Montag, 18. März 2024

„Menschenwürde“: Linke Umdeutung begründet „Kampf gegen Rechts“

In der öffentlichen Debatte sind es zunehmend ihrer ursprünglichen Bedeutung entkleidete Begriffe, die die AfD – letztendlich aber alle konservativ denkenden Menschen, die unser Land vor irreparablen Schäden bewahren wollen – zum Verstummen bringen sollen. „Menschenwürde“, „Respekt“ und „Barmherzigkeit“ gelten nur noch für die „Anständigen“ und „Aufrechten“, für „Antifaschisten“ und „Demokraten“. Die Definitionshoheit liegt links. Ein Gastbeitrag von Benedikt Walter*.

Nachdem die AfD erstmals in den Sächsischen Landtag eingezogen war, erkundigte sie sich in einer Kleinen Anfrage nach den Gründen für die Einstufung der Identitären Bewegung als rechtsextrem. Die Antwort der Landesregierung hierauf ist sehr aufschlussreich. Wer bis dahin geglaubt hatte, Extremist könne nur sein, wer die durch Wahlen und Abstimmungen ausgeübte demokratische Herrschaftsform beseitigen und durch eine diktatorische Herrschaftsform ersetzen wolle, den belehrte die Sächsische Regierung eines Besseren.

Rechtsextremist ist, wer nicht „bunt“ denkt und handelt!

Denn als rechtsextremistisch wird heute schon abgekanzelt, wer einen einzelnen Verfassungsgrundsatz (vermeintlich) in Frage stellt. Anders ausgedrückt: Als rechtsextremistisch können heute behördlich Organisationen, Vereinigungen und Einzelpersonen eingestuft werden, die keineswegs die Demokratie beseitigen wollen. Womöglich möchten sie die Demokratie sogar stärken durch mehr direktdemokratische Elemente nach dem Vorbild der Schweiz. Aber das wird ihnen nichts nützen. Das Verdikt rechtsextremistisch wird unter Umständen trotzdem verhängt.

Schauen wir uns die Antwort der sächsischen Landesregierung vom 25. September 2017 auf die Kleine Anfrage des MdL Carsten Hütter zu den Gründen für die Beobachtung der Identitären Bewegung an. Sie trägt die Drucksachennummer 6/10522 und ist über das Dokumentationssystem des Landtages leicht im Netz auffindbar (http://edas.landtag.sachsen.de/). Dort heißt es auf Seite 3:

„Menschenwürde“ begründet Multi-Kulti

„Die wesentlichen Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sind in § 3 Abs. 2 SächsVSG (Anmerkung: Sächsisches Verfassungsschutzgesetz) genannt. Danach zählen dazu:

  1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretungen in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen;
  2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht;
  3. das Mehrparteienprinzip sowie das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition;
  4. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung;
  5. die Unabhängigkeit der Gerichte;
  6. der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
  7. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

Alle Religionen sind gleich gut für Deutschland

Das Bundesverfassungsgericht führt zudem in seinem Urteil vom 17. Januar 2017 im NPD -Verbotsverfahren (2 BvB 1/13) aus, dass die freiheitliche demokratische Grundordnung ihren Ausgangspunkt in der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG) habe. Sie sei der oberste Wert des Grundgesetzes (BVerfG aa0. Rn. 538).

Die IB spricht sich für eine Trennung von Ethnien und Religionen sowie die damit verbundene Rückführung von Personen aus anderen Kulturkreisen und mit anderer Religionszugehörigkeit aus. Darüber hinaus macht sie die Zuerkennung grundlegender Rechte von der ethnischen Abstammung abhängig. Daraus ergeben sich tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Verbot rassischer und religiöser Diskriminierung (Art. 3 Abs. 3 GG), das unmittelbar aus der Garantie der Menschenwürde folgt.“

Rechts von der Union darf es keine Demokraten geben

Es hat den Anschein, als habe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum NPD-Verbotsverfahren die Tür geöffnet, um unter Berufung auf Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“) alles und jeden offiziell als rechtsextrem brandmarken zu können, der sich der von den lange etablierten Parteien einschließlich der Unionsparteien vertretenen Multikulti-Ideologie in den Weg zu stellen versucht.

Nicht mehr die vom Volk ausgehende und durch das Volk in Wahlen und Abstimmungen legitimierte Ausübung aller politischen Gewalt ist also das grundlegende und maßgebende Merkmal der bundesdeutschen Demokratie, sondern der ziemlich unbestimmte Begriff der Menschenwürde. Die Ablehnung bzw. Bekämpfung von ersterem wird nicht einmal -wie es eigentlich angezeigt wäre- als notwendiges Mindestmerkmal angesehen, um zum Werturteil „rechtsextremistisch“ zu gelangen. Es genügt die Annahme, eine Vereinigung oder Partei akzeptiere den Grundsatz der Menschenwürde nach Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht.

Schafft Deutschland sich mit „Menschenwürde“ ab?

Dem Missbrauch scheinen nun Tür und Tor geöffnet. Es steht zu befürchten, dass schon in absehbarer Zeit Personen und Vereinigungen dem Verdikt rechtsextrem anheimfallen, die zum Beispiel der Meinung sind, dass

  • das Wahlrecht nur deutschen Staatsbürgern zustehen solle;
  • bei der Staatsangehörigkeit vor allem das Abstammungsprinzip gelten solle;
  • Personen ohne Ausweis an der Grenze unmittelbar zurückgewiesen werden sollen, auch wenn sie das Wort „Asyl“ aussprechen;
  • das Recht zu Aufenthalt und Niederlassung in Deutschland nicht einfach jedem Menschen auf der Welt zusteht, er es halt nur schaffen muss, auf deutsches Territorium zu gelangen.

All diesen Positionen kann man mit ein wenig argumentativem Geschick entgegenhalten, dass sie mit der Menschenwürde nicht vereinbar und damit rechtsextrem sind.

Man darf getrost annehmen, dass ein Großteil der Anhänger von Bündnis90/Die Grünen, der SPD und der Partei DIE LINKE, sowie ein großer Teil der herkömmlichen Medien schon jetzt genau so denken. Was das mittelfristig für die Position der Unionsparteien bedeutet, wissen wir aus der Vergangenheit zu Genüge. Sie werden vor dieser Übermacht natürlich einknicken, weil es der bequemste Weg ist, ihnen die ewige Kanzlerschaft zu sichern.

Kann die AfD die „Tretminen“ entschärfen oder fällt sie?

Zu aller Erst müssen alle Mitglieder und Unterstützer der AfD sich dessen bewusst werden, dass den Altparteien vom Bundesverfassungsgericht mittels des Kunstgriffes „Menschenwürde als ausreichender alleiniger Maßstab“ ein ideales Instrument zur Bekämpfung jeder konservativen Konkurrenz rechts von CDU/CSU an die Hand gegeben wurde. Nichts hat sich in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland als so effektiv in der Vernichtung parteipolitischer Konkurrenz rechts von CDU/CSU erwiesen, wie das Verdikt „rechtsextrem“ durch die Verfassungsschutzbehörden.

Deshalb wünschen sich die alten Parteien nichts sehnlicher, als dass jene eben dieses Verdikt sobald wie möglich über die Gesamtpartei AfD aussprechen mögen. Denn je länger die AfD  Bestandteil des deutschen Parlamentarismus in Deutschland ist, desto schwieriger wird es, sie wieder loszuwerden. Wenn erst einmal eine ganze Generation mit der AfD in den Parlamenten aufgewachsen ist, die sich an Zeiten ohne AfD nicht erinnern kann, dann wird es nahezu unmöglich. Die Altparteien haben also nicht mehr allzu viel Zeit, um ihr Ziel zu erreichen. Dass sie mit einem formalen Verbot vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern werden, dieses für sie als Option mithin ausscheidet, wissen sie nach den Erfahrungen mit zwei NPD-Verbotsverfahren nur zu genau.

Gebt den linken Affen keinen Zucker

Das vage Kriterium „Menschenwürde“ ist zugleich der einzige Angriffspunkt, der den Gegnern der AfD wirklich zur Verfügung steht, um die Einstufung als angeblich rechtsextrem zu begründen zu versuchen. Denn bei den anderen relativ bestimmten oben genannten Elementen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist die Behauptung einer Gegnerschaft der AfD dazu offenkundiger Unsinn.

Für alle, die in der AfD Verantwortung tragen, ist es deshalb das A und O, keine Vorwände zu liefern, welche dem Kampf der politischen Konkurrenz mithilfe des Kunstgriffes Menschenwürde unnötig Futter geben.  Geht es um Ausländer, Asylsuchende und sonstige Migranten, so müssen die Worte stets mit viel Bedacht gewählt werden. Noch lassen sich u. a. die oben genannten unerwünschten Meinungen vertreten, aber auf die Wortwahl kommt es an.

Redundantes Bekenntnis zum Antisemitismus

Ein Vorgehen nach dem Motto „Ist mir doch egal, dann bin ich eben rechtsextrem“ ist emotional nachvollziehbar, aber absolut schädlich. Das Riskieren einer offiziellen Beobachtung der gesamten AfD durch den Verfassungsschutz und des damit einhergehenden Verdikts „rechtsextrem“ zeugt nicht von Haltung, sondern von grenzenloser Dummheit.

Schließlich muss die AfD immer wieder deutlich machen, dass sie an der Seite der jüdischen Gemeinden in Deutschland steht, und dass eine wie immer geartete Judenfeindlichkeit in der AfD keinen Platz hat. Damit einhergehen muss ein klares Bekenntnis zum Staat Israel als einziger rechtsstaatlicher Demokratie im sog. Nahen Osten.

Alle Mitglieder der AfD müssen verstehen: es kommt nicht darauf an, ob sie wirklich Demokraten sind oder ob sie sich selbst als Demokraten sehen. Entscheidend ist, welche Instrumente die Gegner benutzen, um die Eigenschaft als Demokrat abzusprechen und das Etikett „Verfassungsfeind“ oder „Rechtsextremist“ anzuhängen.

Das zu akzeptieren mag schwerfallen, ist aber unumgänglich!

*Der Klarname des Autors ist der Redaktion bekannt.

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