Dienstag, 19. März 2024

Sankt Expeditus: Der neue Schutzpatron des Online-Journalismus

(David Berger) Ob es uns gefällt oder nicht: die Zeit der gedruckten Zeitungen ist vorüber, der Online-Journalismus wird die Printpresse irgendwann fast ganz abgelöst haben. Auch wenn er nach wie vor mit großen Mängeln zu kämpfen hat. Und so ist es an der Stunde, ihm helfend einen Heiligen als Schutzpatron an die Seite zu stellen: den heiligen Expeditus.

Dass der Journalismus in einer tiefen Krise steckt, ist kein Geheimnis. Die letzten Jahre des gleichgeschalteten und zugleich relotierenden Journalismus, der sich selbst mit Journalistenpreisen überhäuft hat, haben dazu geführt, dass man sich in kaum einen sozialen Milieu in Deutschland mehr als „Journalist“ outen kann, ohne schief bis verächtlich angesehen zu werden. Erst kürzlich vermerkte die SZ: „Laut einer Umfrage haben Politiker und Journalisten das geringste Ansehen.“

Schnelligkeit das A & O des Online-Journalismus

Bei diesem erdrutschartigen Ansehensverlust spielt nicht nur die relotierende Gleischaltung eine wichtige Rolle, sondern auch das rasche Anwachsen des Online-Journalismus. Man vergleiche nur die Qualität von Focus-Online und dem gedruckten Focus (zwei komplett verschiedene Redaktionen). Hier ist es vor allem die Schnelligkeit, mit der auf Neuigkeiten reagiert werden muss, um im harten Konkurrenzkampf zu bestehen – wenn man sich nicht wie die ganz Großen darauf verlässt, dass „Correctiv“ und Co, die man dann gerne finanziell unterstützt, die kleineren Konkurrenten aus dem Markt fegen. Was bisher nur teilweise über die Einflussnahme dieser selbst ernannten Presse-Inquisitoren auf Facebook & Co gelingt.

Die Zukunft deutet dabei weiterhin auf ein Sterben der Printmedien im Zeitungsgeschäft hin (sollte es nicht durch eine Stützung durch eine erneute Zwangsabgabe der Propaganda-Berieselten kommen). Der Online-Journalismus wird seine Stellung weiter festigen. Und damit werden die Journalisten weiterhin um ihren Ruf kämpfen müssen. Als Katholik sage ich da: in dieser Situation braucht der Online-Journalismus eigentlich dringend einen Standespatron bzw. Schutzheiligen.

Expeditus: Heute, nicht erst morgen!

Und bei meinen Reisen durch das katholische Südfrankreich und die Toscana habe ich ihn auch entdeckt: Dort wird in zahllreichen Kirchen der heilige Expeditus verehrt. Er ist gut daran erkennbar, dass er ein Schild in Händen hält, auf dem „Hodie!“ – „Heute!“ steht. Wie kam es dazu?

Der Legende nach war Expeditus römischer Legionär oder Zenturio der berühmten XII. Legion, der um 303 den Märtyrertod erlitt. Wie viele seiner Kollegen fand er zum Christentum und wollte sich taufen lassen. Doch dann erschien ihm der Teufel in Gestalt eines Raben und bemühte sich, Expeditus von seinem Entschluss abzuhalten, indem er immer wieder „Cras, cras!“ (frei übers.: „Morgen, morgen, nur nicht heute“) schrie. Doch Expeditus war vom Teufel angewidert, zertrat den schwarzen Raben und rief: „Ich werde heute (hodie!)  Christ sein, heute (hodie)!“

So wurde Expeditus zum Heiligen  für eilige Angelegenheiten. Und passt daher schon einmal gut zum Onlinejournalismus – wer da morgen mit einer Nachricht von heute kommt, hat schon verloren. Auch er kann nicht anders als die Devise „Hodie“ als Ideal hochzuhalten.

Expeditus: Helfer auch gegen Fakenews?

Jetzt kommt aber noch eine besondere Raffinesse: Schon 1906 wurde der hl. Expeditus von Pius X. aus dem Heiligenkalender der römischen Kirche gestrichen. Warum das? Er sei ein Fakeheiliger, den es gar nicht gegeben habe, seine Verehrung sei erst ab dem 18. Jahrhundert nachzuweisen. Somit wäre auch der Bereich der von den Online-Medien reichlich produzierten  akenews mit ihrem Schutzpatron irgendwie, wenn auch schief abgedeckt. Denn diese Streichung änderte an dem Glauben bzw. der Verehrung des breiten Volkes für Expeditus gar nichts.

Fast als habe Relotius hier zusammen mit dem Spiegel Schmiere gestanden, hört sich da ein Exkurs in die Geschichte der Pazifikinsel Réunion an. Das Heiligenlexikon fasst kurz zusammen:

„Expedit wird auf der Pazifikinsel Réunion auf Grund eines Missverständnisses verehrt: Zu den Nonnen nahe der Stadt St. Paul wurde im 17. Jahrhundert von Rom aus eine Kiste mit Reliquien gesandt, mit der italienischen Aufschrift espedito (Aussendung); die Nonnen hielten das für den Namen des Heiligen und nannten nun den nach der einheimischen Voodoo-Tradition blutrot angestrichenen Schrein nahe ihres Klosters nach ihm. Inzwischen gibt es auf Réunion um die 350 Expedit-Schreine an Straßenkreuzungen, auf jedem Hügel, mitten im Urwald; die Schreine dienen als Betsaal und dem Volksglauben als Schildwache gegen die Schrecken der Nacht. Den Hindus auf Réunion gilt Expedit als Inkarnation ihres Gottes Vishnu, muslimische Inder auf der Insel verehren die Expedit-Schreine wie Sufi-Schreine in ihrer Heimat.“

So entwickelt so manche Nachricht durch kluges Setzen und Fortune eine Eigendynamik, die dann nicht mehr aufzuhalten ist und die wildesten Blüten treibt.

Expeditus, o Geschwister, – heißt er, und ein Heiliger ist er!

Und weil die weitgehend linksgrün drehenden Journalisten, wie Linke generell, eigentlich keinen Humor haben, soll ihnen ihr schließlich noch die erste Strophe eines Gedichts von Morgenstern zu dieser Geschichte ein kurzes Schmunzeln ins Gesicht locken, bevor sie dann anfangen einen kirchenkriitischen Artikel zu verfassen, der doch am Ende wieder zeigt, dass sie von der Sache wie Blinde von Farben reden:

St. Expeditus

Einem Kloster, voll von Nonnen,

waren Menschen wohlgesonnen.

Und sie schickten, gute Christen,

ihm nach Rom die schönsten Kisten:

Äpfel, Birnen, Kuchen, Socken,

eine Spieluhr, kleine Glocken,

Gartenwerkzeug, Schuhe, Schürzen…

Außen aber stand: Nicht stürzen!

Oder: Vorsicht! oder welche

wiesen schwarzgemalte Kelche.

Und auf jeder Kiste stand

»Espedito«, kurzerhand.

Unsre Nonnen, die nicht wußten,

wem sie dafür danken mußten,

denn das Gut kam anonym,

dankten vorderhand nur IHM,

rieten aber doch ohn Ende

nach dem Sender solcher Spende.

Plötzlich rief die Schwester Pia

eines Morgens: Santa mia!

Nicht von Juden, nicht von Christen

stammen diese Wunderkisten –

Expeditus, o Geschwister,

heißt er, und ein Heiliger ist er!

Und sie fielen auf die Kniee.

Und der Heilige sprach: Siehe!

Endlich habt ihr mich erkannt.

Und nun malt mich an die Wand!

Und sie ließen einen kommen,

einen Maler, einen frommen.

Und es malte der Artiste

Expeditum mit der Kiste.

Und der Kult gewann an Breite.

Jeder, der beschenkt ward, weihte

kleine Tafeln ihm und Kerzen.

Kurz, er war in aller Herzen.

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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