Mittwoch, 9. Oktober 2024

Die drei Unheiligen aus dem Abendland

Die jüngste Äußerung von Kardinal Marx zum Begriff „Christliches Abendland“ stellt eine Provokation dar, die von der religiösen Konkurrenz in Deutschland vermutlich mit Wohlgefallen aufgenommen wurde. Sie ist eine billige Huldigung an den säkularen Mainstream. Anlass für Josef Hueber, eine satirische Kommentierung vorzunehmen.

2 000 Jahre später geschah es. Drei christlich Getaufte, Inhaber bedeutender kirchlicher Ämter in Deutschland, hatten eine geniale Idee. Genauer gesagt: Es waren Seine Eminenz Woelki aus Köln, genannt der Wolkenkucker, der theologische Mainstreamer Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der EKD, genannt Gutmensch Jesu, und Seine Eminenz Kardinal Marx, Erzbischof von München und Freising sowie Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, genannt der Küchenchef Gottes.

Sie alle lasen gemeinsam, bei einer Flasche Chateau Neuf du Pape (aus dem Weinkeller des himmlischen Küchenchefs), die Geschichte von den drei Weisen aus dem Morgenland, die nach der  Geburt Gottes im Stall von Bethlehem den Gründer des Christentums aufsuchten.

Anschließend beschlossen die drei Erwählten: „Lasset uns nach Israel pilgern (First Class Lufthansa) und uns im Lande Jesu, unseres Herrn,  Weisheit und Kraft  schöpfen, die wir in den gegenwärtigen religiösen und politischen Bedrohungen des christlichen Glaubens, wie sie sich sich in Europa und Deutschland abzeichnen, dringend benötigen. Wir wollen den Kern des Christlichen neu entdecken und gemäß SEINEM Auftrag, alle Menschen zu missionieren, umsetzen.

EINER SPRINGT AB

Niemand weiß den Grund. Aber den  Kölner überkam urplötzlich eine existentielle Angst, dergestalt, dass er sich aufraffte und seine  Mitbrüder wissen ließ, er fühle sich von den zu erwartenden Reisestrapazen überfordert. Er wolle, als Ersatz, auf Domradio.de kleine Video-Ansprachen vor malerischem Hintergrund halten und damit die noch Ungläubigen oder Falschgläubigen, letztere alles AfD-Wähler, (deren Sorgen man ernst nehmen müsse) zur Mutter Kirche zurückholen und ihnen klarmachen, dass Glaube grundsätzlich bunt sei.

Klartext: Es gelte, den  christlichen  Glauben in Europa als einen unter vielen zu sehen und den lieben Gott dabei einen guten Mann sein zu lassen.

JESUS WAR EIN GUTMENSCH MIT GRÜNER GESINNUNG

Woelki verwies auf seine überaus erfolgreichen, kurzen Ansprachen auf seinem Videokanal, wo er unlängst, mit einer Bäckertüte in der Hand, dafür eintrat, nicht mit dem Auto zum Semmel- und Brezelholen zu fahren, sondern das Veloziped (Stahlesel) oder die eigenen Hammelbeine zu benützen.

Man tue damit Gutes für die Umwelt und somit auch für die Kernbotschaft des christlichen Glaubens, die im Grunde schon immer grün und gutmenschlich gewesen sei. Wer daran zweifle, möge doch „ Laudato si“ von Papst Franziskus lesen.

Seinen mutigen Einsatz für den christlichen Glauben habe er, Woelki, schon einmal öffentlich gemacht, als er das Flüchtlingsboot für sehr viel Kirchensteuer-Geld von Italien (?) nach Köln transportieren und vor dem Dom als Altar aufbauen ließ.

Er habe große Hoffnung, durch derlei Aktionen nachkommende Generationen von der Unübertroffenheit  des christlichen Glaubens zu überzeugen.

SORGEN ERNST NEHMEN UND VOR AFD WARNEN

Seine Mitbrüder sollten sich mal das Video ansehen, wo er mit missionarischem Eifer deutlich gemacht habe, dass die „selbsternannte“ AfD keine Ahnung vom Islam habe und diese Partei moralisch völlig daneben liege.

Dass die AfD als einzige Partei heute noch rigoros gegen die Abtreibung und für eine stärkere Förderung der Familie eintritt, während die Grünen und jetzt besonders die  SPD-Jusos Abtreibung für eine Art Operation zur Entfernung kranken Gewebes betrachten, hatte der gute Gottesmann mit den roten Bäckchen vergessen.

Unerwartet schlich sich nun auch ein Zweifel in das Gemüt der Bekenner. Das von Woelki verwendete Wort „Islam“ erweckte plötzlich das Gefühl einer gewissen Bedrohung, von der sie zwar in ihren herrschaftlichen Palais nichts spürten, der sie aber vermutlich im Geburtsland Jesu ausgesetzt sein könnten.

Bald kam nun eine Mail aus dem fernen Lande, in der man den Exzellenzen einen Termin für den Betritt des Tempelbergs vorschlug. Man erwiderte frohgestimmt, dass man damit für die  Verständigung der beiden Religionen, Christentum und Islam,  ein Zeichen setzen wolle.

Die Freude über die Einladung wurde jedoch ein klein bisschen getrübt. Eine Bedingung der Gastgeber lautete nämlich: Es sei – zum  großen Bedauern der Einlader- nicht möglich, dass die übliche Kreuz-Umhängung, die sich die christlichen Bischöfe sonst angedeihen ließen, stattfinde. Man müsse würdenträgerseits das Kreuz abnehmen, um keine Provokationen auszulösen. Es gehe schließlich um den Frieden.

DIE LÖSUNG IST  THEOLOGISCH GENIAL

Nach sorgfältigem Abwägen der Pros und Cons einigte man sich schnell  auf eine geniale Lösung. Nämlich darauf, dass man den Christengott auf dieser kurzen Visite nicht unbedingt in der Person des sichtbaren, an das Kreuz genagelten Jesus bekennen müsse. Es sei theologisch  vertretbar, Gott  in Gestalt des heiligen Geistes zu verkörpern. Den sehe man ja nicht, also könne auch niemand Anstoß daran nehmen.

Gesagt getan. Der kurze Fußmarsch auf dem Tempelberg verlief friedlich, und die  Gastgeber mussten den Anblick zweier Brustkreuze nicht ertragen. Was bei diesem interreligiösen Lustwandeln auf dem Tempelberg gesprochen wurde, ist leider nicht bekannt.

DAS DICKE ENDE NACH DER REISE

Nachdem die zwei Christus-Bekenner in Deutschland zurück waren, mussten sie sich allerdings wundern, dass ihr Kneifen in Sachen Bekenntnis zum Christentum nicht so wohlwollend aufgenommen wurde wie ihr theologischer Taschenspielertrick auf dem Tempelberg.

Da half auch ihre Behauptung nichts, man hätte auch von jüdischer Seite verlangt, an der Klagemauer kein Kreuz zu tragen. Diese Aussage  wurde von ebendieser Quelle als Fake entlarvt.

NACHHALTIGE THEOLOGIE MADE BY ZEITGEIST

Reisen bildet bekanntlich. Auch diese Reise scheint neues Denken, zumindest bei Kardinal Marx, provoziert zu haben. Eine topaktuelle Meldung lässt uns wissen, was er seit Neuestem über das Abendland als Kultureinheit denkt.

Um ihn zu verstehen, reicht es nicht, sich die Ohren zu putzen und die Augen zu reiben, bevor man sie sich zu Gemüte führt. Gefragt, wie er über den Begriff „Christliches Abendland“ denke, seine klare Antwort: „Davon halte ich nicht viel, weil der Begriff vor allem ausgrenzend ist“.

Anmerkung: Vermutlich hat er vor einiger Zeit die SZ gelesen, wo der Historiker Michael Wolffsohn den Begriff „ Christliches Abendland“ schon mal als als „geistigen Müll“ bezeichnete.

So schafft unsere Elite eine kulturelle Identität, die man den folgenden Generationen guten Gewissens weitergeben kann. Aber nur für den Fall, dass sie noch existiert.

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PP-Redaktion
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