Mittwoch, 25. Dezember 2024

Ausgepfiffen: „In Ländern mit fehlender Meinungsfreiheit wird im Fußballstadion die Meinung gesagt“

Endlich kann man mal wieder stolz sein, Deutscher zu sein. Danke lieber Fußball! Mesut Özil und Ilkay Gündogan haben sich vor etwas über vier Wochen mit dem türkischen Staatschef Erdogan fotografieren lassen, haben ihm handsignierte Trikots übergeben.

Beide strahlten wie zwei kleine Jungs, die in Disneyland ein Foto mit Mickey Mouse ergattert hätten. Die Reaktionen deutschlandweit waren sofort voller Empörung und die Empörung ebbt nicht ab.

Wie können sich zwei deutsche Nationalspieler so zu einem Deutschlandhasser wie Erdogan bekennen und ihn als „Ihren Präsidenten“ betiteln?

Bei Özil hat es nicht wirklich verwundert, schließlich wusste man schon lange über seine Nähe zu Erdogan und seine tiefst religiösen Überzeugung. Aber Gündogan? Das war neu!

Mit Spannung fieberte man den zwei Testspielen vor der WM entgegen, wie werden die Fans auf die zwei Nominierten reagieren? Wir wurden nicht enttäuscht, unsere Fans bekannten Flagge!

Gegen Österreich wurden beide Spieler lautstark bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen, gegen Saudi-Arabien nur Gündogan, Özil saß angeblich verletzungsbedingt auf der Bank. Vielleicht wollte er auch einfach nur nicht ausgepfiffen werden. Schließlich hatte er sich nicht den Fragen der Journalisten beim Medientag gestellt.

Ilkay hatte gehofft, endlich Ruhe zu haben, wenn er sich noch einmal notdürftig erklärt. Aber die Erklärung war erneut halbherzig, eine Entschuldigung oder gar Distanzierung zu Erdogan blieb aus. Und die Pfiffe blieben.

Es gibt keine Versöhnung, es gibt keine Begnadigung. Und das macht mich stolz, es gibt Hoffnung in einer deutschen Realität, in der eine kritische Meinung zu haben ist, gefährlich ist.

Studie: Mehr als 30% der Deutschen haben Angst ihre politische Meinung öffentlich zu sagen

In einer Welt, in der man Angst haben muss, sich an einer AFD Demonstration zu beteiligen da man hierdurch seine Arbeit verlieren kann. In einer Welt, in der man sofort rechts ist nur weil man sich kritisch über das Merkel-„Regime“, ihre Gäste und den Islam äußert.

Endlich haben wir einen Ort gefunden, an dem wir unseren Unmut freien Lauf lassen dürfen: Das Fußballstadion.

Es ist fast ein bisschen Ironie, dass in  Ländern mit fehlender Meinungsfreiheit wie zum Beispiel in Ägypten, Politik im Fußballstadion ausgetragen wird, da Demonstrationen als zu gefährlich galten. Hier konnten Fans ihre politische Meinung nach außen tragen, der Umsturz Mubaraks und die späteren Demonstrationen fanden im Fußballstadion seinen Anfang.

Nun findet man ähnliche Zustände ein Deutschland. Von Meinungsfreiheit sind wir weit entfernt. Wie viele tausende Menschen würden wohl zu AFD-Demonstrationen gehen, wenn sie keine Angst hätten? Wenn es keine linke Gewalt gäbe?

Im Falle Özils und Gündogan ist es offensichtlich: Es geht um viel mehr als nur um das Foto mit Erdogan. Es geht um den Frust, die Ohnmacht der letzten Jahre die sich angestaut hat.

Es ist ein klares Nein gegen Parallelgesellschaften in Deutschland. Es ist ein Nein gegen Erdoganwähler und Erdoganfans in unserem Land. Endlich können wir zeigen, was wir denken, was wir wollen.

Und wir lassen uns von einem Jogi Löw und einem Oliver Bierhof nicht mundtot machen. Die beiden haben uns nicht zu sagen, wer uns repräsentieren darf und wer nicht.

Wenn man die Kommentare in Onlinemedien wie der Welt anschaut, will die Mehrheit der Leser die beiden Spieler nicht in der Nationalmannschaft sehen. Sie schreiben, dass die Pfiffe erst aufhören werden, wenn beide Spieler aus der Nationalmannschaft zurück getreten sind.

Der Mehrzahl dieser Fans ist der Titel egal, sie wünschen dem Team ein schnelles Ausscheiden, sollten die beiden aufgestellt werden.

Lieber Jogi, das ist nicht deine Mannschaft, es ist sowieso nicht „Die Mannschaft“, es ist unsere Nationalmannschaft.

Die ganze Welt wird die Pfiffe hören und die ganze Welt wird erfahren, was Özil und Gündogan getan haben und was Deutschland darüber denkt. Die Welt wird erfahren, dass die Integration in Deutschland gescheitert ist, dass wir ein Heer von Erdogananhängern beherbergen die gerade alle Post persönlich von Herrn Erdogan erhalten haben mit der Aufforderung, ihn zu wählen.

Özils Stimme kann er sich sicher sein! Endlich können wir  entscheiden, wer und was zu Deutschland gehört. Und Erdogan, seine Anhänger und der politische Islam gehören nicht zu Deutschland.

Es bleibt zu hoffen, dass sich aus diesem Politikum etwas ganz großes entwickelt. Dass das Pfeifen überall zu hören sein wird.

In den Stadien, vor den Fernsehern, auf der Fanmeile, beim Public Viewing. Ich bin stolz drauf, dass es scheint, als wäre vielen Deutschen der Titel egal. Dass Zivilcourage und Prinzipien wichtiger sind.

Dass die Fans nicht aufhören werden zu Pfeifen, bis Özil und Gündogan zurück getreten sind. Am besten bis Merkel zurückgetreten ist.

Jetzt kann man sich doch ein bisschen auf die WM freuen, darauf dass etwas Großes beginnt.

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PP-Redaktion
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