In seinem aktuellen Buch schenkt uns Paul Soldan eine Erzählung, die sich mit eindrücklichen Worten nicht nur vom kriegsbesoffenen Zeitgeist abhebt, sondern der von oben verhängten Zeitenwende geradezu trotzt. Eine Buchempfehlung von Ralph Zedler.
Die von der Politik seit einigen Jahren permanent heraufbeschworene „Zeitenwende“, die nichts anderes bedeutet als die bewusste Leugnung von althergebrachten und bewährten Werten und Traditionen, macht sich auch in der zeitgenössischen Literatur bemerkbar:
Neue Bücher pazifistischen Inhalts sind äußerst selten. Das Thema scheint für junge Autoren aus dem Blick geraten oder geradezu tabu zu sein. Selbst die Klassiker wie Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“, Heinrich Bölls „Wanderer, kommst du nach Spa…“ oder Wolfgang Borcherts eindringliche Kurzgeschichten scheinen als Schulstoff zwar noch gelegentlich behandelt zu werden, entfalten aber als mahnendes Gegengewicht zum alarmierenden und allgegenwärtigen Kriegsgetöse unserer Tage keine treibende Kraft mehr. Sie scheinen nur noch als Nostalgie-Archiv für unverbesserliche Altpazifisten zu dienen, aus denen man auf den leider noch viel zu schwach besuchten Friedensmahnwachen zitiert.
Um so bemerkenswerter ist es da, auf die Debüt-Erzählung des Rostocker Autors Paul Soldan (geb. 1988) hinzuweisen, der mit „Sheikhi – ein afrikanisches Märchen“ im Anderwelt Verlag ein flammendes Plädoyer für den Frieden vorgelegt hat. Da ich mit dem Autor persönlich befreundet bin, will ich hier nicht in hymnische Elogen verfallen, sondern nur einfach und guten Gewissens auf ein Buch hinweisen, das Hoffnung macht. Hoffnung auf eine bessere Zukunft, in der Menschen die Sinnlosigkeit des Krieges begriffen haben, ohne seine bestialischen Grausamkeiten und Unmenschlichkeiten erst am eigenen Leib erfahren haben zu müssen.
Sheikhi, der hochgeschätzte Imam eines afrikanischen Dorfes schafft es in vielen Gesprächen, die an einem verborgenen und schwer zugänglichen Ort im Wald stattfinden, den jungen Abanga von der Teilnahme am Krieg abzuhalten. Die Natur als Ort der Heilung und des Trostes spielt in diesem Buch eine ebenso entscheidende Rolle wie der eindringliche Appell an Humanität und Vernunft.
Das Buch ist formell raffiniert komponiert und lässt in Rückblenden das bewegte Leben des Imams mosaikartig vor unserem inneren Auge entstehen.
Paul Soldan schafft mit seinen eindrücklichen Worten eine Erzählung, die sich nicht nur vom kriegsbesoffenen Zeitgeist abhebt, sondern der von oben verhängten Zeitenwende geradezu trotzt.
Eine unbedingte Leseempfehlung und Geschenkidee zum Weihnachtsfest – vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene, die im Falle einer Eskalation des Krieges als erstes zur „Verteidigung des Vaterlandes“ herangezogen werden!
Paul Soldans „Sheikhi – ein afrikanisches Märchen“. Erschienen im Anderwelt Verlag (2024). Hier bestellen.
Und beim Kontrafunk gibt es sogar eine Hörprobe.
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