen gewertet werden. Eine Schmierenkomödie war es allemal! Das fördert den Verdruß an der Politik und ist eine Ohrfeige für die Wähler.
Mag sein. Doch gewaltiger ist dieses Ergebnis für die erste Dame des Staates. Angela Merkel steht nicht nur vor einem (selbstverschuldeten) Scherbenhaufen, sondern zeigt, daß sie an den Grenzen ihres unseligen Wirkens angekommen sein dürfte.
Kein Tag mehr weiter mit Merkel – das ist die eigentliche Botschaft von gestern!
Es rächen sich nun ihre rigide „Personalpolitik“ – auf Deutsch: das „Erledigen“ alternativer Führungskräfte in der Union –, es rächen sich auch ihre nicht mehr nachvollziehbaren politischen Pirouetten (von Bundeswehr über „Willkommenskultur“ bis Atomenergie).
Nein, diese Kanzlerin hat ihren Kompaß verloren – so sie je einen hatte, der nicht nur in Richtung Angela die Große zeigte. Schlimmer noch: Nirgendwo in der weiten Runde der politischen Blasebälger ist eine Alternative zu erkennen. Wer ersetzt Merkel? Jeden, der eine Erneuerung (der Union) forderte, hat sie abserviert oder kaltgestellt. Für Merkel gut, für die deutsche Nation ein Desaster!
Aber die Ungewißheit darüber, wer Merkel ersetzen könnte, darf nicht zu der Forderung führen, sie solle noch ein wenig weitermachen. Wie denn? Das stete Öffnen der Union nach links hat diese einmal christlich-konservative und liberale Partei zu einer (zugegeben milderen) SPD geformt – klar links in der politischen Landschaft.
Das aber öffnet den Blick nach rechts. Dahin, wo die Sorgen der Bürger – jedenfalls gefühlt – wahrgenommen werden. Und daß darüber kein Zweifel aufkommt: Die AfD ist Fleisch vom Fleische der Union, jedenfalls der Vor-Merkel-CDU. Und die FDP hat sich wieder zum liberalen Partner aufgerappelt. Da liegt die Chance zur Erneuerung der Union – statt immer mehr nach links zu pendeln.
Ich weiß, daß ich in der linken CDU dafür gesteinigt werde. Aber auch das wird diese Partei nicht von ihrem Dilemma befreien. Die CDU muß wieder die Partei der Mitte werden – mit einer starken Rechten und einer starken Linken. Verschwimmende Grenzen und Übergänge ergeben keine Kontur, liebe CDU!
Tschüß, Angela – auf Nimmerwiedersehen!
***
Der Beitrag erschien zuerst bei CONSERVO