(David Berger) Ein schlichter Facebookpost, der inzwischen gelöscht wurde, sorgt nun für Aufregung in der Presselandschaft. In dem Post zu einem undeutlichen, weil wohl aus weiter Entfernung aufgenommenen Foto, auf dem Beatrix von Storch auf dem lesbisch-schwulen Stadtfest am vergangenen Wochenende in Berlin Schöneberg zu sehen war, war zu lesen:
„Da kotzen wir doch gleich im Strahl….Die AfD Parteispitze trifft sich vor der Lieblingsbar…Da haben wir doch gleich mal Platzverweis ausgesprochen…Jetzt schmollen sie in irgendeiner Wohnung und schauen von oben auf die feiernden Homos“
Obwohl der Post nicht von einer besonders sachlichen Art zeugt und von einer Art „Spaßprofil“ kam, bei dem der Name nicht der Echtname des Schreibenden ist und der Mann, der hinter dem Profil steht, auch noch bis zur Unkenntlichkeit geschminkt ist, nahmen die Medien die Nachricht begierig auf. Auch ein ehemaliger Nachrichtensprecher des RBB gab dem Post sein Like, andere feierten die selbst ernannte Platzverweiserin als ihre „Herrin“ (sic!) und „Heldin“. Sie kündigten an dem Damendarsteller beizustehen und mit Mistgabeln und Fackeln die Politikerin zu vertreiben.
Die kritiklose Übernahme des in dem Facebookpost Behaupteten geschah anscheinend ohne sich über den Autor der Nachricht näher kundig zu machen. Wichtig war vielmehr, dass die Richtung stimmte: Bunt geschminkte, liebe Homosexuelle siegen gegen böse, homophobe AfD-Frau. Sozusagen Stonewall 2.0 mitten in der Stricheroase Schönebergs.
Die Berliner Zeitung titelt: „Beatrix von Storch von Lesbisch-schwulem Stadtfest in Berlin verwiesen“, die Morgenpost: „Ärger für Beatrix von Storch auf dem Motzstraßenfest“ und die „Osnarbrücker Zeitung“ gar „AfD-Politikerin wird von lesbisch-schwulem Fest geschmissen“.
Immerhin lassen sie jedoch einen Begleiter von Frau von Storch, Ronald Gläser, zu Wort kommen, der eindeutig fest stellt: „Sie wollte gar nicht bleiben, sich nur umschauen. Dass ihr jemand einen Platzverweis erteilen wollte, geht rechtlich gar nicht.“
Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte den Medienschaffenden deutlich sein müssen, dass mit ihren Überschriften etwas nicht stimmt. Auch die Löschung des Facebookposts müsste sie eigentlich nun ebenso verunsichern wie die klaren Aussagen der Betroffenen. Und zu einer Korrektur des Geschriebenen bzw. einem Update in den Onlinebeiträgen motivieren.
Warum geschieht das nicht? Und warum fielen ihnen all die Dinge, die schon bei einem Journalismustudenten im ersten Semester die Alarmglocken läuten lassen müssten, nicht auf? Vielleicht, weil die Nachricht so gut ins pädagogische Konzept passte, mit dem viele der großen Medien ihre Glaubwürdigkeit in den letzten 12 Monaten gründlich zugrunde gerichtet haben?
Foto © Privat/Twitter
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.