Freitag, 19. April 2024

Ukrainekrieg bei „Springer“-Medien: „Clickbaiting“ statt Journalismus

Inzwischen ist es gang und gäbe, dass die großen Mainstreammedien, die sich alle ihre eigenen „Haus-Faktenprüfer“ halten, mit – freundlich ausgedrückt – unjournalistischen Stilmitteln bzw. irreführend eingesetztem, gestellten Bildmaterial in ihrem Sinne primär Emotionen wecken wollen. Bijan Peymani hat einen derartigen Fall sorgsam recherchiert.

Am 18. September 2022 stellte die Redaktion von welt.de ein Video zum Ukraine-Krieg („Rückerobertes Kupjansk“) online. Es war mit folgender Headline versehen:
„Stehen direkt an der Frontlinie – hinter mit ist gerade eine Rakete eingeschlagen“. Als Zeuge aufgeführt wird „Welt“-Reporter Max Hermes.

Ich hatte den Axel-Springer-Verlag daraufhin mit dem Beitrag konfrontiert und kritisch nachgefragt, welche Belege die „Welt“-Redaktion für die Echtheit dieses Vorfalls liefern kann.

„Aber es gab doch Rauchschwaden“

Eine Verlagssprecherin antwortet mir nun dazu. Sie muss einräumen: „Das Foto, das als Startbild zu sehen ist, bezieht sich nicht auf die Aussage ,hinter mir ist eine Rakete eingeschlagen‘. Das Foto, das zu sehen ist, zeigt eine Rakete, die Tage zuvor eingeschlagen, aber nicht explodiert ist.“ (Anm. Peymani: Diese Behauptung lässt sich nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen. Es kann ebenso gut eine arrangierte Szene sein.)

Auf meine Nachfrage, ob es denn tatsächlich Raketeneinschläge als Grundlage für diese Überschrift gegeben habe, antwortet die Sprecherin: „Die Szene ,Hinter mir ist gerade eine Rakete eingeschlagen‘ ist (…) im Video zu sehen, es ist der Aufsager von Max Hermes, bei dem sichtbar dichter, schwarzer Rauch aufsteigt. Der Raketeneinschlag ist nicht sichtbar im Bild, Max Hermes und sein Team haben aber den Aufprall lautstark gehört und man sieht im Aufsager die Rauchschwaden.“

Nicht falsch, aber Arbeit mit gestellter Szene

Das ist klassisches „Clickbaiting“! Grundsätzlich ist der Beitrag nicht falsch, aber er arbeitet mit aus meiner Sicht unjournalistischen Stilmitteln (auch wenn es alle so machen, ist es nicht akzeptabel). Mangels eines live gefilmten Raketeneinschlags, was die wahre Dramatik des Krieges vermitteln und mehr Aufmerksamkeit versprechen würde, arbeitet die Redaktion von welt.de mit einer „gestellten“ Szene im Aufmacherbild samt reißerischer Headline. Es geht nicht um Fakten, es geht vor allem um (die richtigen) Emotionen.

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(Addendum, DB) „Clickbaiting“ statt Journalismus: Ähnliches ließe sich besonders auch bei der Ukraine-Propaganda, die die Bild täglich liefert, sagen.

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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