Die Behauptung, die katholische Kirche sei der Drahtzieher der Hexenverfolgungen gewesen, ist eine alte Verschwörungstheorie. Diese entstand erstmals im preußischen Kulturkampf und wurde dann von den Nationalsozialisten wieder ausgegraben, um die katholische Kirche, die Hitler und den Seinen besonders verhasst war, zu diskreditieren.
Auf dem Youtube-Kanal des evangelisch-freikirchlichen „Bibelfit“-Leiters Markus Voss werden katholische Lehren und „Praktiken“ auseinandergenommen, womit wir uns ein andermal näher befassen wollen.
Unter dem Video befindet sich der bemerkenswerte Kommentar eines protestantischen Historikers und Archäologen, der rein aus Fairneßgründen in Sachen Hexenverfolgung einige Stühle geraderückt und insoweit den Voss-Aussagen widerspricht. Dr. Peter Buwen, der selber einen eigenen Youtube-Kanal zu geschichtlichen, aktuellen und christlichen Themen, betreibt, schreibt u. a. Folgendes:
Die Kirche lehnte den Hexenglauben als Aberglauben ab
Als Protestant, der ich bin, möchte ich gerne Zeugnis reden für die katholische Kirche. Zum einen muss ich als Historiker sagen, dass der schlechte Ruf der kath. Kirche nur sehr bedingt gerechtfertigt ist. Und zwar in Bezug auf die Verfolgung von Ketzern und Häretikern.
Zurzeit bereite ich selbst ein Video zu den Hexenverfolgungen vor und habe dazu recherchiert: in diesen Fällen muss man die Kirche freisprechen. Die Hexenverfolgungen waren in der großen Masse eindeutig weltliche Angelegenheit. Die Kirche lehnte den Hexenglauben als Aberglauben sogar ab.
Trotzdem – so viel sei zugegeben – gehen auf das Konto der Kirche immerhin 97 Todesurteile für Hexen; 50.000 bis 60.000 aber eben nicht!
Der Hexenwahn als „Graswurzelbewegung“
Es geht dabei auch nicht nur um die Gerichtsbarkeit, nach dem Motto: „Die weltlichen Gerichte haben verurteilt und die Kirche war befriedigt“. Nein, abgesehen von den Verbrechen des Heinrich Kramer mit seinem Hexenhammer (der per Fälschung legitimiert war), hatte die Kirche keinen Anteil an dem Terror. Im Gegenteil: nicht wenige Kirchenleute sprachen sich gegen Hexenverfolgung aus.
Der Historiker Wolfgang Behringer, ein ausgewiesener Experte der Thematik, nennt die Hexenverfolgungen eine „Graswurzelbewegung“, weil sie von der einfachen Bevölkerung ausging.
Er bezeichnet die Idee, die Kirche sei der Drahtzieher, sogar als eine Verschwörungstheorie. Diese entstand erstmals im preußischen Kulturkampf und wurde dann von den Nazis wieder ausgegraben, um die kath. Kirche zu diskreditieren. Schlimm genug, dass wir heute in dieses Horn stoßen.“
Siehe zu diesem Themenkreis eine Pressemeldung der Universität Mainz: https://christlichesforum.info/ursachen-und-folgen-des-hexenglaubens/
HIER Belege für frühmittelalterliche kirchliche Stellungnahmen gegen Hexenwahn: https://christlichesforum.info/aufgeklaertes-mittelalter-der-kanon-episcopi-warnte-eindringlich-vor-dem-hexenwahn/
Erstveröffentlichung bei Christliches Forum.