Freitag, 29. März 2024

„Was fällt den Juden eigentlich ein umzuziehen, ohne vorher bei der SPD um Erlaubnis zu ersuchen?“

Ein Gastbeitrag von Adrian F. Lauber

Die Erben der Täter passen auf, dass die Opfer nicht rückfällig werden, sagte sinngemäß Wolfgang Porth. Ja, was täten die Israelis auch ohne ihre weisen Lehrer aus Deutschland, die ihnen den rechten Weg weisen?

Der weiseste von allen ist Sigmar Gabriel (SPD), ein Außenminister, der es geschafft hat, seinen Ruf in Rekordzeit zu ruinieren und zielsicher in jedes Fettnäpfchen zu treten, das in seine Sichtweite kommt.

Nach einem Treffen mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sprach Gabriel am Mittwoch im Institute for National Security Studies in Tel Aviv. Der Minister äußerte „Besorgnis“ über die Distanzierung der heutigen israelischen Regierung von einer Zwei-Staaten-Lösung zur Beilegung des Israel-Palästina-Konflikts.

Die gemischten Signale der Netanjahu-Regierung blieben in Europa nicht unbemerkt, so Gabriel. Dort sei man über die Handlungen Israels zunehmend frustriert.

Kann man verstehen. Was muss Europa auch alles durchmachen mit dieser störrischen Mischpoche in Israel!

Im Jahr 2000 hat Israel eine Zwei-Staaten-Lösung angeboten. Der damalige Palästinenserführer Jassir Arafat hat das Angebot abgelehnt und – unter Bruch seines Versprechens, der Gewalt als Mittel der Politik zu entsagen – wenig später eine zweite Intifada vom Zaun gebrochen.

Arafat hat bekanntlich sogar zugegeben, dass die viel gerühmten Oslo-Abkommen aus seiner Sicht eher so etwas wie ein zeitlich begrenzter Waffenstillstand waren.

Im Jahr 2008 hat Israels damaliger Premier Ehud Olmert Arafats Nachfolger Mahmud Abbas das bislang großzügigste Angebot, einen Staat Palästina zu gründen, unterbreitet. Abbas hat abgelehnt.

Im Jahr 2014 hat Abbas einen Vermittlungsversuch der Amerikaner zum Scheitern gebracht.

Abbas und andere führende Politiker auf palästinensischer Seite hetzen seit Jahr und Tag gegen Juden, goutieren Gewalt und Mord, die Palästinensische Autonomiebehörde zahlt sogar Märtyrrenten an diejenigen, die Anschläge auf Juden verübt haben. Bereits in den Schulen werden die Kinder im Machtbereich der PA zum Israel- und Judenhass erzogen. Abbas persönlich erkennt, wie er wiederholt betont hat, Israel nicht mal als jüdischen Staat an.

Was fällt den Israelis eigentlich ein, wegen solcher Lappalien irgendwelche Zweifel daran zu bekommen, dass ein Palästinenserstaat vor ihrer Haustür nichts als Frieden und Stabilität bringen würde – genauso wie der total friedliche Gazastreifen unter der Herrschaft der Hamas, eines weltweiten bekannten Hippie- und Pazifistenvereins?!

Meine Güte, die paar toten Juden! Ist doch nischt im Vergleich zu dem, was die Nazis damals weggearbeitet haben! Der Netanjahu soll sich mal nicht so haben!

Noch schlimmer ist aber dieser vermaledeite Siedlungsbau, den diese ultrarechte Regierung mit aller Massivität vorantreibt. 2017 wurde zwar der erste Siedlungsneubau seit 1992 beschlossen, aber solche lästigen Details interessieren uns nicht.

Es ist für brave deutsche Gutmensch-Oberlehrer einfach unerträglich, wenn Juden sich anmaßen, in einem Landstrich Häuser und Wohnungen zu bauen, die man sich doch so dringend judenrein wünscht!

Was fällt den Juden eigentlich ein, dorthin zu ziehen, ohne vorher in Berlin um Erlaubnis zu ersuchen?

Uns wird der Siedlungsbau im Westjordanland als illegal und als entscheidendes Friedenshindernis verkauft. Beides ist, obwohl es ständig wiederholt wird, unwahr.

Unseren Siggi Gabriel ficht das freilich nicht an. Er hat sich in der Angelegenheit schon mehrfach deutlich positioniert. Da steht er beileibe nicht allein. Unzählige Deutsche sind sich darüber einig, dass das mal gar nicht geht, dass Juden in Judäa und Samaria wohnen, während es umgekehrt keineswegs als Problem gilt, dass in Israel eine arabische Minderheit lebt.

Zu schade, dass man die Juden nicht einfach – wie in guten alten Zeiten – zusammen gheottisieren kann. Dann würden sie sich die Frechheit gar nicht rausnehmen können, einfach ohne Genehmigung irgendwo zu wohnen, wo es Antisemiten wie Mahmud Abbas nicht passt.

Ups, ich vergaß! Der Terror und Gewalt verherrlichende und fördernde Judenhasser Mahmud Abbas ist ja Sigmar Gabriels „Freund“, wie Siggi die Öffentlichkeit auf Twitter wissen ließ.

Sorry, Siggi, ich wollte Deinem Freund nicht zu nahe treten!

Zurück nach Tel Aviv:

Dort sagte Gabriel, die USA stünden heute im Konflikt mit den Palästinensern und in der Iran-Frage deutlicher auf der Seite Israels als je zuvor. Aber ist das wirklich nur eine gute Sache?, fragte Gabriel seine Zuhörer.

Ist auch zu schade, dass der Islam-Appeaser und Iran-Versteher Obama nicht mehr im Amt ist. Seine Außenpolitik im Nahen Osten war ja ein Bombenerfolg. Ist doch toll, wie sich dort alles entwickelt: der Iran und die von ihm finanzierten Dschihadisten sind auf dem Vormarsch, Irak, Libanon, Syrien und Teile Afghanistan und des Jemen sind bereits von ihnen unterwandert, die Region ist gründlich destabilisiert und das totalitäre Antisemiten-Regime in Teheran ist gefährlicher als je zuvor.

Und da fällt es diesem Deppen Trump ein, sich auf die Seite Israels zu stellen?!

Europa hat so erfolgreich vorgemacht, wie es geht, sich endlich nicht mehr von diesen lästigen zionistischen Strippenziehern am Gängelband führen zu lassen und schöne lukrative Geschäfte mit dem Iran zu machen! Dass die Amis sich daran kein Beispiel nehmen!

Stattdessen machen sie sich handgemein mit diesem notorisch querulatorischen Judenstaat, der doch tatsächlich die Chuzpe besitzt, sich gegen ein Regime verteidigen zu wollen, das offen seine Vernichtung will?

Meine Güte! Können die Juden da unten mal aufhören, ständig so viel Trouble zu machen?! Sich endlich mal wieder in größerer Zahl vertreiben oder umbringen lassen, damit sie wieder so sind, wie wir Bildungsbürger unsere Juden gern haben? Als Opfer, über die wir literweise Krokodilstränen vergießen können und über deren Leben Steven Spielberg vielleicht mal wieder einen anrührenden Film drehen kann? Wenn Juden so selbstbewusst und wehrhaft sind, wird uns ausgesprochen unwohl in unserer Haut. Bitte nicht mehr!

Aber nein, so böse denkt der Siggi nicht. Er will nur das Beste. Er macht sich Sorgen darüber, dass die USA vielleicht gar keine erfolgreichen Vermittler im Konflikt mehr sein könnten, wenn sie sich so offen auf Israels Seite stellen. Der Siggi hat nichts gegen Israel, er ist um den Frieden besorgt.

Siggi, könnte es sein, dass Du Dir was vormachst? Oder bist Du wirklich so verkommen, dass Du wirklich völlig neutral bleiben kannst, wenn auf der einen Seite ein mehr oder weniger freiheitlicher Staat, die einzige Demokratie des Nahen Ostens, steht und auf der anderen Seite diktatorische, antisemitische Regime, die die Vernichtung dieses Staates wollen?

Es ist eine Illusion, zu glauben, die USA oder sonst irgendeine westliche Macht könnte hier hundertprozentig neutral sein. Das wäre auch fatal, denn dann wären sie nicht mehr in der Lage, ihre Werte zu verteidigen und würden schlimmstenfalls vor islamischen Fundamentalisten und Antisemiten kapitulieren!

Und überhaupt: worüber genau soll mit dem Iran eigentlich verhandelt werden? Über die genauen Modalitäten der Zerstörung Israels? Welche Waffen zu diesem Zweck eingesetzt werden dürfen und welche nicht? Fassbomben ja, Atombomben nein, oder wie?

Worüber willst Du mit Herrn Abbas verhandeln, der Israels Existenzberechtigung nicht anerkennt, wie er in seiner Brandrede vom 14. Januar deutlich genug gesagt hat, als er Israel ein Kolonialprojekt der Europäer nannte, das mit den Juden nichts zu tun habe.

Weiter im Text:

Gabriel fragte in bester deutscher Oberlehrer-Tradition seine Zuhörer, wie sie sich Israels Zukunft wünschen? Ob sie bereit seien, den Preis für eine permanente Besatzung zu zahlen? Für eine Ein-Staat-Lösung mit ungleichen Rechten für Israelis und Palästinenser. Ob sie bereit seien, einen einzigen demokratischen Staat vom Meer bis zum Fluss zu akzeptieren.

Siggis erhobener Zeigefinger (Das ist und bleibt mein Lieblingsfoto von ihm)

Gabriel ist ein so feinsinniger Moralist, dass er es bestimmt nicht böse gemeint hat, als er die Formulierung „vom Meer bis zum Fluss“ gebraucht hat – just jene Formulierung, die von den Terrororganisationen in Israels Nachbarschaft gebraucht wird, wenn sie die „vollständige Befreiung Palästinas“ vom Jordan bis zum Mittelmeer – also: Israels Zerstörung – fordern.

Das hat er bestimmt nicht gedacht! Überhaupt hat er sich gar nichts Böses dabei gedacht. Dafür ist unser Siggi viel zu anständig.

Diese Fragen bereiten unserem Siggi große Sorgen, weil es an klaren Antworten fehlt.

Dass es diese klaren Antworten nicht gibt, weil sein Freund Mahmud Abbas und seine Gang ihr eigenes Volk seit Jahrzehnten zu eliminatorischem Hass erzogen und es so gut wie unmöglich gemacht haben, dass der Israel-Palästina-Konflikt in absehbarer Zeit gelöst wird, ist ein lästiges Detail, mit dem man sich nicht zu beschäftigen braucht, wenn man in so wichtiger Mission unterwegs ist wie unser Siggi.

Dass Israel gemäß Resolution 242 des UN-Sicherheitsrates die besetzten Gebiete rechtmäßig verwaltet, bis ein gerechter und dauerhafter Friede geschlossen ist, braucht Siggi auch nicht zu kümmern.

Aber Siggi will Israel nicht verlassen, ohne wenigstens eine gute Sache zu verkünden. Deutschland freue sich darauf, seine Botschaft ebenfalls nach Jerusalem zu verlegen. In ein Jerusalem, das die Hauptstadt zweier Staaten gleichzeitig sein wird: Israels und Palästinas.

Die Israelis freuen sich bestimmt schon ein Loch in den Bauch, wenn sie daran denken, was sie zu hören bekommen, wenn Siggi das nächste Mal seinen Zeigefinger hebt.

Jetzt muss sich der brave Siggi erstmal überlegen, wie er das zu Hause seinen Landsleuten verklickern soll, wieso man diesen störrischen, die Palästinenser so mies behandelnden Judenstaat heutzutage eigentlich noch unterstützen sollte? Das sei heute jungen Deutschen schwer zu vermitteln, wie er in Israel klagte.

Das glaube ich ihm sogar. Immerhin zeigen Meinungsumfragen, dass inzwischen ca. 40 Prozent der Deutschen wegen Israels Politik zumindest Verständnis dafür haben, dass man etwas gegen Juden hat. Vor diesem Hintergrund und mit solchen Politikern wie Gabriel wird es in der Tat schwierig, zu vermitteln, warum Israel in der Realität vielleicht deutlich anders ist als so viele sich das vorstellen und warum es gut wäre, diesen Staat zu unterstützen.

Nun ja …

Ich höre jetzt auf, denn ich merke schon, dass ich gleich brechen gehen muss.

Immer wenn man meint, noch peinlicher, noch arroganter, noch aufgeblasener und noch ignoranter geht es einfach nicht mehr, dann setzt Sigmar Gabriel noch eins drauf.

Ich kann mich nicht erinnern, wann Deutschland zuletzt eine solche Knallcharge als Außenminister gehabt hat. Unglücklicher Weise will er dieses Amt auch behalten. Er hat unser Land wohl noch nicht genug blamiert … In was für Zeiten leben wir?

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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