Ein Gastbeitrag von Dieter Farwick, BrigGen a.D. und Publizist
Merkel hat gestern die sechs Minister benannt, die von der CDU in der Großen Koalition zum Zuge kommen sollen – wenn es zu einer GroKo mit der SPD kommen sollte.
Es ist bezeichnend, welche Ministerien sie ohne Not der SPD überlassen hat, um diese in die GroKo zu locken. In CDU-Kreisen ist von „Verrat“ die Rede.
Da ist zunächst das Finanzministerium zu nennen, das Olaf Scholz übernehmen soll. Es ist seit Jahren das wichtigste Ministerium – besonders im Hinblick auf die steigenden finanziellen Herausforderungen in Europa – u.a. durch den möglichen Brexit.
Olaf Scholz hat neben Erfolgen in der – auch ohne ihn – boomenden Hansestadt Hamburg zwei große Pleiten zu verantworten:
* Die verkorkste Olympia-Bewerbung und
* das Regierungs- und Polizeiversagen im Zusammenhang mit dem G 20 Gipfel im Juni 2017 – eine Blamage Deutschlands vor der gesamten Welt. Nach eigenen Aussagen hat Scholz mit Blick auf die Herausforderungen für die innere Sicherheit den Gipfel mit der jährlichen Hafenfeier auf eine Stufe gestellt. Ein weitsichtiger Mann?
Neben dem Finanzministerium hat Merkel auch auf das Außenministerium verzichtet, das gemeinsam mit dem Finanzministerium den weiteren Weg Deutschlands in Europa und in der Welt bestimmen wird, da Merkel schon seit Jahren auf ihre Richtlinienkompetenz verzichtet. Man kann nur hoffen, dass die vollmundigen Erklärungen im Koalitionsvertrag nicht realisiert werden können – auch durch die Verweigerung der mittelosteuropäischen Staaten.
Die sechs politischen Zwerge der CDU
Fünf Zwerge stehen für „Weiter so“ – flankiert durch die Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, von der keine Kritik an Angie zu erwarten ist. Dazu ist sie der Kanzlerin zu ähnlich.
Der einzige Neuling im Kabinett ist ihr größter Widersacher in der Partei. Sie holt ihn mit knirschenden Zähnen in ihr Kabinett, um ihn „einzuhegen“.
Für das Aufgabenfeld „Verteidigung und Streitkräfte“ darf Ursula von der Leyen weiterhin dilettieren – mindestens für zwei Jahre.
Dies geschieht, obwohl in den letzten Tagen der Wehrbeauftrage und zwei ehemalige Generalinspekteure sowie der Vorsitzende des deutschen Bundeswehrverbandes der geschäftsführenden Verteidigungsministerin ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt haben. (siehe auch den Kommentar des Verfassers „Die letzte Chance“, www.conservo.wordpress.com vom 20.02.2018)
Für die aktiven und Millionen ehemaliger Soldaten ist das ein Schlag ins Gesicht.
Diese akzeptieren den – oder das – Primat der Politik. Sie wollen keine „demokratische Armee“, sondern eine „Armee in der Demokratie“.
Die Politik will jeden Staatsbürger „mitnehmen“ – von der sog. “Flüchtlingspolitik“ bis hin zur Verkehrspolitik. Warum werden die Soldatinnen und Soldaten nicht mitgenommen? Sie gehen mit höherem Risiko in Auslandseinsätze, weil Regierung und Parlament nicht willens oder fähig sind, sie bestmöglich auszustatten.
Natürlich haben sie weder Recht noch Anspruch, die Besetzung des Verteidigungsministeriums mitzubestimmen.
Im Bericht des Wehrbeauftragten gibt es erschütternde Berichte über Einzelfälle, die in der Bundeswehr nichts zu suchen haben. Frau von der Leyen hat solche Einzelfälle gezielt aufgebauscht, um sich als die einzig mögliche Retterin darzustellen. Sie sprach gar von „Haltungsfehlern“ in den oberen Rängen der militärischen Führung. Leider ohne öffentliche Reaktion der militärischen Führung. Im Gegenteil, dies haben die unwürdigen Untersuchungen in Einrichtungen der Bundeswehr – auch in Abwesenheit der betroffenen Soldaten – ergeben.
Der Gipfel war das Abhängen des Bildes des ehemaligen Verteidigungsministers und ehemaligen Kanzler Helmut Schmidt in der nach ihm benannten BW-Universität in seiner Heimatstadt Hamburg.
Ein Minister oder eine Ministerin mit Scham- und Schuldgefühl hätte nach dieser fehlgeschlagenen Aktion freiwillig der Rücktritt verkündet – unter Verzicht auf den Großen Zapfenstreich.
Die Zukunft von vdL soll im Ausland liegen
Angeblich gibt es für vdL zwei Optionen in Brüssel:
Sie könnte Nachfolgerin der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik; Frederica Mogherini, zu werden.
Warum? Weil Deutschland „dran“ ist.
Vielleicht erklärt die Aussicht auf diesen Posten ihr persönliches Engagement in Sachen PESCO (Permant Structured Cooperation) – eine weitere der unzähligen europäischen Verteidigungsinitiativen, die alle eine stille Beerdigung erfahren haben.
Dieses Eintreten dürfte die Chance gefährden, Nachfolgerin des NATO-Generalsekretärs Jens Stoltenberg zu werden. Auch hier, weil Deutschland wieder „dran“ ist.
Die europäische Verteidigungsinitiative wird in NATO-Staaten als Konkurrenz zur NATO gesehen.
Das gilt in erster Linie für die Finanzen. Bereits heute erfüllen nur wenige Staaten die „Forderung“ der NATO, die Verteidigungsausgaben, die bis 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes zu steigern. Dazu fehlt im „Koalitionsvertrag“ und im 51. Finanzplan der Bundesrepublik jeglicher Hinweis.
In ihren Verteidigungsausgaben steht Deutschland mit 1,2 Prozent nahe an einem „Abstiegsplatz“ mit negativen Auswirkungen auf das Ansehen Deutschlands in anderen NATO-Staaten.
Der NATO-Generalsekretär steht vor allen Dingen in der Pflicht, die NATO-Staaten um angemessene Verteidigungsanstrengungen – sprich höhere Ausgaben – zu bitten(!!!)
Mit den festgelegten deutschen Verteidigungsausgaben bis 2021 können nur die gravierendsten Defizite der Bundeswehr gemildert werden.
Ein Appell von Frau von der Leyen an andere Staaten, höhere Verteidigungsausgaben zu leisten, dürfte auf taube Ohren bei NATO-Staaten stoßen.
Beide Aufgaben in EU und in der NATO erfordern Fingerspitzengefühl, Diplomatie und Diskretion. Keine hervorstechenden Tugenden der medienaffinen vdL.
Fazit und Ausblick
Die Einzelfälle im Bericht des Wehrbeauftragten erschüttern das Ansehen der Bundeswehr.
In den Augen eines langjährigen Truppenführers – von der Kompanie- bis zur Divisionsebene – ist das Gesamtbild, das der Wehrbeauftragte zeichnet, viel gefährlicher. Er zeichnet das Bild einer Armee, deren Geist und „Inneres Gefüge“ schwer angeschlagen sind.
Die Frage „Wofür dienen und kämpfen wir?“ wird gem. Bericht zu wenig gestellt und unzureichend beantwortet.
Das zu ändern, ist eine Herkulesaufgabe, die in einer Legislaturperiode nicht bewältigt werden kann – schon gar nicht in – maximal? – zwei Jahren durch vdL und ihre „alte Mannschaft“.
Es werden mindestens zwei schwere Jahre für die Soldaten der Bundeswehr werden – geführt von einer politischen Leitung und einer militärischen Führung, die beide dringend einen personellen Neuanfang brauchten.
Nur die Kanzlerin und CDU-Parteivorsitzende hätte es in der Hand, diese dramatische Lage unserer Streitkräfte zu verbessern, wenn sie es denn wollte.
Allein dem Verfasser fehlt der Glaube an derartige Wunder.
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Der Beitrag erschien zuerst bei CONSERVO
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