Donnerstag, 21. November 2024

Eine Verteidigung des deutschen Kolonialismus

Die Ideologie der „Kritischen Rassentheorie“ unterwandert Europa mit einer kruden Logik: „Weiße Menschen böse – farbige Menschen Opfer“. Eine radikale „Dekolonialisierung“ wird gefordert, nichts weniger als die Abschaffung des europäischen kulturellen Erbes. Just zu dieser Zeit kommt der kanadische Professor Bruce Gilley mit einem bahnbrechenden neuen Buch heraus – „Verteidigung des deutschen Kolonialismus“ – von Bruce Gilley

Der deutsche Kolonialismus wurde von einer Reihe illiberaler politischer  Bewegungen bekämpft — den Sozialisten, den National-Sozialisten, der „Deutschen Demokratischen Republik“, und zu guter Letzt das deutsche akademische Establishment. Es ist also kein Wunder, dass der gewöhnliche Deutsche unter dem Dauerbeschuss von Kolonialkritikern von August Bebel über Adolf Hitler zum heutigen Prof. Jürgen Zimmerer kein positives Bild der deutschen Kolonialgeschichte hat.

Überheblichkeit

Heute gehört es zum Glaubensbekenntnis der antikolonialen Akademiker, dass die deutsche Öffentlichkeit an Gedächtnisverlust und an „allgemeiner Isolation von der bitteren Wirklichkeit des Kolonialismus“ leide, wie Reinhart Kossler es voller Überheblichkeit ausdrückte. [1] Kossler erklärt nicht, auf welcher Grundlage er 366 Million Lebensjahre des deutschen Kolonialismus als „bittere Wirklichkeit” diffamiert. Aber da die meisten dieser Akademiker auch das Leben im heutigen Deutschland als „bittere Wirklichkeit“ erachten, sagt uns das vielleicht mehr über deren eigene Psychologie als über die Vergangenheit.

Die Dekolonialisierungs-Bewegung war bis 2020 eine gutorganisierte Industrie aus Lobbyisten, Wissenschaftlern und Politikern, die alle einem monokausalen Kult der Kolonialverbrechen huldigten. Diese erkenntnistheoretische Sekte stellte keine kritischen Fragen mehr, sondern wiederholte nur gebetsmühlenartig sein Glaubensbekenntnis: Deutschland müsse sich für seine Kolonialgeschichte schämen, die Menschen geschadet und negative Auswirkungen hinterlassen hätte; dass die Deutschen sich bis heute dafür zu schämen und um Vergebung zu betteln hätten; und dafür enorme Wiedergutmachungssummen an die ehemaligen Kolonialgebiete (am besten an kolonialkritische Forscher und Aktivisten) zu zahlen hatten. Deshalb müssten die Deutschen heute ihre Grenzen für eine unkontrollierte Masseneinwanderung aus der Dritten Welt öffnen, um Buße für ihre kolonialen Verbrechen zu tun.

Das ultimative Zeichen des Eingeweihten dieser Sekte ist die Unterstellung, dass der deutsche Kolonialismus nur ein Vorspiel für den Leibhaftigen höchstpersönlich war, nämlich die globale Dominanz der USA. “Man kann die Frage stellen, ob sich die Politik Washingtons und der NATO nach dem 11. September 2001 in neokolonialen Traditionen bewegt hat,“ so Jürgen Zimmerer im Spiegel.[2]

„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“?

2019 trafen sich die Kultusminister der Bundesländer, um die amtliche Haltung in der Kolonialfrage zu erörtern. Die Grünen wollten den Kolonialismus offiziell als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ designiert (eine ironische Forderung für eine Partei, die offen den Sozialismus fordert) und direkt mit dem Holocaust in einen Topf geworfen sehen (was eine Flut an Förderungen und Ansprüchen nach sich ziehen würde). Alle anderen Parteien bis auf die AfD wollen die Kolonialära als negative oder schädliche Episode der deutschen Geschichte eingestuft sehen.

Die Linke will die „Rückgabe“ aller kulturellen Artefakte, darunter die Säule des Kreuzkaps, die 1486 von Portugal errichtet wurde. Laut der Aktivistengruppe Colonial Reparation sind solche Rückgabe-Aktionen teil einer Kampagne um „den Kolonialismus zu verurteilen, als Verbrechen anzuerkennen, mit dieser Vergangenheit umzugehen, sowie die kolonisierten Länder zu kompensieren und um Entschuldigung zu bitten.”

Sogar das Bundesarchiv trieft in Bezug auf die deutsche Kolonialgeschichte vor Zynismus, Verzerrung, und Verurteilung, als ginge es um einen moralischen Verurteilungswettbewerb statt um Wissenschaft, eine Art Betroffenheits- und Vergangenheitsbewältigungsolympiade: “Gewalt, ob subtil oder direkt spontan, wendete die deutsche Kolonialadministration in allen von ihr unterworfenen Gebieten an, denn nach dem wie auch immer vonstattengegangenen Landerwerb ging es darum, die dort lebende Urbevölkerung zum Arbeiten zu bewegen.”[3]

Die „Rückgabe“ von Museumsstücken und -sammlungen ist in vielfacher Hinsicht ein Skandal. Der Berliner Kunsthistoriker Horst Bredekamp spricht laut Gunnar Schupelius in der B.Z. von einem „grotesk einfältigen Geschichtsbild“, das in der Rückgabebewegung grassiert und „sich der Vielfalt und den Widersprüchen der Geschichte verweigert“. Eine „Deutungsrigorosität“ sei aufgekommen, „die alles Widerstrebende gedanklich aus der Welt zu schaffen versucht“.[4]

Bis zu den 2020ern wurde die Antikolonial-Lobby in Deutschland zu einem unverhohlenen Erpressungsring. In Colonial Repercussions: The Case of Namibia schreibt das „European Center for Constitutional and Human Rights“ (ECCHR), dass „weder die ehemaligen Kolonialmächte wie Großbritannien, Frankreich und Deutschland, noch die Erben der privatwirtschaftlichen Firmen die Verbrechen des europäischen Kolonialismus gebührend zur Kenntnis genommen, sich entschuldigt oder Entschädiugung geleistet haben.”[5] Es grenzt an das Komödiantische, wenn dieselbe Berliner Zeitung[6] einen Bericht über die „Nachfahren von Opfern des Genozids“ bringt, die Bargeld vom Steuerzahler fordern, obwohl die meisten Demonstranten unter dem Banner „Der Völkermord wird nicht vergessen” weiße Deutsche sind.

Deutschland als „Satan“

Beim Panel der Berliner Akademie der Künste „Deutsche Kolonialverbrechen gegen die Herero und Nama” 2018, ebenfalls vom ECCHR mitgetragen, nannte der ehemalige Stellvertretende Minister für Landreform in Namibia Bernadus Swartbooi Deutschland “Satan” und “den Teufel”.

Man könnte ja auch von Namibia verlangen, deren Rolle im Großen Afrikanischen Weltkrieg zu erklären, der 1994 mit dem Völkermord in Ruanda und dem Kongo begann. Der Präsident Sam Nujoma schickte 1998 namibische Soldaten in die Demokratische Republik Kongo. Sechs Millionen Menschen starben bei diesem Krieg zwischen zehn afrikanischen Ländern. Wo sind die Demonstranten in den Straßen von Windhoek, die Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Opfer namibische Kriegsverbrechen von vor zehn Jahren fordern? Die sind wohl alle in Berlin, und demonstrieren gegen General von Trotha und seine Kriegsverbrechen von vor 100 Jahren. Schließlich hat Berlin Geld, Windhoek nicht. Anti-Kolonialaktivisten wissen genau, wo es etwas zu holen gibt, und wo nicht.

Ein offizielles Regierungsdokument vom April 2019 verspricht, dass Deutschland die „Aufarbeitung der Vergangenheit” fortsetzen wird. Es wird damit suggeriert, dass es irgendeinen unaussprechlichen kolonialen Schrecken oder Gräuel gibt, der dem Holocaust in nichts nachsteht, und für den Deutschland Abbitte leisten muss. Die große Koalition schrieb sich 2018 die „Aufarbeitung des Kolonialismus“ in den Koalitionsvertrag, das erste Mal, dass eine Unionsregierung die deutsche Kolonialzeit als Problem angesehen hatte, dass es „aufzuarbeiten“ gelte.[7]

Die einzige „Aufarbeitung“ die im Kontext des antikolonialen Schuldkults im Gegenwartsdeutschland erlaubt ist, ist die Perfektionierung der Internalisierung des Narrativs der deutschen Kolonialverbrechen, punktiert von gelegentlichen Skandalen, wenn ein lebensmüder deutscher Akademiker es mal wieder wagt, etwas zu publizieren, das die deutsche Kolonialzeit als etwas anderes als das reine Böse begreift.

Instrumentalisierung historischer Verzerrungen

Die Debatte über den deutschen Kolonialismus existiert nicht in einem akademischen Vakuum, sondern hat direkten praktischen Bezug zu einer Reihe drängender politischer Fragen. Deshalb geht es dabei um mehr als nur eine abstrakte akademische Debatte. Es steht viel mehr auf dem Spiel, da die historischen Verzerrungen instrumentalisiert werden, um eine Reihe radikaler politischer Forderung zu Themen wie Migration, Entwicklungshilfe, Handelspolitik, Klimawandel, Verteidigung, globaler Gesundheitspolitik, Bildungspolitik, politischer Systeme und Globalisierung zu untermauern.

Dies ist der Grund, aus dem eine wahrheitsgemäße, nüchterne und wissenschaftliche Betrachtung des deutschen Kolonialismus so wichtig wie nie ist. Wenn die Deutschen nicht beginnen, die Lügen und Verzerrungen ihrer großartigen kolonialen Errungenschaften zu hinterfragen, werden sie auf Jahrzehnte hin dafür zu büßen haben.

»Verteidigung des deutschen Kolonialismus« von Bruce Gilley ist im Manuscriptum Verlag erschienen.

[1] Reinhart Kossler, Namibia und Deutschland: Negotiating the Past (2015), S. 71.

[2] Uwe Klußmann und Dietmar Pieper, „Konzept des rassistischen Terrors: Ist die koloniale Vergangenheit wirklich vergangen? Ein Interview mit dem Historiker Jürgen Zimmerer,” Der Spiegel, 6 March 2016.

[3] https://archivfuehrer-kolonialzeit.de/history

[4] Gunnar Schupelius, “Die Betrachtung der Kolonialzeit ist einseitig und nicht mehr frei,” B.Z. Freitag, 17 January 2020

[5] https://www.ecchr.eu/en/publication/colonial-repercussions-namibia/

[6] https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/entschaedigungen-fuer-den-voelkermord-li.2411

[7] “Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutschland – Ein neuer Zusammenhalt für unser Land” Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD – 19. Legislaturperiode

PP-Redaktion
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