Bärbel Bas und die Siebzigerjahre-SPD. An Bärbel Bas sind Jahrzehnte sozialer und ökonomischer Entwicklung vorbeigegangen. Die Frau handelt aus einer längst obsolet gewordenen Sozialromantik heraus. Wenn es nicht Bösartigkeit ist. Ein Gastkommentar von Frank Wahlig.
So weit ist es mit der SPD gekommen. Sie hat einen sensiblen Vizekanzler, Jungsozialisten, glatt wie Schneiderpuppen, und sie hat Bärbel Bas. In ihrem Auftreten spiegelt sich das Kämpferische der Siebzigerjahre-Barrikaden-SPD mit dem traditionellen Leiden an der Gegenwart. Gelitten wird immer, und Bärbel Bas stellt das aus. Eindringlich ihr Video aus der Corona-Zeit. Da war sie krank, die Kamera lief, Filter vorgeschaltet, und Bas bewegte die Lippen synchron zu einem quietschenden Kinderlied. „Ich komm bestimmt wieder auf die Beine“. Gesund machender Humor à la SPD-Ortsverein.
Sie kam wieder auf die Beine und wurde neben Unionskanzler Merz zur mächtigsten Politikerin. Wenn Merz sich von einem Wahlversprechen nach dem anderen verabschiedet, hat das auch mit Bärbel Bas zu tun. Ihre Sprache ist so Siebzigerjahre, schnoddriges Selbstbewusstsein, dem man die Kohleheizung des sozialen Aufsteigers anmerkt. Was sie nicht will, ist „Bullshit“, und sie verdreht die Absichten des Koalitionspartners ins sozialdemokratische Gegenteil. Bei der Rente, beim Bürgergeld. Ihr Denken, was sie politisch antreibt, sind die Arbeitskämpfe der Vergangenheit. Da war alles noch klar, der Himmel über der Ruhr noch nicht blau: die Ausbeuter hier und die ehrlichen Rackerer da.
Ruhrgebiets-Mood
Da gibt es immer noch den „Kampfauftrag“ aus der guten Vergangenheit. Da war das Ruhrgebiet, da kommt sie her, noch die Herzkammer der SPD. Der Infarkt ist längst geschehen. Da schlägt nichts mehr. Bärbel Bas ist das gleich. Die SPD wird in Umfragen bei 14 Prozent gesehen. Da wirbt sie bei den Jungsozialisten um „Kämpfer und Kämpferinnen gegen den Faschismus“. Sie sei nicht bereit, „dieses Land Neoliberalen und Faschisten zu überlassen“.
Nur aus solcher Verantwortung heraus sei die Koalition mit der Union überhaupt zustande gekommen. Da haben sich zwei gefunden: eine Organisation, die sich auf dem linksradikalen Abenteuerspielplatz zuhause fühlt, und eine Politikerin, die sich so burschikos forsch gibt. Das Milieu der Arbeiter und Angestellten ist zur AfD gewechselt. Der SPD bleiben die Nutznießer der Sozialsysteme und diejenigen, die nach auskömmlichen Betreut-werden barmen. Über 500 Arten der Förderung durch das Sozialsystem gibt es. Die SPD hat kräftig daran mitgearbeitet, dass es so gekommen ist. Die Systeme stehen vor lauter Auszahlungen vor dem Bankrott. Bärbel Bas wurde auf dem Arbeitgebertag in Berlin ausgelacht, weil sie so naive wie unmögliche Rentenberechnungen durchführte.
Von den Arbeitgebern ausgelacht
Die Arbeitgeber haben darüber gelacht. Das hat sie übelgenommen. Dass die Herren der Unternehmen, die Manager, ihr den Respekt verweigerten, hat sie in ihrem Bild von „Ihr da oben, wir da unten“ bestätigt. Den Jusos erzählte sie, dass manche Manager sogar Maßanzüge getragen hätten. Maßanzüge! Nicht solche von der Stange. Gegen diese Arbeitgeber „müssen wir gemeinsam kämpfen“. „Kein Unternehmer hat je freiwillig bessere Arbeitsbedingungen geschaffen, kein Konzern freiwillig die Löhne erhöht.“ Da sind Jahrzehnte sozialer und ökonomischer Entwicklung an ihr vorbeigegangen. Die Frau handelt aus einer längst obsolet gewordenen Sozialromantik heraus. Wenn es nicht Bösartigkeit ist.
Aus einem Regierungsamt heraus zum Kampf gegen Arbeitgeber aufzurufen: Bärbel Bas hat in diesem Job nichts verloren. Sie ist das Politik gewordene Nierentisch-Altmodische. Sie findet nicht den Weg in die Gegenwart, genauso wie ihre Partei. Deshalb passen beide so gut zusammen. Aber beide, die Partei und ihre Vorsitzende, passen nicht zum Regieren dieses Landes. Mit dieser Attitüde kann man im Ortsverein Duisburg für Furore sorgen. Am Büdchen mit einem Pülleken Bier stehen und die Welt besser machen wollen. Mit diesem Mindset ruiniert die Bas-SPD aber das Land noch weiter. „Bullshit“ eben.
Ein Kanzler, der solche Funktionäre eine solche Politik machen lässt, sollte gefragt werden, für wen er seinen Job ausübt. Wie er so etwas wie Führung anzeigt. Eine Bärbel Bas macht Klassenkampf von der Regierungsbank aus. Ein Merz macht Weltpolitik und überlässt die Innenpolitik einer altmodischen SPD, mit all ihren romantischen Parolen. Und Frau Bas, solange sie nicht wieder Erkältung bekommt, und Filmchen dreht, gibt weiter die revolutionäre Dame. Sie hat genug Geld sich Maßanzüge schneidern zu lassen. Aber wer so redet, sich so verhält, sieht auch im feinsten Zwirn nach SPD-Vorsitzendem aus. Mehr geht nicht.
Beim Kontrafunk können Sie diesen Kommentar auch nachhören. Das bereitet noch einmal zusätzlich Freunde über die treffenden Worte Wahligs…
Und bitte vergessen Sie nicht:
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