Ob wir Putin mögen oder hassen, die Zeit arbeitet eindeutig für Russland, während das moralisch höher stehende Deutschland wahrscheinlich bald in eine Wirtschaftskrise abrutscht und in den „Willkommenskosten“ versinkt. Ein Gastbeitrag von Dr. Viktor Heese
Kurz vor Weihnachten befand sich Deutschland lang im Astro-Hype. Unser Astro-Alex ist in Kasachstan glücklich auf der Erde gelandet! Ohne die russische Sojus -Rakete ginge das nicht. Selbst unsere TV-Korrespondenten freuten sich über das Ereignis. Alle bewundern die russischen Leistungen. Zurecht.
In der gleichen Woche gab Wladimir Putin auf der alljährlichen Pressekonferenz einen positiven Ausblick. Sein Land werde bald zur fünftgrößten Wirtschaftsnation der Welt und Deutschland als Nr. 1 in Europa überholen. Alles Fake News eines größenwahnsinnigen Autokraten oder ein bedrohliches Szenario?
Russische Wirtschaft im Spiegelbild westlicher (deutscher) Medien
Nicht nur die russische Politik, sondern auch die Wirtschaft wird in den Westmedien tendenziös dargestellt. Was Otto-Normal-Medienkonsument über die Letzte hört, ist in wenigen Sätzen gesagt: Das Land sei rückständig und nutze seine riesigen Potentiale nicht. Dessen BIP liege irgendwo zwischen Italien und Spanien (Ischinger). Die gesamte Volkswirtschaft und der Außenhandel seien hoffnungslos von der Rohstoffwirtschaft abhängig.
Die Energieexporte in den Westen (Gas und Erdöl) stellen ein ständiges Expressungspotential für die Europäer dar. Auch echte Waffenexporte füllen die Kassen des Kremls. Und so weiter im ähnlichen Stil: Die Straßen im Ostreich seien marode, viele Branchen unterentwickelt, die Tristesse in der Provinz hoffnungslos.
Die Bevölkerung leide unter massiven Rubelverfall, die Börse breche ständig ein, die Wirtschaft jauchzt unter den gerechten Westsanktionen, welche massive Wirkung zeigen. Die Stimmung ist noch für Putins, sinke aber beständig. Westliche Standards, Qualität, Arbeitsdisziplin, Leistungswille, Fortschritt, soziale Gerechtigkeit und -absicherung, so etwas kennt man in Russland kaum.
Die ökonomische Wirklichkeit ist eine andere
Um obige Aussagen zu überprüfen, braucht der Leser Zeit und Fachwissen. Vielleicht sind es auch keine Fake News? Dennoch gilt der Spruch „Wer einmal lügt…“ . Hier ein kleiner „Lügentest“. Deutschlands absolute BIP-Vorsprung gegenüber Russland war 2017 auf der Kaufkraftparitätsbasis mit 4,17 Bill. USD (5. Platz in der Welt) gegenüber 4,01 Bill. USD (6. Platz) denkbar gering.
Die IWF-Methode liefert ein objektives Leistungsbild eines Landes und belegt dabei, dass China die USA beim BIP von der Weltspitze verdrängt hat. Würde die USD-Methode verwendet, entsteht für die Schwellen- und Entwicklungsländer ein verzerrtes Bild. Russland fällt dann um sechs Plätze zurück und liegt mit 1,53 Bill. USD in 2017 hinter Kanada und Südkorea. Unsere Systemmedien sind sich in der Rangfolge ganz einig, „hinter Südkorea“! https://ostexperte.de/pwc-russland-2030-groesste-wirtschaft/.
Wer nachgoogeln mag, der prüfe weiter Punkte der Erfolgsliste zu Russlands Ökonomie: Devisenreserven mit 462 Mrd. USD auf Rekordniveau, im Außenhandelsüberschuss weltweit Platz.3, Börsenindex RTS in Rubel (der DAX wir auch nicht in venezolanischen Bolivar angegeben) weit vor DAX, im globalen Wirtschaftsklima-Index Doing Business mit Platz 31. noch vor Belgien und Italien, niedrige Staatsschulden und hohe Beschäftigung. Das soll alles nicht heißen, dass Russland ein Wohlstandstaat sei, sehr wohl aber ein ambitioniertes Schwellenland. Wer hier als Westreporter soziale Tiefen finden will, wird Erfolg haben.
Worüber der deutsche Michel noch nachdenken sollte
Wer dagegen kein solches Selbststudium mag, sollte dennoch über anscheinende Widersprüche nachdenken: Wenn die rückständigen Russen uns ständig abhören und Wahlen manipulieren, müssen sie doch super-intelligente Digitalsysteme und Fachleute besitzen. Schließlich scheinen auch unsere Wirtschaftssanktionen Putin nicht viel anzuhaben. Der Autokrat sei uns irgendwie nicht böse deswegen, lacht ständig und macht wohl heimlich sein Ding mit den Chinesen, Türken oder vielleicht gar mit den Österreichern. Wer weiß das schon? Suspekt ist auf jeden Fall, dass unser Seehofer, Maß, Gabriel und selbst die Merkel in den Kreml reisen und das alles so furchtbar geheim gehalten wird.
Und die russische Meinung zu uns Deutschen? Ob die noch zu uns aufschauen? Wohl kaum. Ohne Einkommensnachweise gibt es kein russisches Visum! Sollte ein verarmter Hartz IV-Empfänger dort bleiben wollen?
Umgekehrt bringen die Oligarchen ihr Vermögen nach London und nicht zu uns. Alles zu unsicher. Und dann noch diese Sojus-Rakete. Ob wir Putin mögen oder hassen, die Zeit arbeitet eindeutig für Russland, während das moralisch höher stehende Deutschland wahrscheinlich bald in eine Wirtschaftskrise abrutscht und in den „Willkommenskosten“ versinkt.
Was folgt daraus?
Heute hat jeder die Chance sich im Internet vielseitig zu informieren. Vielleicht werden wir Russland bald als Transitland bald brauchen, wenn unsere Bundeswehr – dem USA-Rückzug folgend – ihr ganzes schweres Gerät aus Afghanistan abziehen muss.
Dr. Viktor Heese – Fachbuchautor und Finanzanalyst; www.prawda24.com, www.finanzer.eu