Ein Gastbeitrag von David Leukert
Gott, Abraham, Moses, Isaak, Jakob, Josef, Jesus, Judas… Alles Männer! Das soll mal gesagt werden und zwar in aller Deutlichkeit: Die Bibel leidet unter einem eklatanten Mangel an starken Frauen.
Den Mörder (Kain) oder den Serienkiller (Herodes) dürfen nur die schweren Jungs geben. Die Damen des Buches dagegen sind entweder wie Eva schwach und verführbar, oder wie Rahel ausgewiesene Schlampen. Und mehr Geschlechterklischee geht ja wohl nicht: Natürlich muss auch wieder eine Frau das Jesus-Kind gebären.
Besonders der Jubilator Martin Luther setzt sich dem Vorwurf aus, dass bei seinem Versuch die Heilige Schrift ins Deutsche zu übertragen, Gendersensibilität so gar kein Thema war.
Skandalöse Sätze kennzeichnen seine Bibelinterpretation:
„ER schuf IHN nach seinem Bilde“, „Und ER sah, dass es gut war“, „DER Geist Gottes schwebte übER den Wassern“.
Gottseidank gibt es seit Anfang des 21. Jahrhunderts die „Bibel in gerechter Sprache“ von Theologin Claudia Janssen, deren Übersetzung zum Maßstab für alle fortschrittlichen Christen geworden ist, spätestens seit die Kirche und die Grünen ihre Parteitage zusammengelegt haben.
In Janssens Genesis steht nun:
„Gott aber brachte das eigene Werk am siebten Tag zum Abschluss, indem SIE am siebten Tag von dem Werk ruhte, das SIE getan hatte.“
Da SIE auch sonst eigenwillig dolmetscht, etwa das Wort „Seele“ durch „Kehle“ ersetzt, fragen sich reaktionäre Kirchenkritiker, ob die Pfarrfrau öfter mal zu tief ins Glas schaute, als sie ihr Werk verfasste, das sie getan hatte.
Gegen solche Chauvinismen verwahrt sich die Religionsforscherin so entschieden wie überzeugend und bringt im „Spiegel“-Interview das unschlagbare Argument, durch die gerechte Sprache sei die Bibel „weniger frauen- und judenfeindlich“ geworden.
Dieser Zusammenhang leuchtet jederfrau ein: Wer ER liest, kauft sich auch Mein Kampf in der Ausgabe von 1940, kriegt Bock auf Fascho und will es dem Itzig mal wieder so richtig zeigen.
Kleine Ausrutscher leistet sich die Wissenschaftlerin allerdings. In ihrem Buch wird ein wesentlicher Teil der Trinität nicht „Gottvater“, sondern hebräisch „Adonai“ genannt. Das bedeutet jedoch „Mein Herr“. OMG! Was sagen Alice Schwarzer und Anne Wizorek dazu? Vielleicht nichts, denn mir fällt gerade ein, dass im herrschaftsfreien Diskurs der Begriff „unlogisch“ ja durch „vielschichtig“ ersetzt wurde.
Auf jeden Fall kommt Claudias Schreibe mal echt lockerer rüber als die von dem Mönch aus Wittenberg. Sie haut Klopper raus wie
„Die Schlange hatte weniger an, aber mehr drauf als die anderen Tiere des Feldes“.
Also da muss sich Luther wirklich warm anziehen und eigentlich bleibt nur die Frage: Wann feiern wir das Janssen-Jahr?
Dem Reformator zu Ehren findet jetzt erst mal der große evangelische Kirchentag statt, bei dem der Zentralrat des ZK der EKD samt Fußvolk versammelt ist und laut Kursprogramm „Erfahrungen mit der Bibel in gerechter Sprache“ diskutieren will.
Die Taten Luthers selbst werden gar nicht bis überhaupt nicht gewürdigt. Warum auch? Wer interessiert sich schon für einen Typen aus dem 16. Jahrhundert, der die Bibel zum ersten Mal ausnahmslos allen Gläubigen zugänglich machte, wenn es so starken Stoff zu besprechen gilt wie „Sadomasochismus und Christsein“?
Als ich das dem Programmheft entnahm, war ich überrascht. Ich dachte immer, in evangelischen Kreisen würde Sadomasochismus bedeuten, sich eine Vortragsreihe von Margot Käsmann anzuhören. Aber es steckt mehr dahinter. Man muss die Käsmann dabei auch sehen.
Doch ich nehme mal wieder den Balken im eigenen Auge nicht wahr. Ertappe mich bei dem Gedanken, Priester sollten weder eigene Bibeln verfassen, noch Politiker spielen, der Gemeinde vielmehr letzte Dinge erklären: Tod, Jenseits, Wiedergeburt, Ewigkeit – dieses Zeug.
In schwachen Momenten möchte ich den Katalog des mit dem Motto „Du siehst mich“ verzierten Kirchentages um Themen ergänzen wie: Was genau passiert nach dem Tod? Was läuft so in Hölle und „Paradies“ (veraltet, dt.=Feld)? Wer kommt wohin? Gibt es für den nachhaltigen Sünder wenigstens ein Losverfahren oder eine Wildcard? Sind die verschiedenen internationalen Darkrooms und Dungeons des Orkus letztlich identisch? Also die entbehrungsreichen, schmerzhaften Reinigungsrituale, denen wir uns auf dem Weg ins Elysium unterziehen müssen: Purgatorium (Rom), Kamaloka (Indien) und Fegefeuer (schwäbische Kehrwoche)?
Gibt es, aufgrund der besonderen Schwere der Schuld, für einige gar die ewige Verdammnis, oder wird Deutschland beim ESC doch irgendwann mal wieder unter die ersten zehn kommen?
Um derlei unreine Gedanken zu tilgen, habe ich mir selbst eine Art Strafarbeit auferlegt in der Hoffnung, auf den Pfad der Tugend zurückkehren zu können. Ich werde die Bibel neu schreiben und zwar für jeden und jede, für Kret_i und Plet*a, für HInz und Qunz!
Warum? Natürlich ist es toll, dass der Höchste dank C. Janssen keinen Rauschebart mehr trägt, sondern eine Schürze. Aber bei allem Respekt vor der Gottesfrau und ihrer gerechten Sprache muss die Frage gestellt werden:
Sind wirklich alle Randgruppen berücksichtigt worden? Wo bleiben in ihrer Darstellung LSBTTIQ und die entsprechenden Zeichen der SolidaritätI_X*?
Wo die Netzwerk Communities urbi@orbi? Wo finden sich Kiezdeutsch und einfache Sprache? Niemand darf ausgegrenzt werden, jeda mus doch die Bibl fastehn könn: Auch Latoya-Dschennifer und Dustin-Taylor von der Daniela Katzenberger Hauptschule!
Ich habe mich daran gemacht, zunächst das Neue Testament in sehr gerechter Sprache zu verfassen. Folgendes Exposé liegt dem Bertelsmann-Verlag vor, und die Tochter Random House hat sich schon bereit erklärt, mein Evangelium in einer hohen Auflage zu drucken. Die Lektoren waren in dem Moment von meinem Werk überzeugt, als sie im Anschreiben die Worte Toleranz und Vielfalt lasen.
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Zum allgemeinen Verständnis
„Jesus war schon ´ne coole Socke. Mit dem Christentum voll den Hype ausgelöst. Was echtn Ding ist, wenn du bedenkst, dass Jesus nur 12 Follower hatte. Eigentlich waren es 13. Doch User Judas fand JC (sprich: Dschäissie) irgendwann stressig, entfreundete ihn und meldete seine kruden Postings beim Provider Pilatus Inc.
Infolgedessen bekam das Heiland* eine Anzeige wegen hatespeech, dann einen gewaltigen shitstorm ab und schließlich über hashtag #golgatha ein ultimatives Dislike.“
Das Gleichnis vom Lahmen/von der Lahmen
„Ihr ging es voll mies. Echt nur so: Im Bett. Hangover.
Komt Jesus vorbei und die Von-der-Fortbewegung-Herausgeforderte war voll so geflasht. Bang! „Was geht mit mia ab?“ Springt auf ey und geht. Hat gleichn Workout gemacht.“
Verwandtschaft
„JC is so am Predign, ne. Predign war so sein Ding. Kommen plötzlich ein paar von sein Fans und sagen: „Ey, da is deine Mudda_*“1), willste nich ma Hallo! sagn? Und Jesus so: „Wer is schon meine Mudda_*? Die, wo mir zuhörn sind meine Familie!“ Hat er mal ein Statement abgelassen, waren die Leutchen voll so überrascht und verstört. Boing!
1) Anmerkung: Das Wort Mutter/Mother hat kein Platz mehr in unsara Sprache, seit auch Männa eine GebämuddaI* ham könn. Siehe Daily Telegraph über Transgeburtn und den entsprechenden Hinweis der Ärzteschaft_I*innen).“
Karfreitag
Maria Magdalena war ein_I*e Sexarbeiter_*In aus Magdala mit ein multipolymorphn Geschlechtsleben der Vielfalt, der Diversity, der Buntheit und der Mannigfaltigkeit. Deswegen war ihr richtiger Name auch „MarI_ia* MagLSBTTIQdaLenaI_X*. Sie regte JC an, zu seinen_I* weiblichen und geschlechtsneutralen Anteilen zu stehen. Aus dem Grund nannte sie Jesus JeSusie.
Und sie stalkte JeSusie echt, seit er/sie/es ihr mal in eina Situation aus der Patsche geholfn hat. Lief ihm überall hinterher unso.
Also kein Wunda, dass sie auch an seim letzten Tag bei ihm/ihr_* war. „Krass!“, sagte MarI_ia* MagLSBTTIQdaLenIa_X* als sie das Bondage-Setting mit den Kreuzen sah.
MM: Machstn du hia?
JC: Häng ab.
MM: Wahnsinn, Alta! Könnwian Selfie machn?
JC: Okee, aba knipps du, hab grad keine Hand frei.“
Ostern
„Fame Alta! Bis heute voll Fame! Über 2 Milliarden Freunde, obwohl JC eigentlich voll das Opfa_I* wa! Imma in Sandalen untawegs unso. Null Bling Bling! Aba Swag! Und Fett!“
Constantin, Disney und Metro-Goldwyn-Mayer streiten sich momentan noch um die Filmrechte. Ich sehe ganz klar Otfried Fischer als MuddaI* Maria und Gina-Lisa Lohfink als Jesus. Bin aber auch offen für Christiano Ronaldo oder eine andere Frau in der Rolle des Messias. Auf jeden: groses Kino! „Du siehst mich“ “ Alta, so was von!