Wie miserabel es um die Qualität des deutschen Bildungssystems bestellt ist, zeigt ein internationaler Vergleich, den das Münchner ifo-Institut anhand von Schulleistungsstudien wie PISA und TIMSS angestellt hat. Hier liegt Deutschland nur auf Platz 30 – noch hinter Russland. (Studienergebnisse am Ende der Seite) – Gastbeitrag von Meinrad Müller
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger will nun mit sogenannten „Kompetenzzentren für digitales und digital gestützten Unterricht“ den Karren aus dem Graben ziehen. Lehrer sollen 33 Jahre nach Einführung des Internets fit gemacht werden, um Schüler mit Hilfe von Laptops unterrichten zu können.
Auch der Weisheit Lehren muss man mit Vergnügen hören
Bildung war noch nie einfach. Schon 1865 wies der Dichter Wilhelm Busch darauf hin, dass eine Besonderheit den Lernerfolg steigern kann. Er nannte es Vergnügen, das der Schüler beim Lernen empfinden sollte. Eine angenehme und lernfördernde Atmosphäre im Klassenzimmer zu schaffen, ist vor allem die pädagogische Kunst und Aufgabe der Lehrer. Neben dem eigentlichen Lernstoff werden soziale Kompetenzen erlebt, also pure Lebensweisheit, die kein Laptop vermitteln kann.
„Multiple-Choice“-Verfahren mit drei Antwortmöglichkeiten auf eine Frage sehen spielerisch aus, sind aber in letzter Konsequenz für den Schülern brutal. Falsch angekreuzte Antworten und die erreichte Punktzahl werden wie in einer Quizsendung knallhart präsentiert. Das ausgleichende Wort eines Lehrers, der auch Zwischentöne und Potenziale eines Schülers erkennen könnte, fehlt. Die vermeintlich bequeme und zentral gesteuerte Unterrichtsgestaltung führt daher, wie internationale Studien zeigen, nicht zu den gewünschten Lernerfolgen. Zudem ist eine damit einhergehende Entmenschlichung des Unterrichts genau das, was Schüler und Eltern am wenigsten wollen.
Studien zeigen, dass Technik allein nicht zielführend ist
Der Bundestagsabgeordnete Dr. Götz Frömming, schulpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, war selbst 20 Jahre lang Lehrer. Er weist auf Studien aus aller Welt hin, die sich kritisch mit dem Einsatz von Technik im Unterricht auseinandersetzen. Er fordert eine Besinnung auf bewährte Unterrichtsdidaktik.
- Italien: Trotz der Einführung von Technik in den Schulen schneiden italienische Schüler in internationalen Rankings wie PISA nur mäßig ab. Die Vermittlung von sozialen Kompetenzen und persönlicher Zuwendung, ein wichtiger Aspekt von Bildung, wurde durch die ausschließliche Konzentration auf digitale Bildung beeinträchtigt.
- Südafrika: Trotz des Einsatzes von Technologie hat das Land in verschiedenen internationalen Bildungsrankings wie PISA nur mäßige Ergebnisse erzielt. 3. Mexiko: In Mexiko stagnieren die PISA-Rankings trotz aller Digitalisierungsbemühungen.
- Philippinen: Die Einführung von Technologie in Schulen hat nicht immer zu besseren Lernergebnissen geführt. In einer Studie aus dem Jahr 2018 zeigen die Ergebnisse des National Achievement Test (NAT), dass es Raum für Verbesserungen gibt.
- Ägypten: Trotz der Einführung von Technologie in der Bildung schneiden ägyptische Schüler in internationalen Rankings wie PISA und TIMSS unterdurchschnittlich ab.
- Türkei: Obwohl die Türkei in den letzten Jahren in digitale Bildung investiert hat, haben türkische Schüler in PISA und anderen internationalen Rankings gemischte Ergebnisse erzielt.
- Kolumbien: Kolumbien schneidet in den PISA-Rankings trotz der Einführung von Technologie im Unterricht unterdurchschnittlich ab.
- Indien: Trotz der Einführung von Technologien wie Smartboards und Computern in Schulen sind viele Schüler benachteiligt. Lernerfolge wurden in Studien wie ASER gemessen, die Schwächen im Lesen und in Mathematik aufzeigten.
Obwohl die Technologie viele Vorteile bietet, kann sie allein den Lernerfolg nicht garantieren. Die Bildungssysteme müssen sicherstellen, dass sie sowohl die technologischen als auch die menschlichen Aspekte der Bildung berücksichtigen. Nur so kann der bestmögliche Lernerfolg für alle Schüler erreicht werden.
Um noch einmal Wilhelm Busch zu zitieren:
Dass es mit Verstand geschah, war Lehrer Lämpel da.
Die zentrale Figur des Unterrichts ist und bleibt der Lehrer. Daran ändert auch eine mit Millionen geförderte Digitalisierung nichts. Das „Neuland“, wie Angela Merkel das Internet noch 2013 bezeichnete, lässt sich auch mit Fördergeldern nicht zum Blühen bringen.
Weiterführende Links zu Studienergebnissen:
- Ifo Bildungsbarometer 2019: In diesem Bericht werden die Ergebnisse der PISA- und TIMSS-Studien 2018 analysiert und mit früheren Ergebnissen verglichen. Der Fokus liegt auf den Leistungen deutscher Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich. Hier ist der Link zum Bericht: https://www.ifo.de/publikationen/2019/aufsatz-zeitschrift/ifo-bildungsbarometer-2019
- PISA-Studie 2018: Hierbei handelt es sich um die internationale Vergleichsstudie der OECD, bei der Schülerinnen und Schüler aus 79 Ländern in den Bereichen Lesekompetenz, Mathematik und Naturwissenschaften getestet werden. Deutschland hat dabei insgesamt gut abgeschnitten, liegt aber in einigen Bereichen im Mittelfeld. Hier ist der Link zur offiziellen PISA-Website: https://www.oecd.org/pisa/
- TIMSS-Studie 2019: Dies ist eine internationale Vergleichsstudie, die von der IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement) durchgeführt wird. Hierbei werden Schülerinnen und Schüler in den Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften getestet. Deutschland hat in dieser Studie im internationalen Vergleich insgesamt gute Ergebnisse erzielt. Hier ist der Link zur offiziellen TIMSS-Website: https://timss2019.org/
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