Ein Gastbeitrag von Daniel Schweizer
In vielen europäischen Ländern sind nationalkonservative Parteien im Aufwind. Häufig richten sie sich gegen ein deutlich links stehendes politisches Establishment. Einstmals konservative Ausrichtungen bestimmter etablierter Parteien stehen immer mehr vor der Zerreißprobe. Zum Beispiel bei der ÖVP in Österreich und der CDU/CSU in Deutschland. Und die Debatten darüber, woran man überhaupt konservative Politik ausrichtet, fallen immer kontroverser aus.
Eines der Kampffelder im Streit zwischen Konservatismus und Linksliberalismus ist bekanntlich auch der Umgang mit LGBT-Rechten. Dennoch wird Homosexualität heutzutage im Westen auch von vielen Konservativen akzeptiert. Und nicht immer muss sich scheinbar Widersprüchliches immer widersprechen.
Um Konservatismus differenzierter zu denken, lohnt sich ein Blick in andere Staaten Europas – zum Beispiel auf den kleinen Inselstaat Malta.
Malta wird heute vielfach als eines der liberalsten Länder weltweit betrachte, wenn es um Homo-, Bi-, Trans- und Intersexuelle geht. Von der Gesellschaft mehrheitlich akzeptiert, ist die Gesetzgebung in diesem Bereich mittlerweile fortschrittlicher als in Deutschland:
Es wurde dort zwar erst 2014 die „Eingetragene Lebenspartnerschaft“ eingeführt. Doch die rechtlichen Unterschiede zur Ehe sind viel geringer als in Deutschland – zum Beispiel im vollen Adoptionsrecht. Eventuell folgt in Malta noch 2017 die Ehe-Öffnung. Als erstes europäisches Land hat Malta inzwischen die umstrittenen Konversationstherapien verboten.
Diese Fortschritte wurden unter der mit absoluter Mehrheit regierenden sozialdemokratischen „Partit Laurista“ unter Joseph Muscat durchgeführt. Der Widerstand vonseiten der konservativen „Partit Nazzjonalista“ – der einzigen derzeitigen Oppositionspartei im Parlament – hielt sich in Grenzen.
Nach deutschem Denkmuster könnte man deshalb Malta für eine linksversiffte 68er-Ferieninsel halten, auf der das Abendland bereits untergegangen ist. Aber auch die sozialdemokratische Regierung änderte bislang an einem wesentlich nichts: Linksgrüne und vor allem Linksradikale werden eine Schnappatmung bekommen, wenn ihnen die gesellschaftspolitischen Fakten über Malta bekannt werden. Konservative dürfen erleichtert aufatmen.
Denn gesellschaftspolitisch sind in Malta viele Verhältnisse so konservativ, wie man in Deutschland kaum zu träumen wagt.
Haben sich linke Anhänger der multikulturellen Gesellschaft schon Malta als Vorzeigeland erhofft? Weit gefehlt! Nur etwa knapp 2 Prozent der Bevölkerung Maltas besteht aus anderen Nationalitäten: überwiegend Briten, Arabern, Italienern, Indern, Syrern, Deutschen und Griechen.
Damit ist der gesamte prozentuale Migrantenanteil in der Republik Malta geringer als der prozentuale Anteil allein der muslimischen Migranten in Deutschland.
In Religionszugehörigkeit und Sprache besteht bei einer klaren Mehrheitsbevölkerung Maltas Einigkeit: über 88 Prozent der Bevölkerung Katholiken, Maltesisch als Muttersprache der Mehrheitsbevölkerung. Diese semitische Sprache ist aus dem nordafrikanischen Arabisch hervorgegangen. Sprachlich hat also die im 11. Jahrhundert endende arabische Herrschaft ihr Erbe hinterlassen, religiös umso weniger. Denn mit dem Ende der arabischen Herrschaft verschwand der Islam aus Malta genauso wie später aus Spanien und Portugal.
Doch später war Malta nochmals eine wichtige Festung zur Verteidigung des Abendlandes gegen die Ausbreitung des Islams.
Malta wurde 1530 durch den römisch-deutschen Kaiser Karl V. als Lehen an den Johanniterorden übergeben. Dieser hatte zuvor seinen zentralen Sitz Rhodos an die Osmanen verloren.
1565 gelang es dem Johanniterorden schließlich, das maltesische Insel-Archipel gegen die Invasoren des Osmanischen Reiches zu verteidigen. Der Machteinfluss des Osmanischen Reiches im westlichen Mittelmeer wurde dadurch erheblich geschwächt. Womit der Johanniterorden auf Malta mit Sicherheit bedeutsam an der Rettung des Abendlandes beteiligt war.
Bis heute spielt dort der Katholizismus eine wichtige Rolle in Politik und Gesellschaft. In der Verfassung ist er als Staatsreligion verankert. Die Präsenz des katholischen Glaubens ist auch sehr sichtbar: durch Hausaltäre, aber auch Abbildungen von Heiligen, Priestern und Bischöfen in Gebäudefronten, sowie Statuen von Päpsten und Heiligen im öffentlichen Raum. Über 300 Kirchen stehen in der Republik Malta – Behauptungen zufolge 365, symbolisch für jeden Tag im Jahr eine.
Und auch an noch bestehenden Gesetzen Maltas zeigt sich ein großer Einfluss durch die Katholische Kirche. Weshalb sich bislang auch die Errungenschaften der Sexuellen Revolution nur bedingt bis gar nicht durchsetzen konnten.
Die mittlerweile sehr fortschrittliche LGBT-Freundlichkeit hätte mit Sicherheit anderes vermuten lassen. Eindeutiger als mit dem bekannten Zitat „Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment“ konnten die 68er ja die Geringschätzung der Ehe nicht zum Ausdruck bringen In der Republik Malta ist eine zivilrechtliche Ehescheidung erst 2011 per Referendum möglich geworden. So hochgehalten wurde dort die Unauflöslichkeit der Ehe bis vor kurzem per Gesetz.
Hochgehalten wird von so manchen Wortführern der Sexuellen Revolution auch das unbegrenzte Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch. Ebenso kennt man in vielen westlichen Ländern auch eine übermäßige Präsenz von Erotik und nackter Haut in Medien und öffentlichem Raum. Gefährlich sind insbesondere verschiedene Entwicklungen, mit denen der Schutz Minderjähriger nur noch mit Schwierigkeiten gewährleistet werden kann. Die Gesetzgebung Maltas ist auf diesen Gebieten sicher eine der strengste des Westens.
Während Abtreibungsgegner in anderen Ländern des Westens schon um ihre Meinungsfreiheit Angst haben müssen, ist Abtreibung in der Republik Malta nach wie vor strafbar. Ebenso verboten sind dort Pornografie und Nacktbaden.
Und mit am konsequentesten erklärt die maltesische Gesetzgebung Sexualität als eine Sache der Erwachsenenwelt: Ein Schutzalter, das sowohl bei hetero- als auch bei homosexuellen Handlungen 18 Jahre beträgt:
Im Ganzen trägt also die katholische Tradition des kleinen Inselstaates bis heute zu einer sehr konservativen Prägung bei. Sehr liberal zeigen sich die maltesische Gesellschaft und Politik bei der Frage, in welcher Geschlechterkombination sich Menschen lieben und sich das Schlafzimmer teilen. Dagegen hält sich auch der Widerstand der Konservativen in Grenzen.
Aber selbst die sozialdemokratische Regierung änderte bislang noch nichts daran, dass die Gesetzgebung in anderen Bereichen kompromisslos konservativ ist: Dem Schutz ungeborenen Lebens! Der Beschränkung von Sexualität und nackter Haut in Medien und öffentlichem Raum! Und dem Schutz Minderjähriger vor sexuellen Handlungen.
Über die Ausprägung von Liberalismus und Konservatismus in diesem südeuropäischen Ministaat kann man selbstverständlich geteilter Meinung sein. Geteilter Meinung scheinen auch erhebliche Teile der Bevölkerung Maltas zu sein. Siehe die Einführung des Scheidungsrechts durch einen Volksentscheid, NICHT durch das Parlament!
Ich halte mich abschließend auch bewusst mit einer Stellungnahme zurück, wie ich im Detail zu den genannten Gesetzgebungen Maltas stehe. Bewertungen über maltesische Gesellschaft und Politik überlasse ich jetzt Ihrer Diskussionsfreudigkeit.
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Bildnachweis (Text): Kathedrale St. John von Malta © Thyes (Eigenes Werk), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
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