
Die Russland-Angst kann nicht die Fehler der Koalition verdecken. Auch wenn dies die Strategie der Merzregierung sein sollte. Gefährlicher als Putins imaginierte Soldaten ist der Autoritätsverlust der Koalitionäre. Es sind nicht Putins Soldaten, die die Türen des Reichstages eintreten, sondern all die innenpolitischen Fehlentscheidungen der Regierung. Gastbeitrag von Frank Wahlig.
Es gibt sie noch, die Gemeinsamkeiten dieser Koalition im Deutschen Bundestag. Diese Gemeinsamkeiten überlagern den ganzen Pfusch, lenken ab von Renten und Sozialplänen. Im Bundestag applaudieren sie sich gegenseitig. Nicken sich aufmunternd zu, über die Fraktionsgrenzen hinweg. Gut, dass es die AfD im Bundestag gibt. Die AfD ist der gemeinsame Gegner. Die Koalition kann den Weidels und Gaulands nicht dankbar genug sein. Die AfD bleibt das zu prügelnde „undemokratische, antisemitische, hetzerische, sexistische“ Subjekt.
Es gibt eine Zusammenarbeit mit bestimmten Medien. Die Artikel und Beiträge über das Putineske, das Russlandfreundliche der AfD nehmen zu. Es wird im parlamentarischen und medialen Raum das Bild einer fünften Kolonne Putins gezeichnet. Die Nazinummer, die über Jahre aufgeführt wurde, zieht nicht mehr. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik ist die Zeit der Gewaltherrschaft, der Shoa, so verharmlost worden. Und das ausgerechnet von denen, die die Verantwortung vor der Geschichte so wohlfeil im Mund führen und wie eine Monstranz vor sich hertragen. „Die AfD ist so dreiunddreißig.“ Dieser Spruch taugt nur noch für öffentlich-rechtliche Kasper und bezahlte Demonstranten, wenn Kameras bereitstehen.
Seltsame Beweise für die Putin-Hörigkeit
Das Nazi-Tourette wird durch Putin-Tourette ersetzt. Keine Bundestagsdebatte, ohne die vermeintliche Putin-Nähe zu geißeln. Das wird in allen Varianten wiederholt. Manchmal ist unklar, ob der Bundestag Kabarett aufführt oder die Abgeordneten bloß Anweisungen ihrer Parteispitzen befolgen. Beispiel: Die AfD lehnt die deutsche Beteiligung am EU-Einsatz vor der libyschen Küste ab. Ein ehemaliger Offizier der Bundeswehr, jetzt AfD-Verteidigungspolitiker, begründet das Nein seiner Partei. Die Antwort der Koalition: Die Ablehnung sei ein Beweis für die Putin-Hörigkeit. Die AfD bediene die imperialen Interessen Russlands. Die Grünen stimmten dem Bundeswehreinsatz übrigens auch nicht zu. Die dürfen das. Sind ja die Guten, also über jeden Verdacht erhaben. Angefangen hat die Chose mit einem SPD-Provinzpolitiker, Georg Maier. Er ist Innenminister in Thüringen. Ein kleines Licht mit großem Ego. Maier sagte, die parlamentarischen Anfragen der Landes-AfD könnten im Auftrag des russischen Geheimdienstes geschehen. Es werde so auffällig nach sicherheitsrelevanten Details gefragt.
Das ist so absurd wie gewagt wie frech. Aber es funktioniert. Die Parteien im Bundestag legen nach. Streiche Nazi, setze Putin … und weiter geht’s. Sogar bei einer Debatte im Landtag von Baden-Württemberg zum Niedergang der Autoindustrie, wurde die AfD abgemeiert, mit der Begründung, man wisse ja um die Nähe dieser Partei zu Putin. Die Bild-Zeitung listet die Putin-Freunde in der AfD auf.
Was ist mit den „Putin-Verstehern“ in SPD und CDU?
Doch zwei Artikel weiter wird der sächsische Ministerpräsident mit der Aussage zitiert, dass Russland wieder Handelspartner werden müsse. Ist der CDU-Ministerpräsident zur AfD übergelaufen? Oder hat der Zensor nicht aufgepasst?
Was ist denn mit den Putin-Verstehern der SPD? Der Paradelinke Stegner trifft russische Politiker in Baku. Keine Empörung. Was ist mit der mecklenburgischen Ministerpräsidentin Schwesig, mit dem ehemaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten Platzeck? Wenn der Waffenstillstand in der Ukraine ausbricht, wird die Vergangenheit wieder lebendig werden. Die Kontakte sind auf schlafend gestellt. Wer immer der Koalition den Rat gegeben haben mag, die AfD wegen vermeintlicher Putin-Freundlichkeit anzuprangern, hat all dies nicht bedacht.
AfD bleibt stärkste Partei

Mit der Nazi-Nummer war die AfD nicht kleinzukriegen. Jetzt liegt die Hoffnung auf Putin. Nur: Erste Umfragen zeigen, die Wähler interessiert das alles nicht. Nazi ist out und der Russland-Nummer fehlt Substanz. Die AfD bleibt stabil stärkste Partei. Die Koalition schaufelt weiter Geld der deutschen Steuerzahler in die Ukraine, wie ein Heizer Kohle in den Dampfkessel. Die Kriegsmaschine wird am Laufen gehalten. Es gibt von deutscher Seite keine Initiativen, den Konflikt einzudämmen. Die Ukraine gilt als korrupt, das lässt sich beweisen. Soldaten sterben an der Front, Kriegspolitiker werden reich – auch durch das Geld deutscher Steuerzahler. Dieser Widerspruch wird auch die kommende Debatte über den Haushalt prägen. Die Russland-Angst kann nicht die Fehler der Koalition verdecken. Auch wenn dies die Strategie der Merzregierung sein sollte. Gefährlicher als Putins imaginierte Soldaten ist der Autoritätsverlust der Koalitionäre. Es sind nicht Putins Soldaten, die die Türen des Reichstages eintreten, sondern all die innenpolitischen Fehlentscheidungen der Regierung. In der Tat, ein turbulenter Winter steht an.
Erstveröffentlichung: KONTRAFUNK (dort auch nachzuhören!)
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