Ein Beitrag zur Anatomie der drei letzten deutschen Diktaturen. Von Dr. Josef Thoma, Berlin
„Der rote Apfel fällt nicht weit vom braunen Stamm“ (Dr. Hildegard Hamm-Brücher, 1969) „Der grüne auch nicht…“ (Dr. Josef Thoma, 2022)
Als ich kürzlich vor Schweizer Kollegen vortragen durfte, habe ich sie beglückwünscht: Denn im Gegensatz den Schweizern, ist all das, was seit zwei Jahren über uns hereinbricht, für uns Deutsche nicht neu. Wir mußten das (nach alter Zählung) innerhalb der letzten 90 Jahre zweimal erleben. Das erste Mal von 1933 bis 1945, in der Zeit des Nationalsozialismus, der ersten, der braunen Diktatur. Und das zweite mal während der SED-Diktatur, der zweiten, der roten Diktatur.
Unterschiede trotz gemeinsamen Schreckens
Die beiden genannten Diktaturen taten sich in ihrer Schrecklichkeit nicht viel, und doch waren sie in vieler Beziehung unterschiedlich. Vor allem geben sie uns heute rückblickend Gelegenheit, sozusagen unter Laborbedingungen, Ursprung, Wirkung und Ende totalitärer Staaten zu untersuchen und für das, was wir nun, nach deutscher Zählung, als dritte, die Corona Diktatur bezeichnen dürfen, Schlüsse zu ziehen. Ich glaube, daß kein anderes Volk als wir Deutsche die zweifelhafte Ehre hat, sich einer solchen Möglichkeit der historischen Betrachtung rühmen zu dürfen.
Zu unserem Glück oder vielleicht auch Unglück können wir an diesen beiden historischen Experimenten jetzt nicht nur untersuchen, wie die Menschen während der Zeit der Diktaturen sondern auch, wie sie unmittelbar danach mit diesen totalitären Systemen umgegangen sind und welche Veränderungen die Menschen selber möglicherweise dabei erfahren haben.
Lassen Sie uns deshalb heute gleichsam eine Kernbohrung vornehmen, sich auf eine kurze Reise ins Innere zu Grund und Abgrund der menschlichen Psyche mitnehmen , aus welcher solche Zyklen masochistischer Selbstzerstörung mit erstaunlicher Regelmäßigkeit geboren werden.
Das Sündenbocktheorem – Tatsache oder Verschwörungstheorie?
Wenn sich auch der Corona-Totalitarismus und der des NS-Staats in vielen Dingen gleichen, so darf das nicht ungeprüft zu Analogien führen, die den Coronakritikern denn auch gern als Verschwörungstheorien angelastet werden.
Eine dieser Analogien ist das sog. „Sündenbock-Theorem“. Dieses Denk-Modell, geht davon aus, daß die aus Frustration herrührenden Aggressionen auf andere verschoben werden.
Die Verfolgung der jüdischen Bürger wie auch anderer Volksgruppen im Dritten Reich hatte unausgesprochen Sündenbockfunktion. Dem Volk mußte ein Ziel geboten werden, auf dieses hin Zorn, Enttäuschung und Rachegelüste ob des verlorenen ersten großen 1914er Krieges und den Wirren der Zeit danach gelenkt werden konnten.
Zusammen mit einem latent vielerorts, nicht nur in Deutschland, bestehenden Antisemitismus und Antiliberalismus, lieferte das sozusagen den theoretischen Unterbau für einen irrationalen Staatsterrorismus, der in normalen Zeiten sicherlich keinen Rückhalt im Volk gefunden hätte.
In die Corona-Zeit hinein übersetzt lautete zu Beginn denn auch die vielfach geäußerte Ansicht, die sich seit 2020 immer schizophrener gestaltenden Schreckensszenarien seien von Anfang an ausschließlich erdacht worden um die Aufmerksamkeit der Menschen von einem schon lange geplanten Umbau der Weltordnung im Sinne eines grand reset o.ä. abzulenken.
Ich kann diese Theorie zwar nicht widerlegen, aber ich habe auch noch niemanden getroffen, der sie schlüssig beweisen könnte.
Die erste „Welle“ gab es wirklich
Wenn auch rein statistisch eine Übersterblichkeit in der ersten Corona-Welle widerlegt ist, können wir nicht leugnen, daß zu Beginn der Wildtyp des Virus, die Delta-Variante, in der Tat Angst und Schrecken verbreitete und in Ländern, die über nur rudimentäre Gesundheitssysteme verfügen, zahlreiche Opfer gefunden hat. Das brach vielerorts durchaus gleich einer gefährliche Seuche über die Menschen herein. Und bei Lichte besehen muß man schon auch einmal fragen dürfen, was denn ein verantwortlicher Politiker zu Beginn der damals im ersten Schreck und durchaus nachvollziehbar zur Pandemie beförderten Krankheitswelle hätte tun sollen. Er konnte eigentlich nur falsch handeln: für die einen bösartig zu viel – für die anderen fahrlässig zu wenig.
Wer damals als verantwortlicher Amtsarzt, Landrat oder Bürgermeister zu Gelassenheit und Augenmaß aufgerufen hätte, dem wäre jeder Corona-Tote persönlich zur Last gelegt worden.
Im Gegensatz zur Situation 1933, zu Beginn des Nationalsozialismus, gab es zu Beginn der Corona-Manie also durchaus eine nicht von der Hand zu weisende Bedrohung, zumindest wurde sie in der Bevölkerung in weiten Teilen so wahrgenommen.
Daß dieses Bedrohungsszenarium von der Politik dankbar aufgegriffen wurde, um totalitäres Regierungsgehabe, das vorher völlig inakzeptabel gewesen wäre, dauerhaft zu etablieren, merkten die Betroffenen erst als es bereits zu spät war.
Da waren sie dann doch, die Sündenböcke
Als sich später die Erfolglosigkeit und Unbegründetheit der Coronamaßnahmen nicht mehr verheimlichen ließen, da kam die Sündenbock-Theorie dann doch wieder zu ihrem Recht.
Die hierüber drohenden Frustrationen und Aggressionen seitens einer enttäuschten Bevölkerung wurden einfach auf die Ungeimpften projiziert.
Sündenböcke haben es schwer: Denn diese Projektionen sind meist destruktiver Art, wie die Geschichte hinreichend lehrt. Und da das Einschlagen auf Sündenböcke schon von seinem Wesen her nichts anderes ist als ausgelebte Irrationalität, gelingt es den Opfern auch nicht, sich mit rationalen Argumenten zur Wehr zu setzen.
Was nun folgte, war eine in Deutschland bis dahin nicht mehr für möglich gehaltene Aussonderung, Aussperrung, Entwürdigung und Diskriminierung von Menschen.
Die 1 G oder 2 G – Regelung, der es von Anfang an und heute unumwunden eingestanden jeder soliden wissenschaftlichen Evidenz ermangelte, erinnert angesichts der Willkür und des Fanatismus, mit der sie vollzogen wurde, in geradezu fataler Weise an die Stigmatisierung und Verfolgung jüdischer Bürger und anderer Volksgruppen in den Jahren 1934 bis 1942. Im Rahmen der Berliner Wannseekonferenz wurde dann 1942 mit deutscher bürokratischer Akribie die Vernichtung in Auftrag gegeben. Das nur nochmal zur Auffrischung eins sichtlich nachlassenden Gedächtnisses vieler Mitbürger.
Das ging in Deutschland tatsächlich bis hin zum Ausschluss Ungeimpfter von den sog. Obdachlosen-Tafeln, was nichts anderes sagen soll als, wer sich nicht impfen läßt, braucht auch nichts zu essen. Grüne Humanisten und Mitglieder der, man darf das inzwischen sagen, „berüchtigten“ deutschen Ethikpäpste stellten die Frage: Impfung oder Altersversorgung.
Diskriminierung und Ausgrenzung durch die Ärzteschaft 1933 und 2021
Schlimmer noch:
Der gefühlt größte Teil der Ärzteschaft, neben Priestern schon seit jeher kraft Amtes letzte Instanz vorurteilsloser Hilfe, gefällt sich auch noch in der Rolle des Erfüllungsgehilfen dieser Sonderbehandlung Ungeimpfter.
Schon von daher kommt dem folgenden Zitat aus dem Buch: Hitlers Eliten nach 1945, herausgegeben von Norbert Frei, durchaus grenz- und zeitübergreifende Aktualität zu:
Ich zitiere:
Die Nationalsozialisten konnten 1933 kaum Schritt halten, so schnell vollzog die deutsche Ärzteschaft ihre Selbstgleichschaltung. Die Standesvertretungen ordneten sich dem neuen Regime unter, die Ärzteverbände begannen mit der Ausgrenzung jüdischer Kollegen, noch bevor dies verlangt worden war, und nicht weniger als 46 % der deutschen Ärzte wurden Mitglieder der NSDAP, 11 Prozent traten der SS bei.
Wenn Sie wüßten, was ungeimpfte Patienten über die entwürdigende und erniedrigende Behandlung in vielen deutschen Praxen und Kliniken berichten, so gewänne die Analogie zur NS-Diktatur zusätzliche Aktualität.
Die Ärzteschaft in der SED-Diktatur
Untersucht man das Verhalten der Ärzteschaft der SED-Diktatur so darf man sagen, daß es eine derart bedingungslose Unterwerfung der Mediziner unter eine unverhüllt daherkommende totalitäre Staatsdoktrin während der SED- Diktatur nicht gegeben hat.
Dieses zunächst erstaunlich anmutende unterschiedliche Verhalten der Ärzteschaft der beiden ersten deutschen Diktaturen ist erklärbar:
Die deutschen Ärzte hatten 1933 durchaus etwas zu verlieren: Soziale Stellung und materielle Sicherheit auch in schwierigen Zeiten. Die Hingabe an die neuen Machthaber sicherte beides, bewahrte übrigens auch nach dem Zusammenbruch vor allzuheftiger Bestrafung und Sühne und, das scheint mir doch wesentlich, gibt Hinweise auf offenbar weitverbreitete, zwar stets mit Inbrunst verleugnete und im tiefen Innersten aber sorgsam behütete, Beweggründe, gerade diesen Beruf zu ergreifen.
Wer in der SED-Diktatur den Beruf des Arztes wählte, hatte, von Ausnahmen abgesehen, nicht Reichtümer noch gesellschaftlichen Einfluß zu erwarten. Offenbar mußte da noch etwas anderes sein, was mehr zählte.
Staatliche Gewalt gegen Kritiker als Ausdruck paranoider Rationalisierung
Unser heutiges Anliegen ist es ja, in die tieferen Schichten der menschlichen Psyche hinabzusteigen, denn daß sich der Corona-Totalitarismus ausschließlich und zuallererst auf medizinische Tatsachen gründet, darf inzwischen getrost als Anlage zur Jubiläumsausgabe von Grimms Märchen gewertet werden.
Je schwächer die Rechtfertigung, desto kompromißloser, ja brutaler das Vorgehen gegen Kritiker. Dieser Grundsatz zieht sich durch die gesamte Historie diktatorischer Regime.
Der im wahren Wortsinn zivilisierte Umgang mit Warnern und Mahnern wird gemeinhin als wesentliche Errungenschaft ebendieser menschlichen Zivilisation gerühmt. Im Idealfalle gelten in der Gesellschaftspsychologie Toleranz und gegenseitige Achtung sowie Menschenliebe als unverzichtbare Merkmale eines positiven Charakter-Grundsubstanz. Diese charakterliche Grundsubstanz, wir können sie auch als emotionale oder Charakter-Matrix bezeichnen, ist so unverwechselbar wie ein Fingerabdruck. Aus ihr heraus ergibt sich die faszinierende Verschiedenheit der Menschen. Niemand kann ihr entfliehen, sie auf Dauer verbergen oder sich ihrer entledigen. Kein Geringerer als Richard von Weizsäcker hat das wirklichkeitsfremde sozialistische Gleichheitsgefasel entlarvt mit seinem Ausspruch:
„Es ist normal, daß wir verschieden sind“
Gut und Böse von Anbeginn an
In allerletzter Konsequenz bedeutet das nichts anderes, als daß uns das Böse wie das Gute in ganz unterschiedlicher Zusammensetzung von Anbeginn an zugedacht sind. Jemandem, der ein Mehr an positiver Charakter-Matrix mitbekommen hat, wird es folglich leichter fallen „gut“ zu sein als jemand anderem, mit ganz andere Charaktermatrix ausgestattet, dem das Gute nur mit immer neuem Bemühen gelingt.
Wir wollen hier nicht die auf dieser Erkenntnis aufbauenden verschiedenen atemberaubenden Ethik-Gebäude besichtigen. Als Beweis für die zeitlose Richtigkeit dieser Erkenntnis soll es genügen, aus der Spruchsammlung des immerhin fast 2000 Jahre alten christlichen Neuen Testaments zu zitieren:
„Ich bin nicht gerufen, Gerechte zu rufen sondern Sünder“ ,Mk 2,17
Staatsanwaltliche Gewaltexzesse als „Fälschung der Vernunft“ (Erich Fromm)
Betrachten wir einmal die vielerorts dokumentierte systematische sinnentleerte Brutalität mit der Staatsanwaltschaften in Hamburg, Bayern, Baden-Württemberg oder Berlin aus weniger als nichtigem Anlaß unter Gebrauch altgermanischer Rammböcke in Wohnungen eindringen, Bewohner in Angst und Schrecken versetzen und als politische Speerspitzen mißbrauchte Polizisten teilweise wie Vandalen hausen lassen, oder auch die zunächst völlig unverständliche Brutalität der Berliner polizeilichen Schlägertrupps.
„Normale“ oder sagen wir besser gesellschaftsübliche menschliche Verhaltensweisen im täglichen Leben bei den beteiligten Behördenvertretern voraussetzend begegnen wir hier dem Phänomen der sog. Rationalisierung irrationaler Leidenschaften und Impulse, eines typisch paranoiden Wesenzugs also.
Der plötzliche Ausbruch von Brutalität ist ja meist keineswegs ein Abbild der gesamte Persönlichkeit des Täters, aber gehirngewaschen durch die pausenlose Berieselung mit Regierungspropaganda verinnerlicht und verteidigt er diese Unwahrheiten und Ungereimtheiten bis er schließlich glaubt, was er sagt und an das glaubt, was er tut.
Sollte dann die zuvor beschriebene Charaktermatrix des Polizisten oder seines Vorgesetzten noch Züge eines ohnehin autoritären Charakters, dessen Ingredienzien eine Neigung zum Herrschen und Hass gegen die Machtlosen, sind, dann braucht es nicht mehr viel, daß dieses unselige Gemenge zu einer explosiven Mischung und in der Folge zu eruptiven ungehemmten Gewaltexzessen gerät, die weit über das zunächst Beabsichtigte hinausgehen:
Der Kommandant eines Konzentrationslagers, im Privaten ein geistvoller Gesprächspartner, der sich rührend um seine Familie kümmert und in der Freizeit Geige spielt oder ein Generalfeldmarschall, der nach der Vernichtung der gegnerischen Hafenstadt, sich bei einer guten Zigarre und einem Glas Cognac in seine Bibliothek zurückzieht um Goethe zu lesen.
Sie alle haben erfolgreich ihrer eigenen Vernunft ein Schnippchen geschlagen und fühlen sich von aller Schuld frei.
Der große Psychoanalytiker Erich Fromm hat das einmal „die Fälschung der Vernunft“ genannt.
Gehen wir nun noch einen Schritt weiter und stellen fest, daß die Verantwortung für ihre Taten von den Tätern damals wie heute immer nach oben weitergereicht wird, so bedeutet das, daß die Schuldigen, diejenigen, die die Abgründe der menschlichen Psyche zu ihrem Vorteile zu nutzen wissen, oben, ich meine ganz oben und möglicherweise ganz woanders sitzen als es zunächst den Anschein hat.
In der SED-Diktatur war ein manches anders
Diese gesellschafts-psychologischen Verhaltensmuster sind natürlich allen Diktaturen in der einen oder anderen Erscheinungsform zu eigen.
Die SED Diktatur macht da keine Ausnahme. Ihr Ziel war allerdings zuallererst die Wahrung ihrer eigenen Existenz. Man wußte ziemlich genau, was man tun durfte und was man lassen sollte. Der Rest war, um mit Manfred Stolpe, dem ersten brandenburgischen Ministerpräsidenten nach der Wende zu sprechen, ein gemütlicher Knast mit ziemlich festen Regeln.
Haßgetriebene, paranoide Vernichtungsfeldzüge der Justizorgane, wie sie während der Corona-Diktatur nun beinahe an der Tagesordnung sind, hat es in der SED-Diktatur in dieser Form kaum gegeben.
Es wäre durchaus lohnend einmal zu untersuchen warum der Meinungs- und Staatsterror der nach deutscher Zählung dritten, der Corona-Diktatur, vor allem in den rot-grün beherrschten Bundesländern seine stärkste Ausprägung findet.
Gewisse politische Grundsatz-Programme oder Ideologien tragen offensichtlich schon seit jeher den Keim des Diktatorischen und Totalitaristischen in sich.
Hildegard Hamm-Brücher, eine der wenigen Nachkriegsliberalen von geistigem Format und Zeitzeugin der NS-Diktatur hatte dazu bereits 1969 angemerkt:
„Der rote Apfel fällt nicht weit vom braunen Stamm.“
Aus deutscher Sicht möchte ich nun hinzufügen:
Der grüne auch nicht.
So schlimm war es bei uns nicht…
In unserem Bemühen, Analogien und Unterschiede zwischen den drei deutschen Diktaturen der letzten 90 Jahre zu finden, müssen wir die SED-Diktatur doch noch etwas näher betrachten, einfach weil sie uns zeitlich am nächsten ist und wir tagtäglich Zeitzeugen dieser Epoche deutscher Geschichte begegnen.
Ich weiß nicht, wie oft mir Patienten aus der ehemaligen DDR angesichts des neuen deutschen Meinungs- und Staatsterrors gesagt haben:
„Das was wir jetzt erleben ist schlimmer als die SED-Diktatur“
Diese Feststellung von Menschen, die es wissen müssen, ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Sie erkennt zunächst beiden Systemen die Eigenschaft der Diktatur zu und trifft andererseits eine auf eigenem Erleben gründende wesentliche Unterscheidung.
Man hat das in Deutschland noch nie gern gehört: Die Nazis wurden von den Deutschen an die Macht gewählt; das brach nicht wie eine Naturkatastrophe über die Menschen herein. Und auch der Corona-Totalitarismus hat, wenn man die Wahlergebnisse der letzten Wahlen bedenkt, länderübergreifend eine solide demokratische Legitimation, läßt man die inzwischen größte Partei, die der Nichtwähler, einmal außer acht.
Das gilt für die Deutschen, die das Pech hatten, 1945 auf der falschen Seite der Elbe zu wohnen, eben nicht. Diese Diktatur wurde den Menschen von der Siegermacht übergestülpt. Gegenwehr oder Flucht waren nicht nur zwecklos sondern bis 1989 angesichts der innerdeutsche Grenze, die in ihrer Monstrosität und Grausamkeit einem Konzentrationslager alle Ehre gemacht hätte, tödlich.
Und doch mußte die Familie ernährt, für das Fortkommen der Kinder gesorgt und überhaupt so etwas wie ein normales Leben unter anormalen Umständen geführt werden.
Eine genaue gesellschaftspsychologische Analyse würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Nur soviel:
In der vielzitierten zwangsläufigen inneren Emigration der meisten DDR Bürger entstand auf diese Weise eine ganz eigene, durchaus anrührende Ausprägung von Zivilisation, in der Solidarität, gegenseitige Hilfsbereitschaft und bestimmte althergebrachte gesellschaftliche Gebräuche und positive Formalismen sich halten und gedeihen konnten und so das Leben, manche sagen, das Überleben, erleichterten. Mögen sie zuweilen auch als stille Opposition gegen die Herrschenden gedacht gewesen sein so respektierte der Staatsapparat das weitgehend solange die Produktionsnorm erfüllt und der Primat der Einheitspartei unangetastet blieben.
Epigenetik – es gibt sie doch
Epigenetisch konnten sich so im Laufe der 40 Jahre SED-Diktatur ganz bestimmte Charakterstrukturen herausbilden, mit denen die vielzitierten Wessis nach der Wiedervereinigung 1989 anfangs nichts Rechtes anzufangen wußten: Harmoniebedürfnis, Mißtrauen gegenüber bevormundender politischer Rhetorik, Solidarität gegenüber Bedrängten, Stolz auf das unter zuweilen sehr schwierigen Bedingungen Bewahrte und Erreichte aber auch eine, für viele von uns fremde, Bevorzugung von Gleichheit gegenüber Freiheit.
Spricht man mit Menschen aus den neuen Bundesländern, so spürt man wie viele von ihnen diesen inneren Kokon, in dem sich auch unter widrigen Umständen Zivilisation weiter am Leben halten kann, in der Corona-Diktatur vermissen.
Sie beklagen die zunehmend wahnhaft paranoiden Züge der dritten deutschen, der Corona-Diktatur, das stündlich die Richtung wechselnde, hilflos irre und irrlichternde Argumentieren politisierender Experten und expertenmimender Politiker. Sie spüren mit ihrer DDR-geschärften Sensibilität die Unaufrichtigkeit und die Korruptheit sogenannter wissenschaftlicher Institutionen.
Am Zeitungskiosk sind sie durchaus in der Lage, bereits aus der Schlagzeile zu erkennen ob das Weiterlesen lohnt und sie fürchten die unverhersagbaren Gewaltexzesse bundesdeutscher Justiz.
Wahn – der Weg ist das Ziel
NS- und Corona-Diktatur – beide tragen eindeutig wahnhafte Züge
Da ist nichts Verläßliches, nichts Bleibendes, nur ein sich selbst befeuerndes Vorwärtshasten, dessen einziges Ziel der Weg ist. Rassenwahn, Massenwahn und neuerdings – wieder einmal – Kriegswahn. Am Ende steht nichts wofür es sich zu kämpfen lohnt sondern der eigene Untergang.
Lassen wir es mit diesem Ausblick bei den bisher gewonnen Einblicken in die tieferen Ursachen verschiedener Formen des deutschen Staatstotalitarismus der letzten 90 Jahre bewenden.
Im kommenden Herbst und Winter werden wir möglicherweise, im eigenen Wohnzimmer in Hut und Mantel gehüllt frierend, sehen wie wenig wir Deutsche daraus gelernt haben.
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