Sonntag, 19. Oktober 2025

Heimatvertrieben aus der Kirche

Gastbeitrag von Josef Hueber

„Die Vernunft ist das Licht der Seele, durch das wir die Wahrheit erkennen.“ (Th. von Aquin)

Es ist ein Merkmal christlichen Denkens, Rationalität nicht als alleinige Autorität umfassender Wirklichkeitserfassung gelten zu lassen. Um erfolgreich gegen einen, seit langem in allen Bereichen des Lebens um sich greifenden, verhängnisvollen Irrationalismus anzukommen, bleiben Rationalität und Vernunft dennoch ein unverzichtbarer Kompass auf dem Weg zur Suche nach Wahrheit. Die Kirche ignoriert diesen Kompass zunehmend.

Von der Entfremdung

Die Taufe, früher meist dem Säugling schon gespendet, gliedert jeden Menschen in die Gemeinschaft der Kirche ein. Zur Identifikation des erwachsenen Christen mit dieser Gemeinschaft gehört jedoch auch das bewusste Annehmen dieser Zugehörigkeit. Sozusagen durch ein Update der Taufe in Form eines bewussten Jasagens.

In weiten Teilen des Kirchenvolkes in Deutschland hat sich dies in sein Gegenteil verkehrt. An Stelle der inneren Erneuerung des Taufgelöbnisses erfolgen Kirchenaustritte und die Hinwendung zu Ideologien, die eine bewusste Zugehörigkeit zur Kirche erschweren oder sogar verunmöglichen.

Kirche ist Heimat?

Es war an einem sonnigen Tag im Frühsommer, als ich mit meiner Frau in einem Biergarten, gleich neben dem Dom unserer geschichtsreichen Kleinstadt, saß, und wir Sonne, warme Luft und ein bayerisches Essen – wie bei Muttern- genossen.

Unvermutet traten zwei junge Frauen – offensichtlich Studentinnen- auf uns zu, mit der Bitte, ein paar Fragen stellen zu dürfen. Die charmante Art jungen Lebens ließ uns nicht an eine Verweigerung der Bitte denken. Eine einzige Frage blieb mir im Gedächtnis: Was ist für Sie Heimat? Vielleicht inspiriert durch die Nähe des Domes, aber sicher nicht nur deswegen, antwortete ich spontan: die katholische Kirche.

Ich erinnere mich, dass ich als Heranwachsender in vielerlei Hinsicht gelitten habe unter geradezu traumatischen Erfahrungen mit der Lehre der Kirche (besser: unter Vertretern einer paragraphenhaften, punktgenauen Vermittlung der Sündenlehre der katholischen Kirche, die im Beichtstuhl zu Schweißausbrüchen geführt hat). Aber dies hatte sich im Laufe der Jahre gemildert, auch durch die, wenn auch seltene, Begegnung mit mehr durch pastorale Liebe zum Menschen geprägte Geistliche, als auch durch die Begegnung mit intellektuell hochstehendem Katholizismus (Ja, den gibt es!).

Hilfreich war auch die Enthaltsamkeit in Sachen Beichte, obwohl sie laut Katechismus jährlich vorgeschrieben ist. In einem jahrelang prägenden Prozess machte ich die Erfahrung, dass Kirche in manchen ihrer Vertreter eine beachtliche Helligkeit des Denkens zeigte. Karl Rahner, Joseph Ratzinger, sie waren so etwas wie ein Schutzwall gegen Ideologisierung und Anfälligkeit für Zeitgeist-Geschwätz und Zeitgeist-Unterwerfung. Kirche wurde für mich also zunehmend ein Garant gegen intellektuelle Moden, die man schon lange als linke Ideologie erkannt hatte.

Die Ernüchterung: Kirche wird Mitläufer

Das war einmal. Wer heute – falls er sich für Kirche und Religion überhaupt noch interessiert – das Erscheinungsbild der Repräsentanten christlicher Religion in Deutschland verfolgt, tut sich schwer, nicht die Stirn zu runzeln oder den Kopf zu schütteln.

Die globalistische Denke (Weltanschauung ist wohl ein zu anspruchsvoller Begriff) der Offenheit für alles irgendwie Originelle, egal, wie inhaltsleer es ist, hat feierlichen Einzug gehalten in die Kirche.

Zeitgeist-Marionetten im Klerus

Da tut sich ein für so vieles überoffener Münchner Seelsorger medienwirksam hervor, indem er mit liturgischen Gags Sitzplätze in seiner Kirche rar werden lässt, sobald er in Erscheinung tritt. Zur närrischen Zeit, im Fasching, ist sein Introibo ad altare Dei deswegen auch närrisch. Mit Clownsmütze auf dem Kopf schreitet er nach vorne und bekommt Zustimmung von der Presse und begeisterten Sinnsuchenden im Gottesdienst. Was gibt es dagegen zu sagen? So hört man oft. Seine Kirchenbänke sind doch voll!

Etwas spektakulärer: Die qua Amt sogar zum Martyrium verpflichteten Bischöfe schreiten würdevoll im Amtsgewand in der Welt umher, als wären sie lediglich Statisten auf der religiösen Bühne. Da verstecken ein Bischof Marx und sein evangelischer „Kollege“ auf dem Tempelberg das Brustkreuz, um ja nicht den muslimischen „Kollegen“ die Provokation des christlichen Kreuzes zuzumuten. (Von vergossenen Petrus-Tränen hernach ist nichts bekannt.)

Den (vorläufigen) Höhepunkt bischöflicher Rückgratlosigkeit konnte man erleben, als im Paderborner Dom eine „Performance“ stattfand, die – salopp gesagt – dem Fass den Boden ausschlägt. „Künstler“ mit nacktem Oberkörper führen mit nackten Hühnchenkörpern beim Festakt zum 1250. Geburtstag Westfalens einen grotesken Tanz vor dem Altar auf. Der Bundespräsident und der Bischof verfolgen den Auftritt. Das eigentlich Unglaubliche daran: Der Bischof bleibt sitzen, lässt die Respektlosigkeit von blasphemischer Qualität ohne Unterbrechung bis zum Ende abspulen.

Klimakatechismus statt Evangelium

Die Klimaapostel aus Potsdam, angeführt von Prof. Schellnhuber, bekannt durch Weltuntergangsberechnungen, haben gute Arbeit geleistet. „How dare you?“ Wie wagt ihr es? Dieser Verzweiflungsappell, ausgerufen (sicher nicht ausgedacht) von Greta Thunberg, der bekanntesten Heiligen grüner Weltenretter, ist vermutlich auch in christlichen Kreisen bekannter – und mit mehr Gläubigkeit aufgenommen- als der Ruf Johannes des Täufers: Kehrt um! Wie sehr Gretas Aufschrei in Rom offensichtlich als eine Umkehr in der kapitalistisch-bösen Erzeugung von CO2 verstanden wird, ließ der Empfang der wissenschaftsignoranten Propagandapuppe bei Papst Franziskus erkennen.

Papst Leo XIV : The same procedure und Fürbitten

Die Hoffnung, dass man diese Pseudo-Heilige und die dahinterstehende Ideologie vom Sockel stoßen könnte, wurde kurz durch die Wahl eines neuen Papstes, Leo XIV, Gott sei nicht Dank, am Leben gehalten. Schon in seiner ersten Verlautbarung fiel das Wort Klima als eines der großen Probleme der Zukunft. Wer es nicht gehört hat, oder nicht glauben wollte, wurde eines Besseren belehrt.

Es ist kaum zu glauben: Papst Leo XIV zieht sich auch den Schuh des menschengemachten Klimawandels, der zum Unheil von Mensch und Natur führen wird, an. Das Bild der Segnung eines riesigen Eisbrockens, mit Handauflegung des Pontifex, ging um die Welt. Es macht sprachlos. Ist das Papamobil in Zukunft ein Lastenrad mit Sitzgelegenheit in der Minikabine vornedran?

Warum geht es nicht so? Eine päpstliche Audienz für den Nobelpreisträger für Physik, John F. Clauser, der die physikalischen Formeln zum „Beweis“ des von Menschen gemachten Klimawandels für wissenschaftlich unbrauchbar hält- das wäre ein Dienst zum Wohl der Menschen, weil es ein Kampf gegen die sinnlose Vernichtung von Wohlstand wäre.

Und es wäre zugleich ein wohltuender liturgischer Beitrag für die sonntägliche Hl. Messe: das Ende der ärgerlichen, weil abwegigen, Fürbitten zum Thema Klima und Weltenrettung.

Das missbrauchte Evangelium vom Samariter

Zur Erinnerung: Jesus nimmt die Erzählung vom barmherzigen Samariter, um uns Christen das moralisch richtige Verhalten gegenüber Hilflosen und Hilfsbedürftigen zu veranschaulichen. Die Kirche, beziehungsweise ihre Repräsentanten, bis hinauf nach Rom zum Pontifex, schlussfolgern daraus eine geradezu surreale Auslegung für Christen:

Millionen von Zuwandernden seien als ein Heer von Zusammengeschlagenen zu sehen, wie einst das Räuberopfer in Jesu Heimat am Straßenrand, und man müsse ihnen mit offenen Grenzen samaritergleich begegnen. Kardinal Woelki von Köln hatte eine Idee dazu. Er installierte ein Flüchtlingsboot im Dom als Altar.

Dazu auch das Interview des PP-Machers David Berger mit dem KONTRAFUNK:

Die Flucht nach Ägypten- flexibel interpretiert

Wen unter den Christen derartige Interpretationen des Evangeliums nicht überzeugen, der wird erinnert an die Flucht der Hl. Familie nach Ägypten. Sie waren ja auch in Gefahr, Leib und Leben zu verlieren durch die Verfolgung des Herodes.

Eine Frage an Kleriker und Theologen, die im Zusammenhang der Zuwanderungskrise von der Aktualität dieser biblischen Geschichte predigen: Gehörten Josef und Maria zu den eher wohlhabenden Familien in ihrer Heimat Palästina, die sich die Flucht, organisiert durch Schlepperbanden, leisten konnten, während andere Bedrohte, die wirklich Armen, daheim bleiben mussten? Machten sich Josef und Maria mit ihrem Kind auf den Weg zu einem besseren Leben?

Impfen ist Liebe?

(c) Bob Moran – https://twitter.com/bobscartoons

Bitte festhalten! Der Vatikan hat – geistinspiriert, offensichtlich stattdessen getrieben von der permanenten Bekanntgabe sog. Inzidenzen in den Medien – während der Durchführung von Corona-Maßnahmen eine 20-Euro Silbermünze herausgegeben. Darauf zu sehen: Ein junger Mann lässt sich geduldig von einer Krankenschwester eine Injektion verabreichen, ein Arzt steht daneben. Im Hintergrund ein Holzkreuz (kein Kruzifix mit „anstößigem“ Corpus) an der Wand. Alle drei tragen, wie sollte es anders sein, eine Maske. Darf man munkeln, dass diese Münze als Geschenk für impfunwillige Kinder gedacht war, denen man vorher von der Gefahr der Ungeimpften, ihre Großeltern im Falle von Impfverweigerung ins Jenseits zu befördern, erzählt hat? (Doch, doch! Diese Drohung kam aus Politikermund.)

Moralismus macht Politik

Als Mitglied der Babyboomer- Generation kann ich mich erinnern, dass es zur Zeit meiner besten Jahre ein No-go für Pfarrer war, von der Kanzel explizite Wahlempfehlungen oder ausdrückliche Warnungen vor Parteien zu verkünden. (Dass die SPD nicht auf dem katholischen Wunschzettel stand, wusste man.)

Die Warnungen vor dem Kreuz an der falschen Stelle des Wahlzettels sind im Kirchenraum heute nicht mehr nötig, diese Aufgabe hat die Wissenschaftselite der Theologen übernommen. Beispiel? Ein Blick an die Universität Münster lohnt sich. Von der Kanzel der Wissenschaft hört man, dass es da eine Partei in Deutschland gebe, die für einen Christen inakzeptabel sei, weil sie christlichen Werten widerspreche. Die Entfernung irregeleiteter Schafe dieser Partei aus kirchlichen oder der Kirche nahestehenden Einrichtungen sei durchaus zu überdenken, wohl auch juristisch.

Meinte Herr Professor damit Mitglieder der Partei der Grünen, weil diese Partei mal für Sex mit Minderjährigen sympathisierte, und jetzt immer noch nach dem Motto „Mein Bauch gehört mir“ über Abtreibung denken? Oder dachte der Gottesforscher etwa an den CDU-CSU Bundeskanzler und seine (ihm nicht deutlich genug widersprechende Parteitruppe), weil er mit einem kräftige JA antwortete, als ihn eine Vertreterin der Schwefelpartei fragte, ob er eine Kandidatin für das höchste Gericht vorzuschlagen mit seinem Gewissen verantworten könne, obwohl diese die Abtreibung bis kurz vor der Geburt befürworte?

Hat jemand den lauten Protest der Kirche(n) gegen dieses antichristliche Bekenntnis gehört? Ich nicht.

Kirche- wohin des Wegs?

Anpassung und Rücksicht auf gesellschaftliche Moden und gesellschaftliche Anerkennung ist alles andere als die Botschaft, die man aus der Lehre des Gründers der christlichen Religion ziehen kann. Das implizite Kehrt um! seiner Botschaft heißt – jetztzeitig interpretiert- mehr als die Erfüllung der Sonntagspflicht zum Gottesdienstbesuch, das Einhalten des Freitagsgebots und die jährliche abzulegende Beichte (alles zu finden im Katechismus der katholischen Kirche).

Liegt man falsch, wenn man postuliert, dass Kehrt um! für die Kirche – und für jeden einzelnen Christen – heute bedeuten sollte, allem und allem deutlich erkennbaren Widerstand zu leisten, was Abschaffung der menschlichen Würde, was Vernichtung von Freiheit und Wertschätzung des Individuums, was Gleichschritt mit Ideologien und staatliches Dominanzstreben erkennen lässt?

Ist es vorstellbar, dass ein solches Profil die Kirche wieder attraktiver machen würde als Kaffeekränzchen im Gemeindezentrum?

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PP-Redaktion
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