Freitag, 7. Februar 2025

Angst vor der eigenen Courage

Der Untergang der Konservativen. Ein Gastbeitrag von Frank Steinkron

Wer andern eine Grube gräbt…

Angesichts der verheerenden Folgen der ungebremsten Massenmigration hat Friedrich Merz die Quadratur des Kreises versucht und ist daran gescheitert: im Bundestag eine „demokratische“ Mehrheit ohne Stimmen der AfD für Forderungen zu bekommen, die er von der AfD abgekupfert hat. Glaubte er tatsächlich, das linke Lager werde ihm die nötige Zustimmung gewähren?

Die AfD machte ihm jedenfalls einen Strich durch die Rechnung und stimmte am Mittwoch dem Antrag zu – trotz der darin enthaltenen Verleumdungen. Das Interesse des Landes, verkündete Alice Weidel staatstragend, stehe höher als parteipolitisches Kalkül oder persönliche Befindlichkeiten.

Nun stand Merz als der Zauberlehrling da, der die Geister, die er gerufen hatte, nicht wieder loswurde. Er war als Faschist markiert. Die Reaktion blieb nicht aus: Die CDU bekam einen Vorgeschmack auf das, was die AfD seit elf Jahren erduldet. Auf der Straße machte der linke Mob mobil, im Schulterschluss mit der Antifa, der sich der Innenminister von Sachsen vor nicht allzu langer Zeit noch als Freund angebiedert hatte. Die Antifa, nicht die AfD, ist die wahre „Giftnatter“ für die CDU. Und diese Natter hat die CDU unter Angela Merkel 16 Jahre lang an ihrem eigenen Busen genährt.

Der mutlose Merz

Zu allem Überdruss stieg Merkel selbst als Schreckgespenst aus ihrer Pensionärsgruft und schwang den Dolch gegen Merz. Der Spuk wirkte. Panikartig gingen am Freitag mehrere Abgeordnete von CDU und FDP von der Stange.

Jedoch ist das Dilemma von Merz nicht allein auf sein misslungenes Lavieren zurückzuführen. Es fehlt ihm schlichtweg der Mut, die Dinge entschlossen und geradlinig durchzustehen. Dieser Mangel zeigte sich am Mittwoch bereits unmittelbar nach der Verkündigung des ersten Abstimmungsergebnisses. Die Abgeordneten der CDU sahen sich nicht einmal imstande, ihrem eigenen Erfolg zu applaudieren. Ein verschämter Merz entschuldigte sich sogar dafür, eine Mehrheit bekommen zu haben, die es gar nicht hätte geben dürfen.

Die Feigheit des Konservatismus ist systemisch

Diese Mutlosigkeit ist mit ein Grund, warum es die AfD überhaupt gibt. Denn die Feigheit der Konservativen ist systemisch.

In guten Zeiten neigt der Bürgerlich-Konservative dazu, alles bewahren zu wollen, wie es ist. Ihm fehlt – erfreulicherweise – der umstürzlerische Fanatismus revolutionärer Ideologen. Ihm fehlt – bedauerlicherweise – aber auch der Gestaltungswille der Progressiven. Gerade in der frühen Bundesrepublik hat er sich in scheinbar sicheren Mehrheitsverhältnissen bequem gemacht und ist dabei bräsig und selbstgefällig geworden. Mit gutherrenartiger Herablassung meinte er, bestimmte Entwicklungen nicht ernstnehmen zu müssen und Widersacher als lästige Spinner abtun zu können.

Diese ignorante Unterschätzung des Gegners war den Konservativen schon 1933 zum Verhängnis geworden. Nicht weniger naiv war Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, der 1968 glaubte, er könne die linksradikale Studentenrevolte mit silberzüngiger Rhetorik zügeln. Den Marsch der Linken durch die Institutionen hielt dies nicht auf.

Zum Unwillen kam die Unfähigkeit. Den äußeren und zunehmend auch dem inneren Widerstand vermochten die Konservativen auch intellektuell immer weniger entgegenzusetzen. Streitbare Denker wie Sebastian Haffner, Joachim C. Fest, Johannes Gross oder Arnulf Baring starben. Der Rest suchte den Ausgleich. Man wollte seine Ruhe haben, schloss Kompromisse, sehnte sich nach dem, was der römische Staatsmann Cicero einst als den „consensus bonorum“ bezeichnet hatte. Als höchster Garant dieses „Konsens‘ der Guten“ empfahl sich Richard von Weizsäcker, von den Linken ähnlich geschätzt wie später Angela Merkel.

Die Konsensfalle

Jedoch hatten die Konservativen die Rechnung wieder einmal ohne den Wirt gemacht. Für einen Ideologen ist ein Kompromiss niemals eine dauerhafter Friedensschluss, sondern immer nur eine Etappe auf dem Weg zum großen Endziel – auch wenn er es geschickt versteht, gutgläubigen Gutmenschen das Gegenteil zu suggerieren.

Die Linken verstanden es sogar, Konsens-Themen der Konservativen aufzugreifen – um sie in ihrem Sinne neu zu besetzen. Im Oktober 2000, nach dem Brandanschlag auf eine Düsseldorfer Synagoge, rief Bundeskanzler Gerhard Schröder den „Aufstand der Anständigen“ aus, der sich schon bald zum Kampf der „Guten“ gegen „rechts“ entwickelte. Dass die Brandstiftung auf das Konto zweier Araber ging, wurde geflissentlich übersehen. Die Konservativen reichten Schröder willig die Hand – sie wollten ja auch zu den „Guten“ gehören. Fortan galt jede Kritik an Ausländern – und später auch an fremdländischer Masseneinwanderung – als „rechts“ und damit als böse und „demokratiefeindlich“. Aus Angst vor dem Stigma rückte die CDU noch weiter nach links.

Die Kampf-gegen-Rechts-Falle

Die Diffamierung der Rechten als „Demokratiefeinde“ (oder gar als „Faschisten“) reicht bis in den Stalinismus zurück. Franz Josef Strauß reagierte ebenso mutig wie hellsichtig mit der Forderung, rechts von der CSU dürfe es keine demokratische Mehrheit geben. Damit rechte Demokraten nicht zu einer rechtsextremen Partei überlaufen würden, sollten sie in einer rechtsdemokratischen Partei eine Heimat finden.

Als nach dem dem Linksruck der Unionsparteien unter Merkel viele rechte Demokraten heimatlos wurden, hoffte die Kanzlerin, die Unzufriedenen würden ins Lager der Nichtwähler abwandern und sich so marginalisieren, während eine „moderne“ CDU in den Fangründen der Sozialdemokraten und Grünen fischen konnte. Die Taktik funktionierte bis zur Gründung der AfD. Die Altparteien antworteten mit einer Umdeutung der Strauß-Doktrin. Weil die AfD rechts von der CDU stand, galt sie per se als „undemokratisch“. Die CDU hoffte mit dieser Diffamierungsstrategie, einen lästigen Konkurrenten loszuwerden und sich den Linken weiterhin anbiedern zu können.

Die Brandmauer-Falle

Die Linken wiederum erkannten die Chance, die CDU in Geiselhaft zu nehmen, gegebenenfalls auch als willfährige Mehrheitsbeschafferin dienstbar zu machen. Die Idee der Brandmauer war geboren: eine ideale Beschäftigungsgarantie für talentfreie Linke, eine selbstauferlegte babylonische Gefangenschaft für feige Konservative.

Die Kraft der neuen Rechten

Mit einem freilich hatte die CDU nicht gerechnet: mit dem Entstehen einer neuen Rechten, die im Unterschied zu ihr nicht nur patriotisch und prinzipienfest, sondern auch tapfer und entschlossen ist. Diese neue Rechte hat geistig aufgerüstet. Sie weiß sich argumentativ zu wehren, ist den sozialistischen Phrasendreschern intellektuell sogar überlegen (nicht zuletzt, weil sie die linken Herrschaftsdiskurse durchschaut hat und souverän für sich selbst zu nutzen weiß).

Sie scheut nicht, was die Konservativen längst verlernt haben: kämpferisch für die eigenen Werte einzustehen, in die Gegenoffensive zu gehen und auch Hass und Hetze auszuhalten. Und vor allem hat sie den Mut zur Veränderung.

Mit einer solchen Leidenschaft und einem solchen Gestaltungswillen – und nicht mit der blutleeren Zauderhaftigkeit eines oberlehrerhaften Merz – gewinnt man die Herzen der Menschen, vor allem der jungen.

Der CDU-Konservatismus hat sich sein eigenes Grab geschaufelt. Der Weg zur Wahlurne – mittelfristig könnte er zum Urnenbegräbnis werden.

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Bestseller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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