Sonntag, 22. Dezember 2024

Wie Information unser Denken beeinflusst

Am Wochenende bekam ich Besuch von einer Vertreterin. Es endete mit einem Internet-Vertrag bei einem anderen Provider. Wie es dazu kam, und wie die Dame vorging, erläutere ich nachfolgend.

Wir alle sind abhängig von den uns zur Verfügung gestellten Informationen, – nur leider sind Informationen in der Regel keine Fakten. Sie sind eine Mischung aus selektiv ausgewählten Fakten und Interpretationen, sowie bewusst und unbewusst eingestreuten Fehlinformationen, Denkfehlern, Vereinfachungen.

Wahrheit – woher nehmen und nicht stehlen?

Wir alle wünschen uns natürlich jemanden, der mehr weiß als wir, und uns dann die Zusammenhänge erklärt, so, dass es für unser persönliches Auffassungsvermögen und unseren persönlichen Kenntnisstand passend ist. Das sind zunächst unsere Eltern, später dann unsere Lehrer und Professoren, und schließlich, wenn wir „erwachsen“ sind, Experten und Journalisten. Und wir vertrauen ihnen, weil das in unseren Genen angelegt ist und weil wir auch gar keine andere Wahl haben.

Der Witz ist: Auch unsere Informanten trauen wieder anderen Leuten, die sie „informierten“. Da entsteht letztlich eine endlose Kette, wie bei der stillen Post, die neben verifizierbaren Fakten auch auf Zeitgeist, hartnäckigen Denkfehlern, veralteten Einschätzungen und Kenntnissen, vor allem aber auch auf gezielt gestreuten Fehlinformationen beruht. Jeder will jeden manipulieren, bei vielen (Politiker, Journalisten, Werbetexter, Vertreter) ist das wesentlicher Bestandteil des Berufes.

Überall, selbst in den Wissenschaften ist das so. Auch Wissenschaftler wollen und müssen ihre Thesen gut „verkaufen“, um mediale Aufmerksamkeit und Forschungsgelder zu bekommen. Wer steht am Anfang, an der Quelle der Kette? Wer hat Einfluss auf ihren Verlauf?

Die Dame stellte sich als Technikerin von der Telekom vor

Eine Expertin, wenn man so will. Sie war tatsächlich von der Telekom bzw. einer Subfirma, hatte einen Ausweis, unbestreitbare Fachkenntnisse, und auch Wissen über Details der Verkabelung, die nur der Anbieter selber kennen kann. Die Internet- und Telefonkabel in unserer Straße gehören allesamt der Telekom und werden von dieser an Provider vermietet.

Sie erläuterte, dass man gemeldeten Störungen nachgehe, und fragte mich, ob die auch bei mir aufgetreten seien (das waren sie). Und meinte dann, das läge an den alten, maroden Leitungen. Die Telekom habe deshalb vor, alles auf VDSL umzustellen (ein Glasfaser-basierter Standard), womit nicht nur alle Störungen behoben wären, sondern auch ein wesentlich höheres Tempo zur Verfügung stünde. Schließlich verschaffte sie sich Zutritt zu meinem Haus mit der Bitte, sich meinen Router anschauen zu dürfen, ob der mit der neuen Technologie kompatibel ist.

Eine (falsche) Skizze, die VDSL erläutert
Skizze der Vertreterin

Dann bat sie noch um einen Zettel und setzte sich uneingeladen aber nicht grenzüberschreitend an meinen Küchentisch, um mir alles erklären zu können. Beim bisherigen DSL-Anschluss würden alle an einer Leitung hängen, und wenn irgendwo eine Störung auftritt, würde das alle anderen mit beeinträchtigen. Bei VDSL liefen die Kabel dagegen störungsfrei parallel. (Inzwischen habe ich recherchiert, dass das so nicht richtig ist, Tatsache ist nur, dass VDSL halt schneller ist.)

Danach bot sie mir noch alle möglichen Boni, erläuterte, dass mein neuer Router viel besser wäre als der, den ich jetzt habe (was Reichweite und Tempo anginge) und dass man alles mit meinem alten Vertragsparter regeln würde und ich mich um nichts kümmern müsse. Genau das mag ich. Und ich habe ehrlich gesagt auch keine Ahnung von DSL und VDSL und Downloadgeschwindigkeiten. Hauptsache ich habe ungestörten Internetzugang und jemand kümmert sich um alles (Achtung, Gleichnis!)

Sie war übrigens sehr nett, die Dame, flirtete ein wenig mit mir, meinte, ich würde ja viel jünger aussehen, als ich sei, und nach Vertragsabschluss verabschiedete sie sich mit einer Faust an Faust Geste, so, als hätten wir beide gerade etwas Großartiges auf die Beine gestellt.

Mein Internet hat tatsächlich häufig Störungen und der neue Vertrag ist auch nur 5 Euro teurer als der alte bei meinem bisherigen Provider. Ich bin also keinem Betrug auf den Leim gegangen, das zur Ehrenrettung auch der Telekom, die ohnehin den Vertrieb an Subfirmen abgegeben hat.

Nachdenklich wurde ich aber, als ein Kontrollanruf kam, in dem ich meine Daten bestätigen sollte und mir dann mitgeteilt wurde, dass mir die Vertragsunterlagen in 14 Tagen zugestellt würden. Hoppla, 14 Tage? Das ist genau der Zeitraum, in dem man ein Rücktrittsrecht bei Haustürgeschäften hat.

Ich fing also an, selber zu recherchieren und stellte fest:

1. Es gibt keine zukünftige Umstellung, nach der mein alter Router nicht mehr funktioniert. Diese Umstellung hat längst stattgefunden, es gibt längst VDSL im Angebot. Das tangiert meinen Router also gar nicht, nur für VDSL bräuchte ich halt einen neuen. Die „Umstellung“ die man vorhat, ist also die meines eigenen Anschlusses. Eine geschickt ins Verkaufsgespräch eingestreute Halbwahrheit also.

2. Dieses neue VDSL-Angebot gibt es bei meinem alten Provider ganz genauso, gleiche Bedingungen, gleicher Preis.

3. Mag ja sein, dass die Dame Technikerin ist, unterwegs war sie aber als Verkäufer, nicht als „Pannenhelfer“. Viele Techniker und Experten sind übrigens im Vertrieb tätig, einer der Bekanntesten ist Virologe Christian Drosten. Er verkauft Regierungsentscheidungen, indem er ihnen ein wissenschaftliches Mäntelchen verpasst, und er verkauft Impfungen, damit er weiterhin Forschungsgelder von der Pharmaindustrie bekommt. Die meisten Experten verkaufen etwas, und sei es auch nur sich selbst, da darf man sich keinen Illusionen hingeben.

Ich habe den Vertrag inzwischen rückgängig gemacht, weil ich gerne unabhängig entscheiden will, bei welchem Anbieter ich lande. In der Politik können wir unsere Wahlentscheidungen aber leider nicht mehr rückgängig machen, selbst wenn uns frühzeitig  bewusst wird, dass wir verarscht wurden. Wieder und wieder, aber bis zur nächsten Wahl ist es vergessen.

Jeder auf der Welt will uns etwas verkaufen

Der Partnersuchende seine eigene Person. Der Politiker ebenso. Der Journalist seine Artikel, der Fachautor seine Bücher, der Wissenschaftler seine Thesen, der Fachmann/Experte seine Dienstleistung.

Ist man schon länger im Amt, dann muss man – neben der eigenen Person – auch noch unzählige Unterstützer mit „verkaufen“. Der Politiker all die Lobbyisten, die ihn mit Geldspenden und „Informationen“ unterstützten, der Journalist seine Verleger/Geldgeber (oft politisch involvierte Konzerne) und seine Anzeigenkunden, der Wissenschaftler seine Arbeit- und Geldgeber, der Experte seine eigenen Gutachten.

Wie verkauft man etwas?

Man tut das unter anderem, indem man vor allem solche Informationen bietet, die der Konsument hören möchte. An dieser Stelle entsteht ein Informations-Kurzschluss. Man erzählt, was die Menschen hören möchten, und die möchten hören und verbreiten weiter, was ihnen erzählt wurde. So entstehen Narrative, die die komplexe Realität ersetzen. Nicht nur in kleinen Blasen, sondern vor allem auch in der „Großen Blase“ des Zeitgeistes, der öffentlichen Meinung, der „Qualitätsmedien“, der „Ethik“ (die eigentlich nur zeitgeistige Moral ist und ebenfalls Publikums-kompatibel verkauft werden muss) und der Politik. Alles dreht sich im Kreis und wird immer enger und blöder. Ja, blöder!

Ein schönes Beispiel für ein aktuelles Narrativ: Der Ukraine-Krieg fände „mitten in Europa statt“. Ist völliger Unsinn, aber jeder plappert es nach und etabliert es, Medien, Politiker, Meinungs-Konsumenten (Bürger). Gefühlsmäßig erfolgte da also ein Angriff auf „das Herz von Europa“, grundlos und bösartig, und wir müssen jetzt eine imaginäre Freiheit gegen einen imaginären Feind verteidigen. Und die Menschen sind bereit, dafür zu hassen, zu hetzen, zu verzichten (verzichtbereite Bürger sind die Basis für schlechte Politik).

Es ist immer wieder das gleiche Muster, beim Klima, bei Corona, und jetzt beim Ukraine-Krieg. Ein primär in den Medien inszenierter Feind greift uns an und zwingt uns zum Äußersten. So wird die Bevölkerung Stück für Stück radikalisiert. Der Informations-Kurzschluss.

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Pommes Leibowitz
Pommes Leibowitzhttps://pommes-leibowitz.com
Studium der Wirtschaftswissenschaften, danach als Analyst im Marketing eines globalen Konzerns tätig gewesen. Inzwischen selbständig. Zeitweise bei den Piraten und als Internet-Aktivist unterwegs, dabei diverse Kampagnen entwickelt. - Er sieht sich heute als Kolumnisten in Wort und Bild (Photoshop), der sich eher Fragen des Zeitgeistes als konkreten, aktuellen Ereignissen widmet.

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