Hat die SPD ein Antisemitismus Problem? Eine Anfrage von Ed Piper
Über mögliche Antisemitismus-Probleme in linksextremen Milieus wurde bereits häufiger diskutiert.
Weitaus bedenklicher wird es jedoch, wenn sich jenseits linksextremer Hamas-Versteher nun auch die altehrwürdige SPD den Ruf eines Antisemiten-Klüngels erwerben sollte. Leider finden sich diesbezüglich gleich einige begründete Verdachtsmomente.
Da wären zum einen die wiederholt verfänglichen Äußerungen des SPD Landes- und Fraktionsvorsitzenden Ralf Stegner.
Im Februar diesen Jahres verglich er die aus einer jüdischen Familie stammende Facebook-Chefin Sheryl Sandberg mit der mutmaßlichen Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe. Damals löschte er die entsprechende Nachricht, die er über den Kurznachrichtendienst Twitter an seine rund 37,2 Tausend Abonnenten versendete wieder, und so wurde der Vorfall später in den Medien als Fauxpas kleingeschrieben.
Etwas später jedoch, kurz vor der Bundestagswahl, ließ er in Bezug auf die AfD-Medienarbeit verlauten, AfD’ler leben
„wie Parasiten von ihren Wirtstieren ..„.
Es ist schwerlich vorstellbar, dass ihm nicht klar war, dass er damit den klassisch antisemitischen Stereotypen des „Jüdischen Parasiten“ bediente. Zwar hatte der AfD-Bundespressesprecher Prof. Dr. Jörg Meuthen explizit auf den Vorfall hingewiesen und diverse kleinere, vornehmlich rechte Blogs hatten darüber berichtet, doch eine weitergehende Beachtung schien die Angelegenheit vor allem den Leitmedien nicht wert zu sein. Und so kam Ralf Stegner auch diesmal wieder davon, ohne sich Gedanken über seinen Sprachgebrauch machen zu müssen.
Nun jedoch sollte sich Stegners Hang zu Fehltritten mit Antisemitismus-Potenzial als notorisch erweisen. Denn am Freitag-Abend twitterte Stegner munter – mit Smily versehen –
„Jedem das Seine„
Adressiert war dies als Kommentar zu einer Nachricht Ralf Schulers, der in seiner Eigenschaft als Leiter des BILD-Parlamentsbüros über den Beginn der Jamaika-Koalitionsverhandlungen informierte. Und so erschloss sich angesichts des perfiden wie geschmacklosen Zitates Stegners nicht, wie seine Nachricht zu lesen war. Denn es steht außer Frage, dass ihm die Redewendung, mit der die Nationalsozialisten das Haupttor des KZ Buchenwald versahen, in der Tragweite ihrer Bedeutung nicht bewusst war.
Doch, weiter noch: Via twitter äußerst freundlich von Hennig Flaskamp, Geschäftsführer der Agentur für politische Kommunikation werk21, auf seine Äußerung hingewiesen, gibt sich Stegner bockig und verteidigt seine Aussage als „Verwendung einer gebräuchlichen Wendung„. Und so kommt man bestenfalls nicht umhin, Ralf Stegner eine untragbare Beratungsresistenz zu attestieren. Denn als Landes und Franktionsvorsitzendem einer immerhin noch 20%-Partei sollte ihm nicht entgangen sein, dass „Jedem das Seine“ in Deutschland – zumindest in nicht antisemitischen Milieus – schon seit einiger Zeit und aus guten Gründen nicht mehr gebräuchlich ist. Deshalb stellt sich nun die Frage, weshalb der prominente SPD Mann ausgerechnet jetzt damit beginnen muss, diese hierzulande zweifellos eindeutig konnotierte Redewendung in Zeiten zunehmenden alltäglichen Antisemitismus salonfähig zu machen? Hat die SPD aktuell keine anderen Probleme?
Oder geht es womöglich sogar darum, für antisemitische Teile der SPD-Wählerschaft offen mit verbalen Grenzüberschreitungen zu kokettieren?
Auch wenn sich dieser Gedanke für gutmütige Normalbürger einigermaßen bizarr anhören dürfte, so wirklich ohne jedes Verdachtsmoment ist er nicht: Bereits am 30. Mai fragte Anna Prizkau in der FAZ
„2017 legt Frank-Walter Steinmeier einen Kranz für Arafat ab und Sigmar Gabriel interpretiert den Holocaust neu. Warum passieren einigen Sozialdemokraten solche Versehen, wenn es um Juden, um Israel geht?„
Rund ein Jahr zuvor hatte der SPD Vorsitzende Martin Schulz im EU Parlament demonstrativ einer Rede applaudiert, in welcher der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, von ritualmordenden Juden berichtete, die Brunnen vergiften.
Im August wurde dann darüber diskutiert, ob Michael Müller, SPD-Bürgermeister Berlins, auf der Antisemitismus-Liste des Simon-Wiesenthal-Zentrum landen könnte. Denn zum einen hatte Müller bis dahin keinen Grund dafür finden können, sich öffentlich von der antiisraelischen Boykottkampagne BDS (Boykott–Desinvestition–Sanktionen) zu distanzieren, zum anderen fand er es bis dahin völlig ok, dass in der deutschen Hauptstadt jedes Jahr eine israelfeindliche Al-Quds-Demo stattfinden durfte.
Zeitgleich war zu beobachten, dass sich die SPD im Berliner Wahlkampf gezielt um ein Islam-identitäres Klientel bemühte und unmittelbar nach der Wahl mit Sawsan Chebli eine Staatssekretärin berief, die nicht nur offen Sympathie für die Scharia bekundet, sondern gleich noch allerhand reaktionäre islamische Jugendorganisationen unterstützt, aus deren Reihen in der Vergangenheit auch antisemitische Töne laut wurden.
Ebenfalls passend fügt sich in dieses Bild, dass diverse Spitzenpolitiker der SPD nicht müde wurden, allen Muslimen einen gesegneten Ramadan zu wünschen und dies damit begründeten, “ das sei doch selbstverständlich, einer religiösen Minderheit zu einem besonderen Moment zu gratulieren„. Auf vergleichbare Glückwünsche zu den Feierlichkeiten des diesjährigen Rosch Haschanah, dem jüdischen Neujahrsfest, wartete man jedoch vergebens.
Und nun also, wieder einmal, Ralf Stegner, dem es aktuell offensichtlich am Herzen liegt, die Redewendung „Jedem das Seine“ in Deutschland positiv zu besetzen.
Sind das alles tatsächlich nur eine Reihe bedauerlicher Ausrutscher und Einzelfälle?
Ach, und, apropos Einzelfälle:
Vor ein paar Tagen, am 17. Oktober, forderte die CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, einen zentralen Beauftragten für antisemitische Vorfälle zu installieren.
Die SPD lehnte den Vorstoß ab.
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