(David Berger) Vor knapp 24 Stunden soll sich Merkel in einer Schaltkonferenz des CDU-Präsidiums aufs Schärfste darüber beschwert haben, dass die Botschaft vorsichtiger Lockerungen in einigen Ländern zu „Öffnungsdiskussionsorgien“ geführt habe. Eine Äußerung, die zeigt, wie offen und ungeniert die Kanzlerin inzwischen ihren Unmut über demokratische Meinungsfindungsprozesse zeigt.
Die Äußerungen der Kanzlerin sind daher quer durch alle Parteien und auch bei einigen Journalisten auf harte Kritik gestoßen:
„Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten müssen es aushalten, dass die Menschen die Corona-Maßnahmen jeden Tag kritisch hinterfragen. Das ist die Stärke einer freiheitlichen Demokratie. Es ist bedenklich, wenn sowas als Öffnungsdiskussionsorgien bezeichnet wird.“ – so Konstantin Kuhle, der Generalsekretär der FDP.
Verfassungsrechtlich geboten, über Öffnungsperspektiven nachzudenken
Ähnlich sieht es auch sein Parteikollege Marco Buschmann, erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion der Freien Demokraten: „Die Kanzlerin vergreift sich im Ton. Wenn Infektionsgefahren sinken, ist es verfassungsrechtlich geboten, über Öffnungsperspektiven nachzudenken. Wenn Landesregierungen der Aufgabe nachkommen, tun sie ihre Pflicht. Dafür haben sie keinen Rüffel verdient“.
Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch äußert sich ähnlich wie die FDP-Politiker: „Merkel erklärt die Lockdown – Exit-Debatte zu „Öffnungsdiskussionsorgie“. Was für eine demokratieverachtende Haltung. Hunderttausende Bürger kämpfen um ihre schiere Existenz und die Kanzlerin erklärt deren Fragen zu einer „Orgie“. Was für eine Entgleisung.“
„Wenn Menschen über die beste Lösung diskutieren und streiten, ist das keine Orgie, sondern Demokratie.“ meint Timo Lokoschat, stellvertr. Chefredakteur des „Spiegel“.
ARD: Merkels Äußerung ist „Unverschämtheit“
Selbst die ARD, sonst jeder Kritik an der Regierung eher abgeneigt, bemerkt so langsam, dass da etwas nichts stimmt. Oliver Köhr kommentiert aus dem Hauptstadtstudio:
„Kanzlerin Angela Merkel kritisiert „Öffnungsdiskussionsorgien“. Abgesehen davon, dass man auf so eine Wortschöpfung auch erst einmal kommen muss, ist die Kritik gelinde gesagt eine Unverschämtheit – weniger gelinde gesagt, es ist anmaßend.
Die Politik schränkt die Grundrechte ein – in einem nie dagewesenen Ausmaß. Aus guten Gründen, klar. Aber da ist es nicht nur völlig normal, sondern sogar notwendig, dass jeden Tag – auch wenn es die Kanzlerin nervt – darüber diskutiert wird: Wie können die Bürger so schnell wie eben vertretbar wieder selbstbestimmt leben, arbeiten, sich organisieren? Jeder hat das Recht, jeden Tag zu fragen: Kann nicht etwas mehr gelockert, etwas mehr geöffnet werden?“
Sperren müssen noch lange bleiben
Die linksgrünen Ministerpräsidenten versuchten Merkel daraufhin auf ihre Weise zu beruhigen: Malu Dreyer, Winfried Kretschman und Dietmar Woidke: Von einem Ende der Corona-Maßnahmen könne noch auf lange Sicht hin nicht die Rede sein. Alles werde erst mal auf unbestimmte Zeit so beibehalten, wie gehabt. (Quelle)
Die Äußerungen Merkels und der Applaus, den sie dafür von anti-liberalen Spitzenpolitikern bekommt, reiht sich ein in eine lange Reihe weiterer Äußerungen und Maßnahmen, die eine tief sitzende Aversion gegen die Demokratie und die offene Gesellschaft verraten. Einen vorerst letzten Höhepunkt bildete hier der Skandal um die „Rückgängigmachung“ der Ministerpräsidentenwahl von Thüringen.
Und es bestätigt sich zudem erneut, was hier auf PP bereits am vergangenen Samstag zu lesen war:
„Neue Normalität“: Es wird kein Zurück hinter die Abschaffung fundamentaler Grundrechte geben!
„Die dritte Stufe der Corona-Krise ist erreicht: Politiker sprechen ganz offen aus, dass es kein Zurück mehr hinter den Abbau der Grundrechte geben wird. Den Zustand nennen sie die „neue Normalität“. Zu stören scheint das kaum jemanden. Und die, die es stört, haben keine Chance mehr. Sind Freiheitsrechte erst einmal weitgehend abgeschafft, fehlt auch die Freiheit sich dagegen zu positionieren.“
„Neue Normalität“: Es wird kein Zurück hinter die Abschaffung fundamentaler Grundrechte geben!